Mülheim. Tarifrunden, Kommunalwahl, Mitgliederentwicklung: Die Gewerkschaft Verdi in Mülheim krempelt die Ärmel hoch für ein arbeitsreiches Jahr.
Rund zwei Jahre nach der Fusion der Verdi-Bezirke gibt sich die Gewerkschaft tatkräftig. Die Mülheimer Geschäftsstelle hat sich zwar personell geleert, dennoch will Verdi hier in der Stadt unverändert Präsenz zeigen. Zu tun gibt es 2020 tatsächlich genug.
Anfang 2018 wurden die Bezirke Essen und Mülheim-Oberhausen zusammengelegt, im folgenden Herbst - unter großem Getöse - eine gemeinsame Geschäftsführung gewählt. Seither praktiziert Verdi eine Arbeitsteilung: Die Sekretäre, früher Allrounder, kümmern sich ausschließlich um die Betriebe. Ein spezielles Team bietet individuelle Beratungen an, etwa bei rechtlichen Problemen. Die zentrale Anlaufstelle für Mitglieder befindet sich in Essen.
Mülheimer Büro nur noch nach Terminvereinbarung besetzt
In der Geschäftsstelle an der Friedrichstraße in Mülheim trifft man nicht mehr täglich Verdi-Leute an, sondern nur noch nach Terminvereinbarung, etwa zur Lohnsteuerberatung. Das Gewerkschaftsbüro ist ins Untergeschoss des DGB-Hauses gezogen, die ehemaligen Räumlichkeiten werden gerade für neue Mieter hergerichtet. Relativ geräuschlos ist dies alles seit der Fusion vonstatten gegangen.
Bezirksgeschäftsführerin Henrike Greven sagt: „Ich habe nur zwei Anrufe von Leuten bekommen, die gefragt haben: ,Was ist denn da in Mülheim los?’“ Sie klingt erleichtert, hatte offenbar heftigeren Gegenwind von Seiten der Basis befürchtet.
Etwa 5500 Verdi-Mitglieder hier in der Stadt
Rund 5500 Mitglieder habe Verdi hier in der Stadt. Diese Zahl sei seit Jahren ungefähr gleich geblieben. Allerdings droht sie zu bröckeln, wenn demnächst die geburtenstarken Jahrgänge in Rente gehen. „Das ist eine Herausforderung“, weiß Eickholt. „Wir wollen unsere Mitglieder dazu bewegen, auch nach dem aktiven Arbeitsleben in der Gewerkschaft zu bleiben.“ Der Monatsbeitrag halbiert sich dann auf 0,5 Prozent. „Natürlich müssen gleichzeitig junge Leute nachrücken“, so die Bezirksgeschäftsführerin.
Tarifrunde für den Öffentlichen Dienst im Spätsommer
Mehrere gewichtige Tarifrunden stehen in diesem Jahr auf dem Programm, etwa im Nahverkehr und für die Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst. Hier sind die harten Auseinandersetzungen vom Frühsommer 2015 noch lebhaft in Erinnerung, die mit einem vierwöchigen Streik einher gingen. „Das hat damals alle Beteiligten an ihre Grenzen gebracht“, sagt Dirk Neubner, Personalratsvorsitzender der Stadtverwaltung Mülheim.
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Ende August läuft der geltende Tarifvertrag im Öffentlichen Dienst aus, bei dessen Neuverhandlung Verdi das Thema Arbeitszeit in den Mittelpunkt rücken möchte. Eine bundesweite Umfrage der Gewerkschaft unter mehr als 210.000 Beschäftigtenergab, dass eine Mehrheit tarifliche Gehaltssteigerungen gerne gegen Arbeitszeitverkürzung tauschen würde. Denn, so Dirk Neubner: „Auch im Öffentlichen Dienst gab es durch Personalabbau in den letzten Jahren eine extreme Leistungsverdichtung.“
Umfrage: Mehr Verdienst oder mehr Freizeit?
Für die Tarifrunde erarbeitet jeder Verdi-Bezirk eigene Empfehlungen. Zur Vorbereitung veranstaltet der Bezirk Ruhr-West zwei Arbeitszeitkonferenzen, bei denen die Mitglieder ihre Meinung zum Thema kundtun sollen. „Wir wollen schauen, wie die Menschen hier ticken“, so Eickholt, „und uns auch ihre Bedenken anhören.“ Termine sind am Mittwoch, 5. Februar, um 16 Uhr im Essener DGB-Haus (Teichstraße 4) und am Samstag, 8. Februar, um 10 Uhr beim DGB Oberhausen (Friedrich-Karl-Straße 24). Verdi bittet um Anmeldung, möglichst online auf ruhr-west.verdi.de.
Warnstreik bei Barmer
Eine der ersten Verdi-Aktionen 2020 findet am Donnerstag, 16. Januar, in Essen statt. Mit einem Warnstreik werden die laufenden Tarifverhandlungen bei der Krankenkasse Barmer begleitet.
Die Kundgebung, zu der auch die Mülheimer Beschäftigten aufgerufen sind, beginnt um 10.30 Uhr, am Krankengeldzentrum der Barmer in Essen.
Ihre Stimme erheben will die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft auch mit Blick auf die Kommunalwahl im September, allerdings ohne eine Kandidatin, einen Kandidaten explizit zu unterstützen. „Wir werden Wahlprüfsteine formulieren“, kündigen Eickholt und Neubner an. „Beispielsweise: Wie steht man zur Sicherung von Arbeitsplätzen und Beschäftigung? Zur Umverteilung von Vermögen?“ Daran sollen Verdi-Mitglieder ihre Wahlentscheidung ausrichten.