Mülheim. Bei Mülheims Shiny-Toys-Festival können Besucher seit zehn Jahren audiovisuelle Kunst erleben. Einer der Performer dieses Jahr ist 88 Jahre alt.
Selbstgebaute ungewöhnliche Klangerzeuger erschallten am Wochenende im Ringlokschuppen, das neben dem Makroskope Spielort des zehnten Shiny-Toys-Festivals war. Mit Robert Rutman und Laurent Bigot hatte das Festival zwei außergewöhnliche Soundkünstler im Programm.
Normalerweise ist ein Cello aus Holz gebaut. Nicht so bei dem Deutsch-Amerikaner Rutman. Als Resonanzkörper seines Cellos dient ein rund zwei Meter hohes Stahlblech, das wie ein Segel geformt ist. Zwischen oberem und unterem Ende der Klangskulptur ist eine Saite gespannt. Mit einem Streicherbogen wird sie zum Schwingen gebracht.
Shiny-Toys in Mülheim: Performance mit 88 Jahren
Seine Performance beginnt Rutman, der stattliche 88 Jahre alt ist, mit einem kleinen weißen Kreuz in der Hand, das sich als Musikbox entpuppt. Gespielt wird „Hallelujah“ von Georg Friedrich Händel. Bevor Rutman sich an sein Steel Cello begibt, benutzt er ein anderes von ihm erfundenes und gebautes Instrument: das Bow Chime, ein gebogenes Metallschild, an dem fünf Stäbe montiert sind, die ebenfalls mit einem großen Bogen bespielt werden.
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Die erzeugten Schallwellen klingen in den tiefen Lagen majestätisch, zeitweise bedrohlich und unheilvoll. Rutman und Alex Dorsch, der ihn auf einem zehnsaitigen Bow Chime begleitet, erschaffen mit ihren Drones einen meditativen Raum für die Zuhörer. Ein allzu tiefes Versenken in die eigene Psyche unterbricht Rutman auf humorige Weise mit dem Quietschen einer Plastikente.
Geräuschorchester als Soundskulptur im Ringlokschuppen
Bei dem Franzosen Laurent Bigot spielt Metall ebenfalls eine Rolle, wenn auch nicht die einzige. Aus Getränkedosen, Glas- und Plastikflaschen und wurstförmigen Luftballons hat der Elektroakustiker auf einer sechs Quadratmeter großen Platte ein „Geräuschorchester“ als Soundskulptur zusammengebastelt.
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Bigot dirigiert sein „Ensemble“ durch einen „Luftmischer“ mit 24 kleinen Hähnen, die Luft in die einzelnen Gefäße ein- und ausströmen lassen. Flaschen kommen dadurch ins Rollen, Ballons dehnen sich aus und fallen wieder zusammen. Die ganze Installation fängt an zu leben. Bis hin zu grotesken Zügen: Eine sich krümmende Plastikflasche ähnelt einer menschlichen Figur, die in sich zusammensackt. Mehrere Tonabnehmer fangen die entstehenden Klopf-, Pfeif- und Rollgeräusche ein.
Panoptikum aus Bildfehlern gesteuert von einem Video-Synthesizer
Rein visuell war der Beitrag des Münsteraner Medienkünstlers Yochanan Rauert. Eine Wand aus mehreren Fernsehgeräten – kleinen wie großen – liefert ein Panoptikum aus grafischen Mustern und Glitches („Bildfehlern“), gesteuert von einem Video-Synthesizer. Auf einigen Bildschirmen wird der Betrachter, eingefangen durch eine Kamera, selbst zum Betrachtenden. Verbunden mit der Aufforderung gestaltend am Kunstobjekt interaktiv mitzuwirken, ein Fernsehprogramm der anderen Art zu generieren.