Mülheim. Zum Stammtisch am Montagabend schmiedete „Die Partei“ Pläne und Strukturen für die Kommunalwahl. Erster Streich: Aussteiger-Programm für Grüne.
Wie lustig ist das denn? Zumindest wer sich beim Besuch des Stammtisches des neuen Mülheimer Kreisverbandes Die Partei auf eine gepflegte Runde Schnickschnackschnuck oder Pöstchen-Mikado eingestellt hatte, sah sich jäh ernüchtert mit Formalia konfrontiert: Wie viele Leute braucht ein Vorstand, wer will Schatzmeister sein, wer macht die Öffentlichkeitsarbeit?
Ressorts von A wie A-Sozial bis Gedöns
Kein Witz, denn selbst eine Satirepartei muss sich wie jeder Teckelverein auch mit Regularien beschäftigen, die den Charme eines Mienenbüttler Lattenzauns ausstrahlen. Am Montagabend in der alternativen Kunststätte Makroscope in örtlicher Opposition zum Rathaus ist das für die gut 20 Versammelten kaum anders: Der Vorsitzende liest die Tagesordnung vor, die Anwesenden zeigen zu den TOPs artig auf. Business as usual bei der Vorbereitung für die Kommunalwahl in einem Jahr.
In fünf Wochen zur Jahreshauptversammlung (7.10.) soll der Vorstand gewählt werden, bis zum Kreisparteitag am 11. November müssten die Wahlkreislisten stehen. Beim Bilden der Arbeitsgemeinschaften allerdings muss mancher unweigerlich grinsen. Wird es neben Klassikern wie Kultur, ÖPNV und Umwelt tatsächlich ein Ressort „A-Soziales“ geben? Heißt es „Bildung und Gedöns“ und statt Sport nun „Fitness, Selbstverteidigung und Esoterik“? Es wird nun ,standesgemäß’ für einen recht frisch geschlüpften Kreisverband, der sich der politischen Satire wie der „Überwindung von Inhalten“ verschrieben hat.
Künstler, IT-Leute, Lehrer und auch Polit-Profis
Nun: Ganz so überwunden sind die Inhalte nicht bei allen Mitgliedern. In der „Zigarettenpause“ zeigen manche der versammelten ,Neueinsteiger’, dass sie sich schon bei anderen – „den ernsthaften“ – Parteien engagieren wollten. Es sind Künstler, IT-Leute, Lehrer. „Bei den Linken bin ich immer außen vor geblieben“, erzählt eine Frau. Ein anderer ist bei den Grünen raus – „die haben kein Humor“ – und wieder ein anderer fand die Realpolitik der SPD „ernüchternd“.
Erste Forderungen
Mit immerhin 2,45 Prozent im Rücken – so viel erreichte Die Partei in Mülheim zur EU-Wahl – müssten die Mitglieder für die Kommunalwahl dennoch eine Schüppe drauflegen, um zumindest parlamentarisch in die Opposition zu kommen.
Drei kurzfristige Forderungen stellen die Mitglieder schon jetzt auf: 1. Statt der Eisenbahnbrücke soll nun der Fahrstuhl zum RS1 in „Helmut-Kohl-Fahrstuhl“ benannt werden. 2. OB Scholten soll als möglicher OB-Kandidat für 2020 eingeladen werden, muss sich aber gegen den Gegenkandidaten „Carsten Kann’s“ behaupten – im Bier-Pong-Wettbewerb unter dem Motto „Das Bier entscheidet“. 3. Es soll ein Ausstiegsprogramm für Grüne geben, denen ihre Partei „zu sexistisch geworden ist“, erklärt Pressesprecher Gordon Strahl.
Die Partei im Netz: die-partei-mh.de
Mancher, wie Rainer Nelbach, ist bereits in der Mülheimer Initiative Tramvia engagiert, eine andere – Gabriele Rosinski – kennt die Innenseite der Parteien längst. Sie war als Stadtverordnete bei den Linken, bevor sie im Streit ging und das Mandat gleich mitnahm. Viele hier sind ernüchtert über den Politikbetrieb, aber nicht frustriert, erklärt jemand. Politik müsse aber wieder Spaß machen. Nur: Erreicht man das mit Quatsch-Anträgen? Kann man im Fall der Wahl etwa einen ernsthaften Haushaltsansatz erwarten? Satire habe immer auch einen Kern Wahrheit, erwidert ein Mitglied, „und wer von den anderen Parteien hat denn einen ernsthaften Haushaltsplan?“