Mülheim. Im Sommer 1950 sind in Mülheim viele Parallelen zur heutigen Corona-Krise zu erkennen. Aber Hamsterkäufe fielen aus – weil es kaum Waren gab.

Leser Herbert Leibold erinnert angesichts der Corona-Pandemie an den Sommer 1950. Damals registrierte die Stadt 1587 Bürger, die an Tuberkulose erkrankt waren.

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„Eine unglaublich hohe Zahl, verglichen mit den heute an dem Corona-Virus erkrankten Mülheimern“, sagt Leibold. Gleichzeitig macht er allen Menschen Mut: „Die Krankheit wurde besiegt.“

Der Mülheimer Zeitzeuge erinnert sich: „Die Straßenkehrer haben ihre Arbeit auf dem Rathausmarkt schnell erledigt. Es gibt wenige Marktstände. Das Warenangebot ist dürftig. Nur örtliche Bauern haben Produkte wie Kartoffeln, Möhren, Sellerie und Kohl im Angebot.“ Zum Bild sagt er: „Die zwei Frauen (rechts) scheinen über die schlechte Versorgungslage zu sprechen, über ihre zur Hälfte zerstörte Stadt und die beginnenden Enttrümmerungsarbeiten, die ihnen Hoffnung geben.“

Not, Elend, Hunger und schlechte Wohn- und Hygieneverhältnisse

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Doch Not, Elend, Hunger und schlechte Wohn- und Hygieneverhältnisse hatten laut Leibold „einen neuen, unsichtbaren Feind hervorgebracht. Er ist nicht nur in unserer Stadt, sondern in Europa und weltweit zu bekämpfen. Die Uno hat es auf den Punkt gebracht, 1948 werden infolge dieser Mängel durch Seuchen mehr Menschen sterben als durch Kämpfe und Bombardierungen in irgendeinem Kriegsjahr“, erinnert sich Leibold.

„Im Sommer 1950 ist die Tuberkulose Volksfeind Nummer eins. Es sind 1587 Mülheimer daran erkrankt. Danach folgt Scharlach (roter Ausschlag) und an dritter Stelle steht Keuchhusten“, so Leibold. Denke man sich die Trümmerlandschaft weg, könnte dieses Bild im März/April 2020 zur Zeit der Corona-Krise entstanden sein.

Mülheimer halten das Kontaktverbot auch damals ein

Leibold weiter: „Das Kontaktverbot wird eingehalten. Man sieht Leute vor allem alleine oder zu zweit. Es gilt sich gegen die Tuberkulose, die durch Tröpfcheninfektion übertragen werden kann, zu schützen. Es gibt Empfehlungen, die heute genau so ausgesprochen werden.“ Wiederholt sich Geschichte?, fragt sich der Zeitzeuge.

„Vor mehr als 70 Jahren waren Hamsterkäufe einfach nicht möglich. Als Toilettenpapier diente die Tageszeitung. Man musste sich mit Wenigem begnügen, die Seuche wurde trotzdem besiegt“, so Leibold.