Mülheim. Erstmals hat die Stadt Mülheim eine Schrottimmobilie in konzertierter Aktion vieler Einsatzkräfte geräumt. Die Bewohner tappen nun im Dunkeln.
Tag 1 nach der von massivem Polizeieinsatz begleiteten Räumung eines Wohnhauses an der Oberhausener Straße im Herzen Styrums lief in Mülheims Stadtverwaltung am Donnerstag die Aufbereitung des ersten konzertierten Vorgehens im Kampf gegen heruntergekommene Schrottimmobilien.
Am Mittwoch hatte Mülheims Bauaufsicht das Wohnhaus an der Oberhausener Straße 188 (Ecke Feldstraße) nach einer Begehung mit Tüv und Feuerwehr kurzerhand räumen lassen. Grund waren insbesondere gravierende Brandschutz-, aber auch Statikmängel. 24 Bewohner, darunter 15 Minderjährige, mussten das Nötigste zusammenpacken und das Haus auf unbestimmte Zeit verlassen.
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Stadt hat Schwierigkeiten, den Hauseigentümer zu erreichen
Wann und ob überhaupt sie in ihre Wohnungen zurück können, lässt sich derzeit nicht sagen. Einige sind bei Bekannten und Verwandten oder in Zweitwohnungen untergekommen, einige in der Flüchtlingsunterkunft an der Mintarder Straße.
Felix Blasch als Chef der Mülheimer Bauordnungsbehörde konnte am Donnerstag nicht mal den ersten notwendigen Schritt als gemacht verkünden: Der Eigentümer der Immobilie, der nicht aus Mülheim kommt, war für ihn bislang nicht erreichbar. Im Vorfeld hatte die Stadt auch keinen Kontakt zu ihm gesucht, weil sie wegen Gefahr in Verzug unterwegs war und über Nacht die Aktion gestartet hatte.
Stadt bereitet Ordnungsverfügung vor
So gibt es auch keinerlei erste Einschätzung, ob der Eigentümer bereit und finanziell in der Lage ist, schnell in eine Sanierung einzusteigen. Die Stadtverwaltung geht jetzt daran, einen Bericht und eine Ordnungsverfügung für den Hausbesitzer vorzubereiten. In der Ordnungsverfügung werde dem Eigentümer mitgeteilt, „was er zu tun hat, damit das Haus wieder bewohnbar ist“.
Für die Mieter will die Stadt laut Blasch einen Sondertermin vereinbaren, bei dem sie unter Aufsicht noch einmal in ihre Wohnung können, um wichtige Dinge, die sie am Mittwoch vergessen haben mitzunehmen, nachzuholen. „Wenn jemand umziehen will, machen wir das natürlich auch möglich“, so der Amtsleiter.
Wer kommt für die Kosten des Großeinsatzes auf?
Otto: Vielleicht sollte Stadt Schrottimmobilien kaufen
Ordnungsamtsleiter Bernd Otto brachte am Donnerstag im Gespräch mit dieser Redaktion ins Spiel, dass die Stadt Schrottimmobilien mit Fördermitteln des Landes womöglich aufkaufen könne, um Abwärtstrends in bestimmten Quartieren entgegenzuwirken.
Das Land hatte hierfür 2017 Mittel im Modellprojekt Schrottimmobilien zur Verfügung gestellt, insgesamt waren es damals 46 Millionen Euro. Verschiedene Städte hatten davon Gebrauch gemacht.
Eine andere Frage: Wer kommt eigentlich für die Kosten auf, die der Einsatz verursacht hat? Mehr als 20 Verwaltungsmitarbeiter waren vor Ort, vom Ausländeramt über die Feuerwehr bis zum Jugendamt. Dazu reichlich Polizeikräfte der Einsatzhundertschaft, weil der Einsatz spätestens seit den Tumulten im Frühjahr nach einer Verkehrskontrolle als Brennpunkt eingestuft wird. Bekommt der Eigentümer eine saftige Rechnung?
Ordnungsamtsleiter Bernd Otto sagt, es sei noch zu prüfen, welche Kosten die Stadt geltend machen könne, ob auch Personalkosten anzusetzen seien. Grundsätzlich seien die Behörden ja durch den Bundesgesetzgeber in die Pflicht genommen für die Gefahrenabwehr. „Wir müssen mal schauen“, so Otto.
„Wir wissen ja nicht, ob bei ihm überhaupt was zu holen ist“
Für das Bauordnungsamt stellte Blasch klar, dass man dem Eigentümer mindestens alle „Ersatzmaßnahmen“ in Rechnung stellen werde: die Verriegelung der Hauszugänge, die Müllbeseitigung, den Einsatz des Tüv-Gutachters, die Sicherung einer defekten Fensterscheibe.
Noch aber hat die Stadt keinen Kontakt zum Eigentümer. „Und wir wissen ja nicht, ob bei ihm überhaupt was zu holen ist“, so Blasch.