Mülheim. Mülheim: Klaus Oberhansberg erinnert sich, wie US-Soldaten den Hof beschlagnahmten. Verständigungsprobleme, schlechtes Benehmen und Schokolade
Den Einmarsch der amerikanischen Soldaten empfanden die meisten Mülheimerinnen und Mülheimer vor 75 Jahren als Befreiung. Andere hatten Angst wegen ihres Engagements in der Nationalsozialistischen Partei Deutschlands (NSDAP) und deren Schwesterorganisationen. Die bisherigen Artikel über das Ende des Zweiten Weltkriegs in Mülheim haben zahlreiche Leserinnen und Leser bewogen, ebenfalls ihre Erinnerungen zu schildern. Dazu gehört auch Klaus Oberhansberg. Er lebt heute in Hannover. Seine Schwester Anneliese Geldermann schickte ihm den Zeitungsartikel vom 11. April, zu dem Oberhansberg seine Erfahrungen und Erinnerungen aufschrieb.
Frauen sprachen mit den Gefangenen in Mülheim
„Das obere Bild im Artikel zeigt amerikanische Lastkraftwagen, die mit gefangenen deutschen Soldaten – erkennbar an der Kopfbedeckung (Schirm-Bergmützen und Schiffchen) – gefüllt sind. Wenige sind in Zivil dabei. Viele Frauen sprechen mit den Gefangenen“, schreibt der ehemalige Mülheimer.
„Ich erlebte den Einmarsch als Viereinhalbjähriger. Wir mussten auf einmal alle (Familie, Dienstmädchen und Knechte) im Keller auf unserem Hof übernachten, da eine Artillerieeinheit auf der Außenfläche mit Selbstfahrhaubitzen aufgefahren war und unser Wohnhaus als Unterkunft beschlagnahmte.“
GIs holten Mädchen gegen ihren Willen aus dem Keller
„Es kamen auch GIs in den Keller und holten die beiden Mädchen gegen ihren Willen nach oben. Ich wollte lauthals dagegen protestieren, aber meine Mutter gebot mir, den Mund zu halten. Als ich am Tag ins Haus ging, traf ich einen GI im Bett meines noch in der Gefangenschaft befindlichen Onkels an, der mich freundlich ansprach, ohne dass ich etwas verstand – klar“, erinnert sich Klaus Oberhansberg.
„Die beiden Haubitzen kamen mir riesig vor. Die spätere Bundeswehr war bis weit in die 1960er Jahre damit ausgestattet. Sie hatten ein Kaliber von circa zehn Zentimetern und machten einen fürchterlichen Krach und Erderschütterungen. Das war das kleinste Kaliber bei der Artillerie der Bundeswehr und wurde als ,Spatzenflack’ belächelt.“
Vater nutzte die Räder für seine Pferdewagen
„Zusätzlich waren Zelte darüber aufgebaut. Ob von dort noch Richtung Auberg geschossen wurde, daran kann ich mich nicht erinnern. Auch weiß ich nicht nicht mehr, wie lange die Truppe blieb. Beim Abrücken blieben allerdings jede Menge Transporthülsen aus Pappe für die Munition und auch Kettenlaufräderzurück. Letztere nutzte mein Vater als Räder für die Pferdewagen. Sie waren mit Hartgummi ummantelt. Sie fuhren federnder als die sonst damals üblichen mit Eisen beschlagenen Holzreifen.
Einige Amerikaner forderten von meiner Mutter Milch von unseren Kühen. Sie musste sie aber vorher probieren, ob sie auch nicht vergiftet war. Einmal war eine Maus reingefallen. Die hatte sie einfach entfernt und die Milch trotzdem übergeben.“
Schwester musste Schokolade teilen
Zeitzeugen gesucht
Haben Sie den Einmarsch der Amerikaner am 11. April 1945 in Mülheim miterlebt? Dann erzählen Sie uns Ihre Geschichte!
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„Nach den Erzählungen meiner Mutter kam eins der Mädchen aus Rumänien. Es überzeugte die Amerikaner, dass wir sie und die beiden französischen Gefangenen immer gut behandelt hätten. Wer weiß, was die sonst noch mit uns angestellt hätten. Die Geschichte mit den Franzosen, die auch mit auf dem Hof lebten, ist interessant, gehört aber nicht zum 11. April. Meine Schwester hat in den 1960er Jahren bei einem in Lyon ihre Sommerferien verbracht.
Eine etwas lustigere Begebenheit erzählte meine Frau. Sie stammt aus der Wetzmühle: Ihre älteste Schwester „empfing“ die Amerikaner auf dem Dickswall und erhielt auch Schokolade. Zu Hause zeigte sie diese mit Stolz. Da kam ihre Oma und nahm ihr sie weg mit den Worten: ,Die Schokolade wird gerecht verteilt’, sehr zum Ärger ihrer Schwester.“