Mülheim. Mülldetektive sollen künftig in Mülheim für Sauberkeit sorgen. 400.000 Euro kostet ihr Einsatz. Dem Rat wird im Herbst ein Konzept vorgelegt.
Niemand möchte in einem dreckigen oder gar vermüllten Mülheim wohnen. Immer wieder gibt es diese Meldungen, in den sozialen Netzwerken, vor allem via Facebook und auch bei der Stadt, immer wieder gibt es von Bürger-Seite Hinweise auf wilde Müllkippen und mal große, mal kleine Müll-Ärgernisse auf Mülheimer Stadtgebiet. Und immer wieder wird auch der Ruf nach den so genannten Mülldetektiven laut. Seit fast einem Jahr steht ihr Einsatz im Raum – nun kommt Bewegung in die Sache. „Zum Herbst wollen wir das Konzept erneut dem Rat der Stadt vorlegen“, kündigt Umweltamtsleiter Dr. Jürgen Zentgraf an.
Es werden also noch Monate vergehen, es sind aber Monate, die die Verwaltung braucht, um die Idee auf eine bessere Grundlage zu stellen. Ein unabhängiges Institut soll das Konzept genau unter die Lupe nehmen, nachbessern, wenn nötig, Anregungen geben, wenn möglich, in jedem Fall aber unterstützend tätig sein. „Wir stehen kurz vor der Ausschreibung“, erklärt Joachim Krusenbaum, Leiter der Entsorgungswirtschaft im städtischen Umweltamt.
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Einsatz von Mülldetektiven kostet 400.000 Euro
Die Einführung von Mülldetektiven bedeutet auch: mehr Kosten für die Stadt. Mehr als 400.000 Euro soll ihr Einsatz kosten. Die neuen Mitarbeiter müssen zunächst noch gesondert ausgebildet werden, da sie ordnungsbehördlich tätig sind. Hinzu kommen weitere Posten wie die Anschaffung von Fahrzeugen oder eben auch die von Schutzkleidung.
Für viele Mülheimer wäre das wahrscheinlich ein Schritt in die richtige Richtung. Über ihr Engagement kann sich die Verwaltung zumindest nicht beschweren. Ab von den offiziellen Aktionen wie beispielsweise „Mülheim räumt auf“ oder „Saubere Ruhr“ greifen die Bürger dieser Stadt immer häufiger selbst zu Müllsack, Zange und Handschuhen.
Ein Bewusstsein für Sauberkeit geschaffen
Ganz eindringlich und persönlich wurde dies erst vor wenigen Wochen deutlich: Melanie Henrichs und ihr Sohn John machten sich Ostersonntag auf, um im übertragenen Sinne nahe der eigenen Haustüre zu kehren. Am Worringer Weg sammelten die beiden fünf Tüten Müll, darunter waren Radkappen, Verpackungen, Glasflaschen und viele andere schmutzige Sachen.
Melanie Henrichs Fazit nach der Aktion: „Wir haben etwas bewegt, ein Bewusstsein geschaffen“, ist sie überzeugt. „Irgendwo muss man anfangen“, sagt sie auch. Die Grüne Jugend und das Frauen Netzwerk organisierten ebenfalls zu Ostern eine Sammelaktion: Beim Plogging, einem Trend aus Skandinavien, trugen sie während einer Jogging-Runde entlang des Ruhrufers eine immense Menge Müll zusammen.
Müll ist mehr geworden – aber auch die Aufmerksamkeit der Bürger
Für Dr. Jürgen Zentgraf ist das Engagement lobenswert: „Abfallwirtschaftlich gesehen finde ich das super und es verankert sich so leichter im Bewusstsein.“ Das Thema „Müll“ beschäftigt den Leiter des Umweltamtes, seitdem er bei der Stadtverwaltung arbeitet. In Zahlen: seit 29 Jahren. Er hat beobachtet: „Es ist schon mehr geworden“, mit den Jahren, sagt er. Aber auch die Aufmerksamkeit der Bürger habe sich erhöht – neben der Frequenz, mit der die Mülheimer Entsorgungs-Gesellschaft (MEG) einige Container-Standorte auf dem Stadtgebiet anfährt.
Drei Mal pro Woche, erklären Krusenbaum und Zentgraf, sei der regelmäßige Turnus an einigen der so genannten Hotspots, an den Orten, an denen die soziale Kontrolle nicht so hoch ist, wie beispielsweise an der Oberheidstraße oder der Augustastraße. Jürgen Zentgraf und Joachim Krusenbaum meinen: „Wir haben hier in Mülheim eine relativ gute Entsorgungsstruktur.“
Mülheimer Verwaltung muss Müll als Müll deklarieren
Diese Meinung teilt auch ein anderer Mann vom Fach, Timo Juchem, Geschäftsführer der MEG. Er sieht aber auch: „Es gibt oftmals auch Ansprüche, die nicht immer erfüllbar sind.“ Timo Juchem verweist in diesem Zusammenhang auf den Grundgedanken allen MEG-Handelns: „Wir sind Dienstleister, wir sind aber auch „nur“ der Dienstleister. Wir stehen am Ende der Kette und können alleine wenig bewirken.“
So kann die MEG nicht einfach mal eben schnell nach einer Meldung ausrücken, um Müll zu beseitigen. Die Verwaltung muss zunächst den Müll als Müll deklarieren und erst dann kann der Müllwagen vorfahren. Am Ende würden sämtliche Grundsatz-Entscheidungen schließlich immer der Verwaltung und dem Rat der Stadt obliegen. „Veränderung kostet Geld“, so Juchem. Geld, das die Stadt nicht hat – und, noch viel wichtiger: Geld, das der Gebührenzahler aufbringen müsste. „Man kann den Gebührenzahlern nicht zumuten, immer mehr zu bezahlen“, sagt Jürgen Zentgraf.
Coffee-to-go-Becher verursachen riesige Müllberge
Für Zentgraf fängt die Veränderung nicht nur bei den wilden Müllkippen, sondern schon im Kleinen an. „Am Beispiel der Coffee-to-go-Becher wird die ganze Thematik sehr gut deutlich“, erklärt er. Die Wegwerfbecher verursachen deutschlandweit riesige Müllberge, Schätzungen zufolge landen rund drei Milliarden Stück pro Jahr im Abfall. „Und verstopfen so beispielsweise die Papierkörbe“, weiß Zentgraf. „Das Problem ist sicherlich auch unsere Lebensweise“, so Zentgraf weiter und verweist dabei auf den steigenden Anteil an Verpackungen.
Joachim Krusenbaum bringt die Herausforderung in Sachen Müll auf den Punkt: „Bequemlichkeit in der Entsorgung ist unser Gegner.“ Er weiß aber auch: „Wenn es in der Tonne ist, kann es geregelt entsorgt werden.“ Es geht auch um das Lebensgefühl einer ganzen Stadt: „Eine schmutzige Ecke vermittelt auf eine gewisse Art auch immer das Gefühl von Unsicherheit“, meint Timo Juchem. Schließlich will niemand in einem dreckigen oder gar vermüllten Mülheim wohnen.