Mülheim. 55 Freiwillige helfen dabei, dass sich Zuwanderer und Deutsche in Mülheim besser verstehen. Sie sind bei „Menschen machen’s möglich“ nominiert.
Ein Jugendlicher muss ins Krankenhaus, ein Kind wird in der Kita angemeldet, ein Elternabend steht an: Mit solchen Situationen kommen die meisten Leute einigermaßen zurecht, sofern sie sich gut auf Deutsch verständigen können. Viele Menschen, die in Mülheim leben, können das aber nicht, und hier leistet das Team der ehrenamtlichen Sprachvermittler wertvolle Arbeit.
Seit zehn Jahren gibt es das Projekt offiziell beim Centrum für Bürgerschaftliches Engagement (CBE), um Zuwanderer im Kontakt mit öffentlichen Einrichtungen zu unterstützen. Idee sei es auch gewesen, Menschen mit Migrationshintergrund ins Ehrenamt einzubinden, erläutert Michael Schüring, Geschäftsführer des CBE. „Die Begleitung beschränkt sich nicht nur auf die Sprache, sondern es gibt auch Sicherheit, jemanden an der Seite zu haben, der die eigene Kultur kennt.“
Die meisten dieser Ehrenamtlichen sind selber zugewandert
Momentan engagieren sich hier 55 Frauen und Männer, die überwiegend selber aus Zuwandererfamilien stammen. Junge Mütter, Herren im Ruhestand, Menschen mitten im Berufsleben. Einsätze in 26 Sprachen dieser Welt sind möglich.
Die Fäden laufen bei Gilberte Raymonde Driesen zusammen, die das Sprachvermittler-Projekt beim CBE koordiniert, sie selber stammt aus dem Senegal und ist von Hause aus Lehrerin. Bei ihr treffen die Anfragen ein, beispielsweise von Ärzten oder Ämtern, sie erfährt Daten und Themen der anstehenden Gespräche, bei ihr ist hinterlegt, welcher Ehrenamtler wann zeitlich verfügbar ist. „Wir organisieren die Einsätze inzwischen über WhatsApp-Gruppen“, erklärt Driesen, für jede Sprache gibt es eine eigene.
Simultandolmetscherin für Polnisch beim Elternabend
So hat beispielsweise Isabelle Wojcicki, die Polnisch spricht, eine Mutter zu einem Elternabend begleitet und im Flüsterton simultan gedolmetscht. Sayed Siam, arabischer Muttersprachler, war mit einer Familie im Kindergarten, wo es um die Eingewöhnung eines Dreijährigen aus Syrien ging. „Alles musste erklärt werden: Welche Betreuungszeiten gelten, welche Schuhe das Kind anziehen soll, dass es keine Süßigkeiten als Frühstück mitnehmen soll“, berichtet Siam.
Jacqueline Mühlemeier beherrscht das in vielen afrikanischen Regionen verbreitete Pidgin-Englisch, sie
„Menschen machen’s möglich“: Die Vorstellung der Kandidaten
In den kommenden fünf Wochen stellen wir die zehn Ehrenamtler und ehrenamtlichen Projekte vor, die für die Aktion „Menschen machen’s möglich“ von WAZ, NRZ und der Rheinisch-Westfälischen Wasserwerksgesellschaft (RWW) nominiert sind.
Ende August veröffentlichen wir eine Übersicht aller zehn Kandidaten, die Abstimmung läuft bis zum 11. September.
Am 18. September findet die Verleihung der drei Auszeichnungen beim Sommerfest des Oberbürgermeisters im Stadthallengarten statt. Die Gewinner bekommen jeweils einen Preis über 1000 Euro, finanziert von der RWW.
musste letztens in einem Krankenhaus vermitteln. Es ging um die Einverständniserklärung zur Operation eines kranken Kindes, beide Seiten - Eltern und Mediziner - waren an Grenzen der Kommunikation gestoßen. „Viele Ärzte können zwar Englisch“, sagt Mühlemeier, „aber Pidgin-Englisch ist eben etwas anderes.“ Und schriftliches Info-Material hilft wenig, wenn jemand Analphabet ist. Ajsa Azemovic, deren Eltern in den neunziger Jahren aus Serbien geflohen sind, kann damit punkten, dass sie auch die Sprachen der Sinti und Roma spricht und das Vertrauen dieser Zuwanderer genießt.
Seit Anfang 2019 gibt es auch Landesmittel
Einen Schub hat das Projekt der Ehrenamtlichen Sprachvermittler Anfang 2019 bekommen: Seit Januar gibt es eine Kooperation mit dem Kommunalen Integrationszentrum in Mülheim, die durch Landesmittel gefördert wird. In ganz NRW sollen Sprachmittlerpools aufgebaut werden. „Wir sind in der glücklichen Lage, dass wir so etwas schon haben“, sagt CBE-Geschäftsführer Schüring. Allein in diesem Jahr sind laut CBE wieder zehn Freiwillige hinzu gekommen, die Kenntnisse etwa in Lamba mitbringen, wie es in Sambia und teilweise im Kongo gesprochen wird, oder in Urdu, Amtssprache in Pakistan. 100 Einsätze gab es in den ersten sechs Monaten dieses Jahres.
Weitere Helfer sind willkommen, besonders im Bereich der vielfältigen afrikanischen Sprachen könnten sie noch Verstärkung gebrauchen, sagt Gilberte Driesen. Sie seien aber für alle Sprachen der Welt offen. Die Ehrenamtlichen kennen aber auch ihre Grenzen: „Wir sind Vermittler, keine Fachleute.“ Der CBE-Chef stellt klar: „Wenn ein beeidigter Dolmetscher oder Übersetzer gesucht wird, landet diese Anfrage gar nicht erst in unserem Pool.“