Mülheim. Die Mülheimer zeigen ihren Unmut bei einer Bürgerversammlung: Durch die ÖPNV-Sparpläne würden viele ihren Nahverkehrs-Anschluss verlieren.

Zahlreiche, detaillierte Fragen stellten die rund 100 Bürgerinnen und Bürger am Donnerstagabend zu den Planungen des Mülheimer Nahverkehrs. Dabei mussten sich Stadtplaner und Ruhrbahn-Geschäftsführung sagen lassen: Das Netz 23 war kein gelungener Wurf. Dass mehrere Ratsparteien das „Denkmodell“, wie es Planungsdezernent Peter Vermeulen nannte, längst wieder in die Altpapiertonne geschickte haben, machte zahlreiche Zuhörer froh. Andere zeigten sich entsetzt, dass sie nach diesem Sparplan komplett von Bahnen und Bussen abgehängt würden.

„Sie müssen den Mülheimer Nahverkehr attraktiver machen und nicht kaputtsparen“, lautet ein Diskussionsbeitrag, nachdem Vermeulen die Ziele des Netzes 23 vorgestellt hatte. „Mehr Fahrgäste verringern Verluste. Andere Städte zeigen doch, wie das geht“, sagte ein weiterer Teilnehmer.

„Eine komfortable Straßenbahn zieht mehr Fahrgäste als ein Bus“

Mehrere Zuhörer setzten sich für eine Straßenbahn nach Saarn ein: „Dann können sie auf drei Buslinien mit schaukelnden Gelenkbussen verzichten.“ „Die Investitionen rechnen sich nicht. Bei den Saarnern kommt die Straßenbahn nicht so gut an“, schilderte Verkehrsplaner Roland Jansen sein Erfahrungen und Prüfungen der letzten Jahre. Viele im Foyer der Stadthalle bezweifelten das. „Eine komfortable Straßenbahn zieht mehr Fahrgäste als ein Bus“, kam die Antwort aus dem Publikum.

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Die U18 bis zur Hochschule Ruhr West zu verlängern und dafür die Straßenbahnlinie 901 zu opfern, wie mit dem Netz 23 geplant, betrachteten viele Diskussionsteilnehmer als schlechte Lösung. „Sie kappen eine Städteverbindung, auf der täglich 10.000 Fahrgäste unterwegs sind“, zitierte einer die Pressesprecherin der Duisburger Verkehrsgesellschaft aus dieser Zeitung. „Wie sollen all diese Fahrgäste in einen halb so großen Gelenkbus passen?“ „Wir haben andere Zahlen, weshalb das mit einem 15-Minuten-Takt geht“, antwortete Christoph Lademann, Leiter des Verkehrsmanagements bei der Ruhrbahn. Überzeugen konnte er damit nicht.

Schüler brauchen viele ÖPNV-Verbindungen

Das Netz 23 richtet sich, wie der Planungsdezernent formulierte, nach den Bedürfnissen der Fahrgäste. Dass dies schon heute auf vielen Linien nicht stimmt, erläuterte die Vertreterin des Heißener Gymnasiums. „Schüler brauchen viele ÖPNV-Verbindungen. Es sind sichere Schulwege ohne Elterntaxi – auch für Freizeit und Sport. Selbst der Shuttlebus, der für den Austausch der Leistungskursteilnehmer zwischen mehreren Schulen pendelt, ist langsamer als die normalen Linien. Wenn sie aber die Takte ausdünnen, kommen fast alle Kinder jeden Tag zu spät.“

„Ja, am Schülerverkehr müssen wir vieles verbessern“, gab Peter Vermeulen zu. Er lud alle ein, die sich einsetzen wollen, am neuen Nahverkehrsnetz für Mülheim mitzuplanen. Die Zeit wird knapp und viele Besucher gingen skeptisch nach Haus, weil sie um ihren Anschluss bangten.