Mülheim. Beim zweiten Mülheimer Konzert der Reihe Orgelfestival Ruhr – Motto „Klänge des Nordens“ – war die Organistin Inger-Lise Ulsrud zu Gast.
Das Orgelfestival Ruhr, gewissermaßen die kleine Schwester des großen Klavierfestivals, wird nicht von Großunternehmen gesponsert, sondern ist eine Veranstaltungsreihe von sechs Hauptkirchen von Duisburg bis Dortmund.
Trotzdem erhebt es den Anspruch, den „Klangraum Europa“ widerzuspiegeln – in den internationalen Künstlern wie in der von ihnen gebotenen Literatur. So hatte man für das zweite Mülheimer Konzert unter dem Motto „Klänge des Nordens“ die Norwegische Organistin Inger-Lise Ulsrud engagiert. Dabei kam im Programm das „Nordische“ eigentlich nur in Griegs „Norwegischer Brautzug im Vorüberziehen“ zum Zuge, einem ursprünglich für Klavier geschriebenen Charakterstück folkloristischer Prägung, das im Mittelteil durch einige harmonische Turbulenzen marschiert, ehe es wieder in der Ferne verschwindet.
Die Flötenuhr war ein mechanisches Musikinstrument, das im Wien des 18. Jahrhunderts seine aristokratischen Liebhaber hatte. Die Auftragskompositionen, die Haydn und Beethoven dafür schrieben, zeigen die erstaunliche Leistungsfähigkeit dieser Instrumente. Die Ausdruckskraft dieser Musik wird natürlich in einem ausziselierten und angemessen farbig registrierten individuellen Spiel noch deutlicher.
Die Orgel als Orchester
Vor dem Hauptwerk des Abends, der „Symphonie Romane“ von Charles-Marie Widor, bot Inger-Lise Ulsrud einige im Charakter ganz unterschiedliche Improvisationen, in denen sie ihre Kunst farbiger Registrierung entfaltete. Die fand dann ihren Höhepunkt in Widors letzter Orgelsymphonie, die an César Francks für die französische Romantik charakteristischen Satz erinnerte: „Die Orgel ist mein Orchester“.
Die Verbindung von zum Teil gregorianischer Melodik mit hochromantischer Harmonik steigerte sich stellenweise zu wuchtiger Expressivität oder zog sich in elegische Chromatik zurück. Nach spannungsvollem, energischem Zugriff ein Epilog, der signalisierte: „Es ist vollbracht“. Als Zugabe eine kleine Improvisation über „Guten Abend, gut´ Nacht“.