Mülheim. Tanztheater im Ringlokschuppen: Die israelische Choreografin Shemesh stellt jüdische Frauenrollen gegenüber. Wie Glaube auf Weltlichkeit trifft.

Für jüdisch-orthodoxe Frauen ist der Alltag gespickt mit Ritualen und detailreichen Regeln. In ihrem Stück „Atara“ wandelt die aus Tel Aviv stammende Choreografin Reut Shemesh tänzerisch auf diesem Grat zwischen gelebter Tradition und Selbstbestimmung. Im Ringlokschuppen hat Atara am Sonntag Mülheim-Premiere.

Die Widersprüche ritualisierter Beziehungen griff die bereits vielfach gefeierte Nachwuchs-Choreografin bei den Impulsen auf. Hier inszenierte sie Frauen im Kölner Karneval, brachte gleichzeitig die Kraft ihrer Rollen und das Mechanische, das Starre hervor. Ähnlich gelingt es Shemesh auch in Atara, wenn sie jene Weltbilder von Frauen in den Blick nimmt, die im Sinne eines jüdisch orthodoxen Glaubens leben, und solche, die sich an säkularen Vorstellungen orientieren.

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Wie unterschiedlich geprägt ist Weiblichkeit in säkularen und orthodoxen Gruppen?

Dabei sprach Shemesh mit Frauen aus beiden Lebenswelten und in verschiedenen Ländern, in Israel, USA und Deutschland. Wie sind ihre Sichtweisen auf Weiblichkeit, weibliche Sexualität. Wie sehen sie ihren Platz in der Familie und der Gesellschaft. Finden sie ihre Bestimmung oder eben gerade nicht? Shemesh selbst übrigens wuchs in einer Familie auf, in der sowohl säkulare als auch orthodoxe Ansichten eine Rolle spielen. Im Ringlokschuppen trennt und verwebt „Atara“ diese Weltanschauungen zu einem Tanz.

„Wir sind sehr froh, dass wir ein solches Talent bei uns zeigen können“, sagt Ringlokschuppen-Sprecher Tobias Fritzsche. Die Produktion wird begleitet von einer „Physical Introduction“ für jeden, der die tänzerischen Konzepte nicht nur intellektuell sondern am eigenen Körper erleben möchte.

Tanz verstehen durch eigenes Erleben

„Sportzeug braucht man dafür nicht“, versichert Fritzsche. Vielmehr zeigt Tänzerin Susanne Schneider über Bewegungen, welche „Bedeutung“ bestimmte Figuren vermitteln. Entwickelt wurde die Einführung übrigens vom Studiengang Master of Contemporary Dance Education der HfMDK Frankfurt. Auch für Kinder bietet der Schuppen etwas an: Während die Eltern die Vorstellung besuchen, probieren junge Menschen aus, was Theater alles sein kann. Das Angebot ist übrigens kostenlos.

Die kostenlose „tänzerische Einleitung“ beginnt am Sonntag, 1. März um 17.30 Uhr. Anschließend startet das Tanztheater „Atara“ um 18 Uhr. Karten: 15 Euro. Ort: Ringlokschuppen, Am Schloß Broich 38.