Mülheim. Brandschutz und gleichzeitiger Denkmalschutz stellt Sanierer in Mülheim vor Herausforderungen. Neue Räume schaffen mehr Angebote für Besucher.
Die Ziegler-Sammlung ist auf Reisen, der überwiegende Teil der Kunstobjekte eingelagert. Nicht ganz ein Jahr ist es her, dass das Kunstmuseum „Alte Post“ am 16. September 2018 die Türen zum vorerst letzten Mal öffnete. Noch bis Ende 2020 laufen hier die Sanierungsarbeiten, um anschließend nicht nur im neuen Gewand sondern auch mit sinnvollen Erweiterungen Besucher für die Kunst zu begeistern. Wenn alles nach Plan läuft. Ein Blick hinter die aktuelle Kulisse zeigt, wie weit die Arbeiten sind.
Eichenfenster werden im ursprünglichen Aussehen in Mülheim aufgearbeitet
Optisch hat sich von außen bereits etwas getan, das noch wie eine Kleinigkeit wirkt. Für das zukünftige Erscheinungsbild wird es aber deutliche Auswirkungen haben. Ein Fenster in der ersten Etage links ist schon im neuen Look saniert. Dabei wurde der weiße Lack des historischen Eichenfensters abgetragen und durch schützendes Leinöl ersetzt, erläutert der zuständige Architekt Martin Hütténes, ganz so, wie es zu Kaiserzeiten vor rund 120 Jahren ursprünglich einmal gewesen sein muss. Der Lack hingegen ist wohl in den 1980er Jahren aufgetragen worden.
Auf der Innenseite hat das Fenster wieder einen Messinggriff nach altem Muster erhalten. Zumindest an der Front auf der Südseite des ehemaligen Postgebäudes werden die Eichenfenster – die wie das Haus an sich unter Denkmalschutz gestellt sind – durchgängig so aufgearbeitet.
Asbest in Dämmung und Putz beseitigt
Auch die Fassade wird mit einem frischen Anstrich aufgehübscht. Der Brandschutz und die Schadstoffbeseitigung sind dagegen die Schwerpunkte im Inneren. Unter anderem wird eine neue Fluchttreppe im Westen des Gebäudes gebaut. Doch nicht nur sind die Ansprüche an die Sicherheit gestiegen: Unter anderem ist Asbest bei Untersuchungen im Putz und in der Deckenverkleidung gemessen worden. „Für die Besucher bestand aber zu keinem Zeitpunkt Gefahr“, betont Architekt Hütténes, denn die Stoffe seien nicht freigesetzt worden – wie Messungen in der Luft ergeben haben. Im Zuge der Modernisierung etwa von Lüftung und Elektrik musste man an die Verkleidung ran und beseitigte sie in diesem Zuge.
Das Foyer offenbarte hingegen faszinierende ,archäologische’ Überraschungen. Denn hinter der abgehängten Decke kamen nicht nur unterschiedliche Stahlträgerarten und Baumaterialien zum Vorschein, die verschiedene Ausbauphasen verdeutlichen. Auch der ursprüngliche Deckenputz erwies sich als einst aufwändig mit dem Muster einer Holzvertäfelung bemalt bis hin zur detailreich imitierten Holzmaserung. Voraussichtlich aber soll die ungewöhnliche Optik wieder hinter einer neuen Abhängung verschwinden – „warten wir mal ab“, deutet Kunstmuseumsleiterin Beate Reese an, dass hier nicht das letzte Wort gesprochen sein könnte.
Verpackt wie Kunst von Christo
Der anspruchsvolle Denkmalschutz erforderte bei der Sanierung Fingerspitzengefühl, wie Kay Alef, Bauingenieur des städtischen Immobilienservice, betont. Das zeigt sich besonders im heutigen Foyer – der ehemaligen Schalterhalle der Post –, wo die historischen Säulen verpackt sind, als hätte Christo Hand angelegt. Auch die Parkettböden sind mit Spanplatten belegt, um Beschädigungen zu verhindern.
Wo nebenan einmal die „Palette“ war – vor etlichen Jahren gaben die Pächter auf –, ist nun ein Durchbruch zum Museumsfoyer gemacht worden. In den ehemaligen Bistro-Räumen will man Platz für museumspädagogische Projekte, Veranstaltungen, Büros und eine Garderobe schaffen, und so das künftige Angebot für Besucher erweitern. Zudem gibt es hier nun einen weiteren barrierefreien Zugang ins Museum.
Neues Lüftungssystem schafft vier Klimazonen
Wie Denkmal- und Brandschutz gelegentlich in Konflikt geraten, wird an den gusseisernen Säulen deutlich: Sie müssen aus Brandschutzgründen ,verpackt’ werden, wie Hütténes verrät. Ein schützender Anstrich wäre zwar möglich, ihm steht aber der Denkmalschutz entgegen. Folglich verschwinden sie nun optisch.
Im Dach schließlich ist die Schadstoffsanierung nahezu abgeschlossen, so dass die neue Dämmung, neuer Boden und Putz aufgebaut werden können. Hier – wo in den 80er Jahren einmal ein kleines Kino untergebracht war – wird weiterhin das Lager sein. Dann wird auch die Uhr wieder in Gang gesetzt, die derzeit aus Sanierungsgründen ohne Strom ist, verspricht Museumsleiterin Beate Reese:
So geht die Sanierung weiter
Sanitär, Heizung, Elektrik sind inzwischen europaweit ausgeschrieben worden, teilt Kay Alef vom Immobilienservice mit.
Ob die Arbeiten tatsächlich wie geplant bis Ende 2020 abgeschlossen werden können, hängt jedoch mit davon ab, ob Bauunternehmen zeitnah Angebote abgeben. Derzeit seien deren Auftragsbücher aber gut gefüllt, weiß Alef aus Erfahrungen mit der Schulsanierung in Mülheim. Hier stottern die laufenden Projekte und verzögern sich um Monate.
Der Bauboom lässt zudem die Baukosten um teils 30 Prozent in die Höhe schnellen. Die Sanierung des Kunstmuseums könnte deshalb am Ende teuer werden als bislang mit gut 9 Millionen Euro inklusive Instandhaltungsmaßnahmen kalkuliert.
„Die Mülheimer achten darauf und fragen uns, warum sie die falsche Uhrzeit anzeigt.“
Alte Hauptpost wird für den Brandschutz saniert