Mülheim. Die Mülheimer Bürger sehen den Siegerentwurf zur Bebauung an der Dohne zwiegespalten: Es gibt Kritik an zu viel Verkehr und der Bauhöhe.

Zwiegespalten zwischen viel Lob und nicht weniger Sorge ist der erste Bürgerinfo-Abend zum Bauprojekt auf dem Gelände des stillgelegten Wasserwerks zwischen Dohne und Leinpfad zu Ende gegangen. „Das hat Charme“, erkennt ein Anwohner zu Beginn das Bemühen von Stadt und Investor Bonava an, zwischen gehobenem Wohnen auch für weniger betuchte Mülheimer und öffentlichem Naherholungsort zu vermitteln.

Ins Franky’s an der Sandstraße hat der Investor geladen, unterstützt von der Stadtverwaltung und Politik. Zehn Mehrfamilienhäuser mit 80 Wohnungen sollen auf den gut 10.000 Quadratmetern zwischen Thyssenpark im Norden und Hotel am Ruhrufer entstehen. 20 Prozent davon sind als Sozialwohnungen vorgesehen – eine reine „Luxusbebauung“, wie anfänglich noch befürchtet wurde, ist also nicht geplant.

Treppenplatz mit Ruhrblick und Spielfläche soll allen zur Verfügung stehen

Und wer Sorge hatte, dass der schmale Spazierweg Leinpfad künftig von Zäunen abgeschirmt wird, liegt ebenso falsch. Investor Bonava will zwar durchaus kräftig bebauen und damit verdichten – dazu später – aber zwischen den dreieinhalbstöckigen Gebäuden breite Wegschneisen lassen, die zum einen öffentlich sein sollen, zum anderen durchaus mehr Durchblick zwischen Dohne und Ruhr gewähren als der jetzige Bau des Wasserwerks. Auch soll der Leinpfad zumindest für die Länge des Baugebietes breiter werden, indem er sich stärker mit dem Wohnviertel verbindet.

Ein Schmankerl serviert Franz Pesch, Vorsitzender der Jury, die zwischen acht Entwürfen für das Gelände entscheiden musste, gleich zu Beginn: Im Süden des Gebiets wird es einen öffentlichen Treppenplatz mit Spielfläche und Sitzmöglichkeiten geben. Die heutige Wasserstraße zwischen Kampstraße und Dohne soll dafür als Gehweg mit begleitendem Bächlein weiter durchgezogen werden bis zur Ruhr und schließlich an diesem Platz münden.

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Ein weiterer Platz soll nördlich nur den Anwohnern gehören. Abgesperrt wird der jedoch nicht, „man soll durchgehen können“, unterstrich der Amtsleiter für Stadtplanung, Felix Blasch, die beabsichtigte Durchlässigkeit der Bebauung.

Massive Kritik an der Bauhöhe: „Wir werden eingekesselt.“

Und doch muss noch einiges feinjustiert werden. Massiv in der Kritik steht etwa die Bauhöhe der Mehrfamilienhäuser. Bonava will auf dreieinhalb Geschosse – und damit wenigstens ein halbes Geschoss über die heutige Bauhöhe des Wasserwerks. Das aber wirft wortwörtlich Schatten auf die bestehenden Häuser an der Dohne.

„Wir werden eingekesselt“, entgegnete ein aufgebrachter Anwohner. Schon jetzt schaue er zwar auf das Kiesdach des Wasserwerks, aber eben auch auf die Ruhraue. Ein Geschoss mehr heißt für ihn: „Ich schaue nur noch auf eine Haus, im Winter ist die Sonne deutlich früher weg.“ Dabei hat es die Stadt durchaus in der Hand, die Höhe zu begrenzen. „Wir als Stadt wollen aber auch städtische Bebauung, die man sich leisten kann, an diesem Ort. Nicht einfach nur Einfamilienhäuser“, macht Stadtplaner Blasch gegenüber der Zeitung deutlich, dass man eine Kompromisslinie finden muss.

Sorge um zunehmenden Verkehr: Werden Alternativen gefördert?

Suche nach Lösung für Fahrradfahrer

Alternativen zum Auto – Fahrradstellflächen, Leihräder und Car-Sharing – wünschten sich die Bürger bei einer ersten Bürgerbeteiligung. Dem will der Investor auch entgegenkommen, sicherte eine Sprecherin von Bonava am Mittwochabend noch einmal zu.

Noch ungelöst aber ist, wie gut und sicher Fahrradfahrer künftig von dort in Richtung Stadt radeln können. Der Leinpfad wird weiterhin für sie gesperrt sein, da auch die Neubebauung wenig an der schmalen Breite ändern wird.

Alternativ steht die Dohne zwar als Verkehrsweg zur Verfügung. Doch die Straße entlang der Ruhr wird seit Jahren von Radlern gemieden. Zu eng und zu gefährlich nicht nur für Kinder und Senioren, mahnten auch am Mittwoch die Anwohner: „Autofahrer sind dort teils mit 70 Km/h unterwegs“, bestätigten sie. Kein Wunder also, dass Pedalenritter auf den Leinpfad ausweichen.

Amtsleiter Felix Blasch und Bezirksbürgermeister Peter Pickert sicherten zu, das seit Jahren bekannte Problem nun anpacken zu wollen. Wie eine Lösung aussehen kann? Könnte eine Fahrradstraße dort Abhilfe schaffen? Blasch schwebt zunächst vor, den bestehenden Ruhrinselweg für Radler zu ertüchtigen. Denn dieser ist ebenfalls im miserablen Zustand. Davon würden allerdings am meisten die Radler Richtung Dorf Saarn profitieren.

Den Anwohnern sichert er aber zu: „Wir werden die heutige Bestandshöhe und die geplante gegenüberstellen, und uns mit der Politik anschauen, welche Auswirkungen das hat.“ Nicht minder kritisch wird jedoch der durch die 80 zusätzlichen Wohnungen zu erwartende Verkehr an der ohnehin belasteten Dohne betrachtet. 126 Stellplätze soll die Tiefgarage bereitstellen plus 15 im Außenbereich für Besucher. Doch der Weg zur neuen Garage und auch der schon bestehenden Tiefgarage, führt mitten durch die neuen Häuser.

„Wie sollen die vielen Autos durch die engen Straßen zu ihren Stellplätzen?“, befürchten manche Anwohner jede Menge Stau und Ärger. Auch hier will sich die Stadt die genauen Breiten anschauen und festlegen. Andere wiederum sind enttäuscht, dass man überhaupt für so viele Autos plant: „Die Bürger haben sich doch gewünscht, dass hier alternative Mobilität vorangetrieben wird, Carsharing und Fahrräder“, sagt eine Anwohnerin. Blasch – der selbst kein Auto besitzt – ist dafür, „aber wir müssen die Mobilität so planen, wie sie aktuell ist, nicht wie sie sich in zehn Jahren vielleicht entwickelt“.

Dringende Bitte, das Grün für Singvögel, Fuchs und Eichhörnchen zu erhalten

Drittens – aber nicht weniger kritisch – sorgen sich Anwohner und Spaziergänger am Leinpfad um das Grün und die Verdichtung des Grundstücks. Das Ensemble aus alten Bäumen und Büschen biete Eichhörnchen, Füchsen und Singvögeln eine Zuflucht und bilde auch eine Insel zwischen Park, Ruhrauen und den Wohngebieten im Bismarckviertel. Nicht nur Landschaftswächterin Karin Piek bat darum, vor allem den Baumbestand zu erhalten, sondern auch viele andere Anwesende.

Das allerdings wird eine Herausforderung spätestens, wenn die Bagger anrollen. Blasch sagte zwar zu, dass dies im Zuge eines Bebauungsplans geprüft werde, doch wahrscheinlich ist, dass die Bauphase nicht nur die Tiere vertreiben wird, und auch der Platz zum Bauen die Bäume kosten wird. Die aktuelle Fläche sei allerdings auch schon stark versiegelt, gab Blasch weiter zu bedenken. Immerhin würden die Flächen und ebenso die Flachdächer begrünt, so dass es am Ende mehr Flora für Insekten geben kann als derzeit.

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Längst nicht alle stellte das zufrieden, Stadt und Investor nahmen daher alle Kritikpunkte auf, um sie bei der Erstellung des Bauplans zu prüfen. Zwei Jahre werde das Verfahren dauern, kündigte Blasch an. In dieser Zeit sollen die Pläne der Politik immer wieder der Politik und den Bürgern vorgestellt werden. „Wir wollen die Bürger mitnehmen“, verspricht der Stadtplaner.