Mülheim. Ein Hochhaus und Mehrfamilienhäuser will Tengelmann auf seinem Areal in Speldorf realisiert sehen. Mülheims Politik drückt auf die Bremse.
Eine politische Mehrheit im Stadtrat hat die Stadtverwaltung in ihrem Bestreben ausgebremst, frühzeitig den Weg freizumachen für eine Wohnbebauung auf dem Tengelmann-Areal in Speldorf.
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Planungsdezernent Peter Vermeulen bestätigte am Mittwoch auf Nachfrage dieser Redaktion eine entsprechende Information der CDU-Fraktion. Diese hatte sich zufrieden gezeigt, dass Vermeulen jüngst davon abgesehen hatte, im „Verfahrensbegleitenden Ausschuss“ zum Regionalen Flächennutzungsplan der Städteregion Ruhr ein Verfahren in Gang zu setzen mit dem Ziel, das Tengelmann-Areal umzuwidmen von einem Gewerbe- und Industriestandort zu einem Allgemeinen Siedlungsbereich, der auch Wohnbebauung zulässt.
Planungsbüro hatte Ideenskizze mit 15-stöckigem Hochhaus präsentiert
Im Gestaltungsbeirat hatte nach Informationen dieser Redaktion das Düsseldorfer Planungsbüro RKW (Rhode Kellermann Wawrowsky) erste Ideenskizzen für Eigentümer Tengelmann präsentiert zur Nachnutzung des Standortes zwischen Liebig- und Koloniestraße, zwischen Ulmenallee und Veilchenweg. Dabei lag ein Schwerpunkt auf einer Wohnbebauung, die der Tengelmann-Gruppe die weitaus höchsten Verkaufserlöse verspricht. Von Mehrfamilienhäusern war die Rede, insbesondere auch von einem 15-stöckigen Wohnturm als Kristallisationspunkt inmitten des Areals.
Da der Gestaltungsbeirat vertraulich tagt, haben keine Detailinformationen die Öffentlichkeit erreicht. Aus informierten Kreisen war zu hören, dass neben nicht störendem Gewerbe ein überwiegender Teil des Geländes für Wohnungsbau genutzt werden solle. Die CDU sprach am Mittwoch von mehr als 1000 Wohneinheiten, die in Rede stünden.
CDU will Standort als Gewerbeflächen-Potenzial geprüft sehen
Auch die CDU-Fraktion habe Bedenken hinsichtlich einer Umwandlung des Areals „in eine großflächige und verdichtete Wohnbebauung“. Fraktionsvorsitzende Christina Küsters verwies dazu am Mittwoch auf die kontroverse Diskussion zum Wirtschaftsflächenkonzept von Mülheim & Business. Erst im Januar habe die Politik die Verwaltung beauftragt, anhand fester Bewertungskriterien Potenzialflächen für Gewerbe zu bewerten. Es sei angebracht, das Tengelmann-Areal hier einzubeziehen, so Küsters.
Gewerbe: Verwaltung soll alle möglichen Flächen prüfen
In einer Sondersitzung hatte der Wirtschaftsausschuss die Stadtverwaltung beauftragt, sämtliche Potenzialflächen für Gewerbe – auch über das umstrittene Wirtschaftsflächenkonzept von Mülheim & Business hinaus – in eine Prüfung zu nehmen. Dabei soll, nach einem noch abzustimmenden Prüfkatalog, für jede einzelne Fläche haarscharf dargestellt werden, was gegen eine wirtschaftliche Nutzung sprechen könnte.
Darüber hinaus soll die Verwaltung eine Strategie präsentieren, wie brachliegende Industrie- und Gewerbeflächen, die sich in Privatbesitz befinden, zu reaktivieren sein könnten.
Ähnlich hatte BAMH-Fraktionschef Jochen Hartmann schon in der Vorwoche argumentiert. „Es ist keinem Bürger zu erklären, dass einerseits möglicherweise unbesiedelte Gebiete gewerblich erschlossen werden sollen, während andererseits ein historisch gewachsenes Industrie- und Gewerbegebiet zugunsten von Wohnbebauung umgewidmet werden soll.“
Hartmann (BAMH) beklagt „devote Haltung des Verwaltungsvorstandes“
Hartmann kritisierte dabei „die offenbar devote Haltung des Verwaltungsvorstandes mit dem Oberbürgermeister gegenüber der Firma“. Tengelmann zerstreue sich in der Aufteilung seiner Hauptverwaltung derzeit ohne Rücksichtnahme auf die Mülheimer Belange. Für Mülheim bleibe nicht viel übrig. Vor diesem Hintergrund sei es nicht geboten, Tengelmann den Wunsch nach möglichst viel Wohnbauland ohne Weiteres zu erfüllen. Der BAMH will das Areal weiter wirtschaftlich genutzt sehen. Denkbar sei ein Gewerbepark für künstliche Intelligenz und innovative Technologien.
Auch die SPD-Fraktion stellte in der Vorwoche klar, dass für sie in der Gewerbeflächen-Debatte die Maßgabe gelte: Innenraumentwicklung hat Vorrang vor der Bebauung auf grüner Wiese. „Im Falle des Tengelmann-Areals besteht die Chance, durch planerische Vorgaben einen weiteren Totalverlust an Gewerbeflächen zu verhindern“, hieß es in einer entsprechenden Erklärung.
Planungsdezernent: Lösung muss her, „die ein Stück Aufbruchstimmung erzeugt“
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Planungsdezernent Peter Vermeulen sagte auf Anfrage dieser Redaktion, dass er mit der vorläufigen Rücknahme der Umwidmungspläne auf die Signale der Politik reagiert habe, sich nicht frühzeitig darauf festlegen zu wollen, Wohnbebauung auf dem Tengelmann-Areal möglich zu machen. Gleichwohl mache es Sinn, am Standort neben Gewerbe- auch Wohnbebauung vorzusehen. Hierfür sei mit der Politik eine einvernehmliche Lösung zu suchen.
Das Tengelmann-Grundstück „eignet sich nicht zum Streit“, mahnte Vermeulen, „keinen Stillstand zu produzieren“ bei der Entwicklung der Fläche. Es müsse darum gehen, eine Lösung zu finden, „die ein Stück Aufbruchstimmung erzeugt“. Er sei zuversichtlich, dass dies gelingen könne.