Mülheim. 19 Künstler zeigen in der Mülheimer Ruhr Gallery ihre Werke in der Ausstellung „Es geht immer um alles“. Dabei geht es auch um alternative Fakten.
Es sind Hände, die hastig an Krawatte und Hemd rupfen, sich um den Hals legen. Da ist Gewalt im Anzug. Iris Paternoster hat dieses hastige Handgemenge in scheinbar flüchtiger Tusche skizziert. Ihre Szenen – die an den engagierten Realismus eines Otto Dix erinnern – gehören zu jenen Kunstwerken der neuen Ausstellung in der Ruhr Gallery, die sich in direkter Weise politisch zeigen.
„Es geht immer um alles“, haben die 19 Künstler der Freien Akademie sowie die Hochschule der bildenden Künste Essen ihre Schau getauft. Auf den ersten Blick nur eine Floskel, die spätestens beim aufmerksamen Gang durch die Ausstellung an Schärfe gewinnt.
„Man muss als Künstler eine Haltung haben“
Ins Auge fällt nicht nur die handwerkliche Präzision, die etwa in den hochkonzentrierten wie plastischen Miniatur-Gemälden in Postkartengröße von Gaby Marquardt steckt, in der kantigen Geometrie von Petra Flaßkamp und den Gebäuden, aus denen Annika Hardy Mensch und Farben gestrichen und sie auf Linien und Flächen reduziert hat.
„Man muss als Künstler eine Haltung haben“, sieht Professor Stephan Paul Schneider, der die Künstlergruppe leitete, darin nicht nur eine Aufforderung zur Disziplin, sondern offenbar auch eine zur gesellschaftlichen Positionierung. Freilich ist Kunst immer schon politisch, und gerade in Zeiten, wo Politik die Kunst aufs rein Fiskalische abgestellt und mehr und mehr aus dem öffentlichen Raum zusammengestrichen hat.
Ironische Anspielung auf politische Vereinfachungen und Populismus
Doch in dieser Ausstellung darf das Politische getrost auch inhaltlich verstanden werden. Schneider selbst transformiert digitale Bilder zu stark auf einzelne Striche reduzierte Gemälde. „Alternative facts“ hat der Maler seine Arbeit genannt – eine deutlich ironische Anspielung auf aktuelle politische Vereinfachungen und Populismus. Geht uns die Sprache in der Beschreibung komplexer Realität – sei es der Politik oder der Kunst – mehr und mehr verloren?
Die Ausstellung in der Ruhr Gallery, Ruhrstraße 3, ist noch bis Sonntag, 28. Juli, zu sehen. Öffnungszeiten jeweils Samstag und Sonntag, 20. und 21 sowie 27. und 28. Juli, von 11 bis 18 Uhr.