Mülheim. Neue Produktion feiert Premiere im Theater an der Ruhr in Mülheim: „Unterwerfung/Gegen den Strich“ in der Inszenierung von Philipp Preuss.

Der Roman „Unterwerfung“ von Michel Houllebecq galt als skandalös, als er 2015 herauskam. Der Autor entwirft darin folgendes Szenario: Um den Aufstieg des rechten Front National zu verhindern, gehen die anderen französischen Parteien ein Bündnis mit einem muslimischen Politiker ein. In Frankreich etabliert sich nach der gewonnenen Wahl schleichend eine moderate islamistische Gesellschaftsordnung.

Islamistische Gesellschaftsordnung aus dem Roman

Die Hauptfigur bei Houllebecq, ein Professor der Pariser Universität, ist Spezialist für den ebenfalls französischen Schriftsteller Joris-Karl Huysmans (1848-1907). Dessen Roman „Gegen den Strich“ (1884), „ein Glanzstück des Ästhetizismus“ (Zitat: Helmut Schäfer, Theater an der Ruhr), skizziert einen exzentrischen Adeligen, der sich zurückgezogen und ganz dem dekadenten Leben verschrieben hat.

Phillip Preuss, Regisseur und künstlerischer Leiter am Theater an der Ruhr, verbindet Versatzstücke aus den beiden vielbeachteten Werken in seinem neuen Stück „Unterwerfung/Gegen den Strich“. Es hat am Donnerstag, 27. Februar, um 19.30 Uhr Premiere am Raffelberg. Die beiden Romanhelden sitzen an einer reich gedeckten Tafel und hungern nach einem Lebenssinn.

Zwei Männer auf der Mülheimer Bühne auf Sinnsuche

„Die zwei Romane stammen zwar aus unterschiedlichen Jahrhunderten, aber sie spiegeln sich. Beide Protagonisten sind Männer, die sich über ihr Konsumverhalten definieren. Sie verachten den bürgerlichen Ist-Zustand, suchen nach Sinn in einer metaphysisch obdachlos gewordenen Welt“, erklärt Philipp Preuss.

Parallelen zur heutigen Zeit könne man durchaus ziehen. „In den westlichen Systemen mangelt es an einem Überbau – „sei er nun religiös oder humanistisch“, meint Preuss. Das Politische verschwinde immer mehr, alles verlagere sich ins Private – auch die Sinnsuche. Beide Romane wiesen klug, anarchistisch – teils auch mit trockenem Humor – auf eine „Leerstelle“ hin. Bei Huysmans zieht sich der Protagonist – enttäuscht vom realen Leben – radikal aus der Gesellschaft zurück, reagiere mit „absurder Selbstreduktion auf Konsum“ (Schäfer) und dekadentem Lebensstil. Houllebecqs Hauptfigur sieht sich einem fundamentalen Systemwechsel gegenüber (hin zu Patriarchat und Islam) und willigt schließlich ein, ein Teil dieser neuen Ordnung zu werden.

Grüne Bühne und Videobilder

Eine Guckkastenbühne wird es auch diesmal bei Preuss nicht geben. Die Grundidee der Inszenierung: „Alle sitzen an einem Tisch: Zuschauer, Schauspieler, Autoren“. Das Bühnenbild (Ramallah Aubrecht) ist so gestaltet, dass alle sich um eine Mitte herum gruppieren. Der Raum ist grün - eine Anspielung auf die arabische Revolution. Die Wände dienen aber auch als Projektionsfläche für Videos von Konny Keller, sodass sich der Raum ständig verändert.

Musik verbindet westliche und orientalische Klänge

Die Musik (Klavier/Cembalo) stammt von Kornelius Heidebrecht. Er hat sie während der laufenden Proben, abgestimmt auf das Dargestellte, komponiert. Westliche und orientalische Klänge verstärken das Geschehen auf der Bühne.

Das Ensemble besteht aus Schauspielern vom Theater an der Ruhr und mehreren Gästen. Den Jean Floressas Des Esseintes (aus Huysmans Roman) spielt Felix Römer, mit dem Preuss an der Schaubühne Berlin zusammenarbeitete. Er steht zum ersten Mal in Mülheim auf der Bühne. Die zweite Hauptrolle übernimmt Petra von der Beek (Theater an der Ruhr). Beide wechseln aber zwischendurch auch die Rollen. Weitere Gäste sind Nina Wolf und Leo Hugger. Der Mülheimer Rupert Seidel hat die Rolle eines Conférenciers inne.

Die Produktion (Dauer: etwa zwei Stunden) trägt den Untertitel „Ein europäisches Menü in zwei Zeiten und fünf Gängen“. „Es gibt auch etwas zu essen“, kündigt Philipp Preuss an. Mehr möchte er aber noch nicht verraten.