Mülheim. Erstmals werden bei der Kundgebung zum Volkstrauertag zwei Mülheimer Jugend-Stadträtinnen die Ansprache halten. Sie verbinden damit einen Wunsch.
Sie freuen sich schon jetzt auf die Aufgabe, die sie da erwartet. Und sie freuen sich auf die besondere Form einer Premiere: Erstmals werden bei der Kundgebung zum Volkstrauertag mit Klara aus der Fünten und Hannah Lena Hartmann (beide 18) zwei Jugend-Stadträtinnen die Gedenkansprache halten. Vor 100 Jahren hat der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge den Volkstrauertag ins Leben gerufen. „Jetzt wollen wir die Brücke ins nächste Jahrhundert schlagen“, sagt der Kreisvorsitzende des Volksbundes, Markus Püll.
Die beiden Mülheimerinnen blicken in die Vergangenheit, aber auch in die Zukunft
„Wir werden eine zweigeteilte Ansprache halten, in der wir in die Vergangenheit schauen, aber auch betrachten, was Frieden und Freiheit für uns heute bedeuten“, erklärt Hannah Lena Hartmann. „Wir sind als Jugendliche nicht verantwortlich für das Leid, das zwei Weltkriege über die Menschheit gebracht haben. Aber angesichts der aktuellen Kriege und der Gefahr eines Rechtsrucks haben wir als Jugendliche die Verantwortung, dafür zu sorgen, dass sich das Leid und Unrecht der Vergangenheit nicht wiederholen kann“, sagt ihre Jugendstadtratskollegin Klara aus der Fünten.
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Die beiden Schülerinnen der Gustav-Heinemann-Schule sind, anders als viele ihrer Altersgenossen, mit dem Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge und mit dem Volkstrauertag vertraut. Sie haben zusammen mit 60 Mülheimer Schülern bereits im vergangenen Herbst an einer Aktion des Mülheimer Volksbundes teilgenommen und Kriegsgräber auf dem Altstadtfriedhof gereinigt.
Beeindruckende Mahnung gegen den Krieg
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„Diese Aktion ist vor allem bei den russischen Familien gut angekommen, die auf dem Altstadtfriedhof Angehörige haben, die während des Zweiten Weltkrieges als sowjetische Zwangsarbeiter in Mülheim leiden mussten“, berichtet Markus Püll.
„Es ist schon sehr berührend, wenn man auf den Grabsteinen die Namen und Lebensdaten der dort Beigesetzten sieht und so erfährt, dass sie genauso alt waren wie wir oder unsere Geschwister“, sagt Klara aus der Fünten. Auch Hannah Lena Hartmann ist davon überzeugt, dass es keine beeindruckendere Mahnung gegen den Krieg geben könne, als das persönliche Lebenszeugnis der Menschen, die die Zeit von Nationalsozialismus und Weltkrieg noch miterleben mussten.
Gedenkstunde am Mahnmal im Luisental
Die Gedenkstunde mit den beiden Jugend-Stadträtinnen findet am Sonntag, 17. November, um 11 Uhr, am Mahnmal im Luisental statt. Für die musikalische Begleitung sorgt der Chor der Gesamtschule Saarn.
Der im Frühjahr 1919 vom Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge ins Leben gerufene Volkstrauertag wurde 1922 erstmals mit einer Gedenkstunde im Reichstag und 1925 erstmals als nationaler Gedenktag begangen. 1952 verlegte der Deutsche Bundestag den Volkstrauertag vom Frühjahr in den Trauermonat November.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Volkstrauertag zu einem Tag, an dem nicht nur der deutschen Kriegstoten, sondern allen Opfern von Krieg und Gewalt gedacht wird.
„Es beeindruckt uns tief, was diese Menschen erlitten haben“
Die angehenden Abiturientinnen haben mit Urgroßeltern und Großeltern, aber auch mit geflüchteten Mitschülern aus internationalen Förderklassen sprechen können. „Es beeindruckt uns tief, was diese Menschen erlitten und überlebt haben und dass sie sich dennoch eine lebensbejahende Haltung bewahrt haben. Und auch, dass sie sehr viel besser mit Schwierigkeiten des Lebens umgehen können als viele andere, für die Frieden, Freiheit und Wohlstand selbstverständlich erscheinen“, sind sich die Jugendstadträtinnen einig.
Für sie ist klar, dass ihre Generation die Verpflichtung hat, die Erinnerung an Krieg, Diktatur und Gewalt auf eine zeitgemäße Weise in die Zukunft zu tragen. „Wir wünschen uns eine lockere und offene Form des Gedenkens, die auch junge Menschen ansprechen kann, ohne dass wir dafür schon ein Patentrezept hätten“, betonen Aus der Fünten und Hartmann.
In Frieden und Freiheit zu leben ist nicht selbstverständlich
Für die beiden Jugendstadträtinnen steht außer Frage: „Es ist großartig, dass wir hier seit 70 Jahren in Frieden und Freiheit leben und das soll auch in Zukunft so weitergehen. Aber das ist nicht selbstverständlich. Dafür müssen wir uns jeden Tag einsetzen, um unsere Demokratie zu erhalten.“