Mülheim. Mülheimer Schüler helfen als Sprachpaten ihren Mitschülern beim Deutschlernen. Dabei entstehen auch Freundschaften über die Schule hinaus.

Während die meisten Schüler des Mülheimer Karl-Ziegler-Gymnasiums noch auf dem Schulhof spielen oder in der Mensa zu Mittag essen, füllt sich der Raum der internationalen Klasse von Lehrer Michael Wiegel. Jeden Mittwoch und Donnerstag bringen hier 24 Schüler der neunten Klasse ihren, erst vor kurzem nach Deutschland gekommenen Mitschülern, die deutsche Sprache bei.

Das Arbeiten läuft für die Schüler völlig selbstständig. Sie ordnen sich ihrem Paten zu und beginnen mit Smalltalk oder gezielten Lernaufgaben. Die Kollegen Verena Angeler, Ivonne Kansy, Corinna Fischer und Michael Wiegel betreuen das Projekt abwechselnd, dienen aber lediglich als Ansprechpartner bei Problemen oder organisatorischen Fragen. Um das Projekt der Sprachpaten an ihrer Schule umsetzen zu können, besuchten die Lehrer Seminare des Mülheimer Kompetenzzentrums für Integration.

Bereitschaft der Mülheimer Schüler überwältigt zuständige Lehrer

Schulungen für Sprachpaten

Während ihrer Zeit in der achten Klasse haben die Sprachpaten mehrere Schulungen besucht, damit sie in der Lage sind, die Patenkinder sowohl thematisch als auch zwischenmenschlich zu betreuen.

Insgesamt 15 Patenkinder, im Alter von elf bis 16 Jahren, nutzen das Angebot des Sprachpaten-Projekts, um ihre Deutschkenntnisse zu verbessern.

Allerdings mussten ein paar Anpassungen vorgenommen werden. Zum Beispiel findet das Projekt immer während der Mittagspause und nicht vor der Schule statt. „Da hätten wir wahrscheinlich nicht so eine überwältigende Resonanz gehabt“, witzelt der Projektleiter Michael Wiegel.

So hatte man zu Beginn allerdings ein echtes Luxusproblem. Für 24 Sprachpaten-Plätze meldeten sich beachtliche 44 Schüler freiwillig. Dieses starke Engagement gewährleistet bis heute, über ein halbes Jahr nach Beginn des Projektes, dass jedes der Patenkinder von einem oder zwei Mitschülern betreut werden kann. So eine Lernatmosphäre wäre mit ausgebildeten Lehrkräften allein niemals möglich.

Freizeitangebote in Mülheim vermitteln

Ziel sei es, „authentische Sprechsituationen“ zu schaffen. „Das Schuldeutsch ist ein anderes, als das mit dem die Jugendlichen sprechen“, weiß auch Michael Wiegel. Die „integrative Funktion“ ist daher auch ein zentraler Aspekt des Sprachpaten-Projekts. Außerhalb der Schulzeiten sollen Freundschaften entstehen, damit die Patenkinder die verschiedene Freizeitangebote in Mülheim kennen lernen und somit auch privaten Anschluss zu ihren Mitschülern finden.

Der 15-jährige Avand lernt aktuell Artikel und Adjektive. Für ihn bisher die schwierigste Aufgabe. Anhand einfacher Themengebiete, wie „die Stadt“ oder „Essen und Trinken“, sollen die Jugendlichen sonst vor allem die Grammatik und Vokabeln lernen. Avand lernt seit den Herbstferien im Sprachpaten-Projekt und hat mittlerweile auch schon Freunde gefunden.

Schüler sollen lernen Verantwortung zu übernehmen

An der anderen Seite vom Tisch spielt Marvin ein Mülheim-Memory mit seinen „Patenkindern“. Er engagiert sich seit fünf Monaten freiwillig als Sprachpate. „Den Menschen helfen, sich in Deutschland zurechtzufinden und andersherum lernen, wie es bei ihnen zu Hause ist“, sind für den 15-Jährigen die spannendsten Aspekte bei der Arbeit mit seinen Mitschülern.

Auch für die Sprachpaten hat das Projekt also Vorteile. Vor allem das Gefühl „wichtig für jemanden zu sein und dadurch Verantwortung zu übernehmen“, so Wiegel, solle den Kindern mit auf den Weg gegeben werden. Und zusätzlich schade es ja nie, die Feinheiten der deutschen Grammatik nochmal zu wiederholen. „Da spricht wohl der Deutschlehrer aus mir“, gibt Michael Wiegel zu.