Mülheim. Wilhelm Knabe hat im Mülheimer Medienhaus seine Autobiografie vorgestellt. Mit 96 Jahren reflektiert der Grünen-Mitbegründer sein Leben.

Im dunkelgrauen Anzug mit Schlips, die hellgrauen Haare ordentlich nach rechts gescheitelt, sitzt Wilhelm Knabe vor seinem Publikum. Die 96 Lebensjahre sind dem schlanken Senior kaum anzusehen. Und er hat viel zu erzählen an diesem Samstag im Medienhaus anlässlich der Vorstellung seiner jüngst erschienenen Autobiografie „Erinnerungen – ein deutsch-deutsches Leben“.

„Das Alter ist nichts für Feiglinge“, sagt Knabe, der vor vierzig Jahren zu den Gründern der Partei der Grünen auf Bundesebene gehörte. Herumjammern ist seine Sache nicht. War sie nie gewesen, wie die rund fünfzig Besucher den Erzählungen aus seinem ereignisreichen Leben entnehmen können.

Mit 96 Jahren: Die Wissbegierde ist ungebrochen

Körperlich gibt es hier und da einige Einschränkungen: Das Gehen ist nur noch mit Hilfe möglich. So kann er leider nicht mehr seiner großen Leidenschaft, dem Tanzen, nachgehen, das er noch bis vor kurzem gerne ausübte.

Geistig fit hält ihn vor allem das Lesen. Seine Wissbegierde ist ungebrochen. „Am Ende des Tages vor dem Schlafen halte ich Rückblick und erinnere mich an die positiven Dinge, die passiert sind“, gibt Knabe ein weiteres Geheimnis für das gesunde Altwerden preis. Grübeln und Hadern mit den Widrigkeiten des Lebens sind ihm fremd.

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Mit diesen ist der Ehrenvorsitzende der Mülheimer Grünen in seinem Leben in nicht geringem Ausmaß konfrontiert worden. Die Gräueltaten der Nazis, das frühe Versterben seines Vaters, der Zweite Weltkrieg, die Erfahrungen mit der DDR-Obrigkeit und Benachteiligungen im Westen wegen seines Engagements für den Naturschutz waren schmerzhafte Erlebnisse.

Wilhelm Knabe: „Ich habe den Weg des Lebens gewählt“

Die Stärke, sich den Anforderungen des Lebens zu stellen, findet der promovierte Forstwissenschaftler bis heute in der Verbundenheit mit der Natur: „Wenn ich den Mammutbaum in meinem Garten umarme, spüre ich, wie sich seine Kraft auf mich überträgt, und das hilft mir, Rückschlägen zu trotzen.“

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Seine Liebe zum aktiven Handeln verdeutlicht Knabe mit einem Traum, den er kurz vor Niederschreibung seine Memoiren hatte und der im Buch Erwähnung findet. An einer Gabelung stieß er auf zwei Wegweiser. Auf dem einen stand „Ich will leben“, auf dem anderen war zu lesen „Ich will warten“. Knabe musste sich entscheiden: „Ich habe den Weg des Lebens gewählt, weil ich den für den vielversprechenderen halte.“

Die Achtung vor den anderen berücksichtigen

Sein Ratschlag für die Besucher und zuvorderst an die junge Generation: „Wer etwas tun möchte, was vernünftig ist, der soll auf alle Fälle versuchen, das durchzusetzen und nicht klein beizugeben.“ Immer müsse dabei die Achtung vor den anderen berücksichtigt werden. „Es zahlt sich aus, Menschen mit Respekt zu behandeln und nicht von oben herab“, so Knabe. Und statt nur zu kritisieren, solle man andere ruhig mal loben.

Zur Person

Wilhelm Knabe wurde am 8. Oktober 1923 im sächsischen Arnsdorf, nahe Dresden, geboren. Sein Vater, der als Geistlicher in einer psychiatrischen Heilanstalt arbeitete, verstarb 1939 zwei Tage nach einem Verhör durch die Gestapo an einer Lungenentzündung.

Im Krieg diente Knabe bei der Luftwaffe und kehrte aus Gefangenschaft zurück nach Sachsen. 1959 flüchtete er mit Frau und vier Kindern in die BRD. In NRW arbeitete er bis 1987 unter anderem als Beamter in der Landesanstalt für Ökologie.

Knabe war sowohl Mitglied des Deutschen Bundestags als auch Bürgermeister der Stadt Mülheim.

Ein weiterer wichtiger Punkt für den gläubigen Christen : „Da, wo Hilfe vonnöten ist, bringe dich ein.“ Und dann möchte Knabe noch eines, das er in all den Jahren gelernt hat, zum Schluss mit auf den Weg geben: „Denke immer daran: Das Leben ist schön.“