Mülheim. Dümptener möchten das Bürgermeisteramt als nahe Anlaufstelle für Nachbarn erhalten. Die Stadt will das denkmalgeschützte Gebäude lieber verkaufen.

„Es macht uns traurig, dass die Stadt unser Bürgermeisteramt an einen Investor verkaufen will. Das schicke Gebäude war über Jahrzehnte eine Anlaufstelle für Bewohner des Stadtteils. Jetzt müssen sie lange Wege bis in die Innenstadt machen. Das ist keine Bürgernähe.“ Vier Dümptener, die ihren Stadtteil wie ihre Jackentasche kennen, würden am liebsten die verschlossene Eingangstür und die Räume dahinter wieder öffnen. Aber seit einem Jahr steht der denkmalgeschützte Komplex leer. „Probleme mit dem Brandschutz“, heißt es. Die Stadt will das schicke Haus verkaufen (wie diese Zeitung berichtete).

„Die Bürger haben sich damals erfolgreich gewehrt“

„Die Verkaufsabsichten sind nicht neu. Zu Zeiten der ersten schwarz-grünen Koalition in NRW wollte die Stadt das Gebäude schon loswerden. Aber die Bürger haben sich erfolgreich dagegen gewehrt, Unterschriften und Geld gesammelt“, blickt Günter Weber zurück. Der ehemalige Mülheimer Bürgermeister und SPD-Landtagsabgeordnete kann sich gut an die zweite Hälfte der 1990er Jahre erinnern, „als wir die erste Bürgerbegegnungsstätte in der Stadt eröffnet haben“.

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Computerkurse und Spielenachmittage organisiert

Mit „Wir“ meint Weber die Mitstreiter aus seiner Partei und dem Dümptener Bürgerverein sowie das ehrenamtliche Team um Udo Weyers. „Das war eine tolle Zeit, weil so viele Bewohner des Stadtteils mitgezogen haben. Wir haben Spielenachmittage, Computerkurse und andere Treffen organisiert. Heute interessiert das kaum noch jemanden“, blickt Weyers zurück.

Als die Stadt das ehemalige Bürgermeisteramt an der Mellinghofer Straße 275 vor mehr als 25 Jahren aus ihrem Besitz abstoßen wollte, taten sich die Dümptener gegen diesen Plan zusammen. „Erich Kröhan (SPD-MdL) und ich saßen im Zug zum Parteitag, als er die Idee zur Bürgerbegegnungsstätte entwickelte“, erinnert sich Günter Weber.

Die Sanierung wurde mit Landesgeld bezahlt

Weil das schicke Haus von innen modernisiert werden musste, sollte es einen Aufzug und Büroräume für Außenstellen des Jugend- und des Sozialamtes bekommen. „Das Geld konnte ich dann beim Land auf dem Restefonds besorgen. Dort landeten vor Jahresende alle Förderbeträge, die andere Städte nicht abgerufen hatten. So wurde die Sanierung bezahlt“, fügt Werber hinzu.

Dabei wurden auch die feuchten Kellerräume trockengelegt. Das hat aber nicht so ganz geklappt“, erinnert sich Helmut Kraatz vom Dümptener Bürgerverein. Dieser nutzte das Untergeschoss als Archiv. „Aber später waren zahlreiche Schriftstücke angeschimmelt“, weiß Bernd Lüllau, der Vorsitzende des Bürgervereins. In einem anderen Raum baute Erich Kröhan seine Modelleisenbahn auf.

Die schwere Zellentür ist verschwunden

Was alle vier am meisten bedauern: Bei den Arbeiten im Keller ist die schwere Zellentür verschwunden. „Die hat bestimmt jemand in seine Kellerbar eingebaut“, vermutet Udo Weyers. „Die Polizei hatte im Bürgermeisteramt von Beginn an ihre Wache. Jetzt sitzen die Polizeibeamten an der Mellinghofer Straße 242, wo sie kaum jemand findet“, sagt Helmut Kraatz.

Ein Adler ziert das Portal über der Eingangstür. Sie ist seit einem Jahr verschlossen.
Ein Adler ziert das Portal über der Eingangstür. Sie ist seit einem Jahr verschlossen. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

„Warum können Jugend- und Sozialamt nicht wieder in das repräsentative Haus zurückkehren?“, fragt Udo Weyers. „Die Polizeiwache wäre die optimale Ergänzung dort“, fügt Bernd Lüllau hinzu. Früher gab es auch Wohnungen im Gebäude. „Die müsste die Stadt auch vermieten, um Einnahmen zu haben“, sagt Günter Weber. „Aber mit dem Brandschutz kann man schnell alles kaputtreden“, meint Udo Weyer.

„Mit dem Brandschutz kann man alles kaputtreden

Er hat bis 2015 in der Begegnungsstätte den Betrieb, hauptsächlich für Senioren organisiert. Danach war für uns dort Schluss. „In der Küche durfte es keinen Holzschrank mehr geben. Das offene Treppenhaus sei brandgefährlich“, hat man uns damals gesagt. Jetzt pendelt der Dümptener Seniorentreff zwischen Kleingartenheim und Kirchsaal. Im Sommer 2018 zogen die Außenstellen der städtischen Sozialbetreuung aus.

Die sollte das Bürgermeisteramt behalten und mit dem Kommunalen Sozialen Dienst (KSD) sowie der Polizei wieder besetzen, sind sich die Männer einig. „Ein kleines Rathaus als Anlaufstelle für Nachbarn könnten ihnen lange Wege ersparen.“, sagt Bernd Lüllau.

Ein Symbol für das sogenannte „Königreich Dümpten“

Der Dümptener Bürgerverein begrüßt, dass das ehemalige Bürgermeisteramt nicht leer bleiben soll, steht in einem Brief des Dümptener Bürgervereins an die Stadtverwaltung, die Untere Denkmalbehörde und die Bezirksvertretung 2. Das Gebäude steht als Symbol für das sogenannte „Königreich Dümpten“. Auf nahezu jeder bildlichen Darstellung des Stadtteils ist es in irgendeiner Form zu erkennen. Veränderungen an seinem äußeren Erscheinungsbild würde Dümpten somit seiner urbanen Identität berauben“, steht in dem Schreiben.

Das Engagement der Dümptener Stadtgesellschaft habe die herausragende Bedeutung dieses Bauwerkes gefestigt. Dem Bürgerverein sei durchaus bewusst, dass die Auflagen des Denkmalschutzes eine Vermarktung des Gebäudes erschweren. „Dies darf aber kein Grund für eine Minderung der Auflagen des Denkmalschutzes sein.“ Daher müsse ein künftiger Investor die Fassaden mit den Fenstern zu den Straßenseiten, das Dach mit seinen Gauben und Verzierungen sowie den Eingangsbereich unverändert erhalten. Die Hofseite sei unkritisch, ebenfalls die innere Raumaufteilung.