Mülheim. Die PR-Agentur Koob aus Mülheim feiert ihren 50. Geburtstag. Ein Grund, mit diesem Unternehmen in unsere neue Serie „Made in Mülheim“ zu starten.
50 Jahre PR-Agentur Koob: Wir sprachen mit dem geschäftsführenden Gesellschafter der Saarner Firma, Matthias Rosenthal, über aktuelle Herausforderungen, aber auch über seine Vorstellung, wie alles wohl im Jahr 1969 seinen Anfang im Dichterviertel genommen hat.
Dieses Projekt liegt gerade auf meinem Schreibtisch. . .
Matthias Rosenthal: Zurzeit arbeite ich im Team an der PR eines Kunden zur Teilnahme an einer deutschlandweiten Ralley für Elektrofahrzeuge, plane die Neuausrichtung der Kommunikation eines Unternehmens für Blitz- und Überspannungsschutz, beschäftige mich als stellvertretender Vorsitzender des deutschen Rats für Public Relations mit der ethischen Bewertung der PR eines großen Herstellers von Pflanzenschutzmitteln und stimme letzte Details für unsere Bootparty zum 50. Agenturgeburtstag mit der Weißen Flotte ab.
Damit verdienen wir unser Geld:
Kommunikationsberatung und -durchführung. Kunden haben Aufgabenstellungen, wir finden kommunikative Lösungen und realisieren sie für den Kunden.
Kunden in Deutschland und im europäischen Ausland
Das ist unser Vorzeigeprodukt:
Von Produkten im klassischen Sinne kann man da eigentlich nicht sprechen. Wir reden eher von Disziplinen wie PR, Corporate Publishing, Social Media usw.
Steckbrief: Die Koob Agentur für Public Relations
Firmenname: Koob Agentur für Public Relations GmbH (GPRA)
Tochterfirmen: keine
Branche: Kommunikation
Gründungsjahr: 1969
Sitz: Mülheim an der Ruhr
Weitere Standorte: keine
Anzahl Produkte: endlos
Mitarbeiter: 30
Auszubildende: 4
Ausbildungsberufe: Trainee (PR-Beratung), Volontariat (PR-Redakteur), Mediengestalter, Kauffrau/Kaufmann für Marketing-Kommunikation
Durchschnittsalter Belegschaft: 37
Betriebsrat? Nein
Umsatz 2008: k. A.
Umsatz 2018: k. A.
Webadresse: koob-pr.com
Wir verkaufen unsere Produkte. . .
… theoretisch von Mülheim aus in die ganze Welt. Praktisch sind wir überwiegend in ganz Deutschland und im europäischen Ausland unterwegs. Viele Kunden kommen aus dem Ruhrgebiet bzw. NRW. Das liegt vielleicht daran, dass Kunden trotz moderner Kommunikationstechniken immer noch auf die geografische Nähe zu ihrer Agentur Wert legen. Wir sind ein People-Business oder „Nasengeschäft“, wie man in unserer Gegend gerne sagt. Da kommt es sehr stark auf den persönlichen Kontakt zum Kunden an. Vielleicht liegt es auch daran, dass wir unsere Herkunft und Heimat in der Ruhrmetropole eher feiern als verstecken.
Unsere größten Kunden sind. . .
Wir sind relativ breit aufgestellt und haben Kunden in verschiedenen Größenordnungen. Wenn Sie Namen hören wollen, so würde ich Innogy und Gelsenwasser im Energiebereich, die Lueg AG im Automobilsektor, Tarkett und Bondex im Baubereich und Barmenia im Versicherungswesen nennen.
Koob organisierte Baumpflanzaktion: 6000 Bäume schon in der Erde
Das war der spannendste (spektakulärste) Auftrag unserer Firmengeschichte:
Wir haben sehr viele spannende Projekte. Aktuell begleiten wir für unseren Kunden Tarkett aus Frankenthal bei Mannheim eine groß angelegte Baumpflanzaktion. Die Aktion für den besonders nachhaltig produzierenden Hersteller von Bodenbelägen wurde auf einer internationalen Baufachmesse im Januar in München gelauncht. Jede Visitenkarte, jeder Like und Comment auf Facebook bringt einen neuen Baum. Als Ergebnis wurden bisher rund 6000 Bäume gepflanzt. Die Aktion soll über verschiedene andere Kanäle und Events fortgesetzt werden.
Das sind unsere wesentlichen Konkurrenten:
Wir sehen andere Agenturen weniger als Konkurrenten denn als Partner im gleichen Markt. Die Welt ist voller Aufgaben und Projekte. Da lohnen sich „Feindbilder“ nicht.
So sah Tag 1 in unserem Unternehmen aus. . .
Keiner der derzeitigen Koobianer war an diesem denkwürdigen Tag dabei. Wir stellen uns vor, dass Herr Koob am 1. April 1969 mit seiner Frau am Küchentisch seiner Wohnung im Dichterviertel eine Presseinformation in Briefumschläge gesteckt hat. Vielleicht hat auch der Hund geholfen, die Briefmarken zu lecken. Die für die damalige Zeit typischen, stimmungserhellenden Genussmittel werden keine Rolle gespielt haben, da Herr Koob stets auf professionelles und seriöses Verhalten Wert gelegt hat. Der Aschenbecher dürfte also auch knapp fünf Monate vor „Woodstock“ leer geblieben sein.
In Gründerjahren war die Agentur auf die Baubranche spezialisiert
Diese wichtigen Entwicklungsschritte hat die Firma gemacht:
Die erste Branche für die Agentur war der Baubereich, da der Gründer und Namensgeber der Agentur Architekt war. Noch heute gelten wir hier als große Spezialisten. Ende der Neunziger kam mit der Liberalisierung der Märkte die Energiewirtschaft hinzu. Unser erster Kunde war kein Geringerer als RWE, beim Markteintritt von „Yellow“. Etwa im gleichen Zeitraum hat mein Partner Peter Richter den Foodbereich für Koob erschlossen. Weitere Meilensteine waren der Umzug vom Dichterviertel in das jetzige Agenturgebäude in Saarn 1996, der altersbedingte Ausstieg von Herrn Koob in 2003 mit dem Verkauf der Geschäftsanteile an Peter Richter und mich. Für die jüngere Zeit würde ich noch den Aufbau des digitalen Zentrums durch meinen Geschäftsführer-Kollegen Max Umbach nennen.
Diese Geschichte werde ich nie vergessen. . .
Davon gibt es viele. Mit ein paar Leuten habe ich mal überlegt, ob wir ein Agentur-Monopoly herausgeben sollten. Der Stapel aus Ereigniskarten wäre gigantisch! Eine eher kleine Sache, die mir dennoch in bleibender Erinnerung ist, ist der Pitch um einen riesigen Etat der deutschen Holz- und Forstwirtschaft. Alle fieberten der Entscheidung entgegen. Nach der Präsentation haben wir wochenlang nichts gehört. Kontaktversuche unsererseits liefen ins Leere. Keine guten Zeichen! Eines Morgens kam ich in die Agentur und unsere Empfangschefin rief mir zu: „Hier ist ein Fax für Sie von den Holzleuten gekommen.“ Sie hielt mir das Blatt entgegen und ich sah, dass das Schreiben nur wenige Zeilen umfasste. Also, Absage, wie üblich kurz und schmerzlos. Ich wollte schon gar nicht mehr lesen. Doch da stand sinngemäß in dürrem Amtsdeutsch: „Wir haben uns für eine Zusammenarbeit mit Ihnen entschieden und bitten um Rückruf zwecks Terminabstimmung.“ Party on!
Die digitale Transformation ist im Gang
Vor diesen Herausforderungen stehen wir:
Wir wollen das, was Kommunikation und damit die Agentur ausmacht, konsequent ins digitale Zeitalter transformieren. Dabei sind insbesondere zwei Punkte enorm wichtig. Erstens Digitalisierung und Autonomisierung der Kommunikation durch IT und Künstliche Intelligenz und zweitens: für diese fachliche und wirtschaftliche Herausforderung die richtigen Kolleginnen und Kollegen zu finden.
Das soll die Zukunft bringen:
Unser Ziel ist es, eine der modernsten PR-Agenturen Deutschlands zu werden. Das klingt gewaltig, gibt aber zumindest die richtige Richtung vor. Nebenbei haben wir in absehbarer Zeit den nächsten Generationswechsel zu bewältigen. Die derzeitigen Geschäftsführer sind deutlich in ihren Fünfzigern und darüber hinaus. Peter Richter wird schon in weniger als zwei Jahren in den Ruhestand gehen. Mit Jennifer Bakir haben wir zum Jahreswechsel eine unserer besten und erfolgreichsten Teamleiterinnen als stellvertretende Geschäftsführerin und Prokuristin gewonnen. Mit ihr zusammen werden Max Umbach und ich die Geschäftsführung bilden, bis dann auch Max und ich unsere Aufgaben in jüngere Hände legen.
Rosenthal: Mitarbeiterzahl immer weniger ein Indikator für Qualität und Erfolg
Investieren werden wir. . .
… in die Menschen bei Koob, in ihre Aus- und Weiterbildung sowie in IT.
Meine Mitarbeiter sind die besten, weil. . .
… sie in vielen Bereichen besser sind als ich und daraus Stolz, Motivation und Engagement entwickeln.
So wird sich unsere Mitarbeiterzahl entwickeln. . .
Wer weiß das schon? In Zukunft wird es auch in unserer Branche mehr denn je auf die Qualifikation ankommen. Die reine Mitarbeiterzahl wird immer weniger ein Indikator für Qualität und Erfolg einer Agentur sein.
Der Standort Mülheim ist für mich. . .
…ein wichtiges Merkmal unserer Positionierung und daher unverzichtbar. Auf den Punkt gebracht: Düsseldorf ist für uns kein Thema!
„Die Stadt verkauft sich unter Wert“
Problematischer als der hohe Gewerbesteuersatz in Mülheim ist für uns. . .
… dass die Stadt sich unter Wert verkauft. Mülheim ist überregional zu wenig bekannt oder wird gerne verwechselt. Dabei ist die Stadt äußerst lebens- und liebenswert. Hier gibt es offene und warmherzige Menschen, bezahlbare Wohnviertel im Grünen, eine tolle Landschaft am Fluss und eine zentrale Lage im Süden der riesigen Ruhrmetropole mit vielen großartigen Unternehmen und einem hohen Kultur- und Freizeitwert.
Das fehlt uns am Standort:
Anziehungskraft für junge Menschen. Es ist nicht immer einfach, qualifizierte Leute aus anderen Trendmetropolen hierher zu bewegen. Berlin, Hamburg, München, ja, sogar Düsseldorf gelten unter den Talenten unserer Branche als attraktiver. Die Ansiedlung eines Teils der Hochschule Ruhr West war schon ein Schritt in die richtige Richtung. Die Unterstützung von Start-ups und Kreativwirtschaft sollte ausgebaut werden. Die Gewinnung neuer innovativer Firmen für den Standort muss ein Hauptziel der Kommunalpolitik werden. Schlafstadt und Altersruhesitz alleine sind kein Zukunftskonzept. Mülheim braucht mehr Mut und Frische.
Ein Plädoyer für die freie und unabhängige Information
Wenn ich heute ein Unternehmen meiner Wahl gründen könnte, dann wäre das. . .
. . . wieder irgendwas mit Kommunikation. Vielleicht vom Start weg rein digital, aber vom Grunde her gibt es für mich nichts Aufregenderes und Vielfältigeres als Kommunikation. Ich bin fest überzeugt, dass in diesem Bereich auch über unsere Zukunft insgesamt entschieden wird. Es hängt unglaublich viel davon ab, ob wir uns auch künftig frei und unabhängig informieren können.