Zur Tour „Wem gehört die Stadt“ durch die Mülheimer City holten sich Planer aus ganz NRW Anregungen aus Mülheim, wie man die Bürger einbindet.
Rathausmarkt, Ruhrostanlagen, Leineweberstraße – ob Bürgerbeteiligung immer im Sinne aller Beteiligten ausgeht, steht auf einem anderen Blatt. Reichlich Lob aber für den Weg dahin – die Art, wie man Bürger einbindet –, haben Mülheimer Stadtplaner auf der Tagung „Wem gehört die Stadt?“ einstreichen können: „Ich habe viel Respekt für die vielen Formen der Beteiligung, die Sie mit wenig Personal stemmen“, klopfte eine Planerin aus Geldern ihnen auf die Schulter.
Freilich ist das zunächst von außen betrachtet: Gut 30 Angestellte aus NRW-Städten von Aachen bis Bielefeld, von freien Planungsbüros sowie Politiker informieren sich am Montagmittag über die Mülheimer Stadtentwicklung. Anschließend geht’s an die vorgestellten Orte, die größtenteils im Rahmen des Innenstadtkonzepts mit Hilfe von Bürgern weiterentwickelt wurden: Stadtquartier, Ruhrbania, Ruhrostanlagen, Leineweberstraße, Dröppelminna, Rathausmarkt und RS 1.
Kritische Punkte in der Innenstadt nicht ausgespart
Kritische Punkte in der Innenstadt spart der Mülheimer Planer und Tourguide Daniel Bach keinesfalls aus: Die Schloßstraße als Kompromiss aus Rettungswegen und Wunsch nach Grün „zugekübelt“. Auch der Rathausmarkt – durch ein aufwendiges Charrette-Verfahren von Bürgern als „Stadtbühne“ entwickelt – wurde quasi in der Nachspielzeit von Händlern der Innenstadt ausgehebelt. Die Politik lenkte ein.
Der heutige Kompromiss aus Veranstaltungs- und Parkplatz „begeistert keinen“, finden Peter Kelley, Ratsmitglied aus Gütersloh, und Jens Imorde, Planer aus Münster. Die Aufenthaltsqualität sei mäßig. „Die 30 Autos, die hier stehen, hätte man besser in die Tiefgarage verfrachtet“, meint Kelley.
In Gütersloh arbeiten Verwaltung und Politik daran, wie man die Stadt für Bürger lebenswert macht: Der Handel ist steht hier nicht mehr im Zentrum sondern Konzepte, die zum Verweilen einladen, ohne dass man ein teures Getränk kaufen muss. „Wir haben allerdings auch keinen so prekären Haushalt“, kommentiert Kelley.
Woran misst sich eine gute Bürgerbeteiligung?
Imorde sieht nicht nur in Mülheim sondern in einigen Städten viele gute Ideen, die am Ende an der Politik scheiterten. In Menden will man die Bürgerbeteiligung dennoch auf breitere Beine stellen. Das Problem: „Man beteiligt oft diejenigen, die am lautesten schreien“, sagt eine Planerin, „die Verwaltung hat aber die Aufgabe, auch die leisen Stimmen mitzunehmen.“ Anregungen holt sie sich aus Mülheim, „ich sehe hier viel Erfahrung, man hat viel ausprobiert“.
Doch woran misst sich eine gute Bürgerbeteiligung, wo fängt sie an, wie stellt man sie auf breite Füße? Nicht nur in Mülheim fehlt das Personal, um etwa die sozialen Medien zu bedienen. Mit ihnen aber erreicht man junge Leute, und hier formieren sich am schnellsten Meinungen. „Klar, die ,üblichen Verdächtigen’ kommen immer zu Veranstaltungen, um alle anderen müssen wir kämpfen“, meint Daniel Bach. Wichtig daher sei, auf vielen Ebenen zu arbeiten: Vom Amtsblatt bis zum Workshop.
Soziale Medien können aber auch lang geplante Projekte kippen lassen, zum Beispiel die Leineweberstraße. Die geplante umfangreiche Baumfällung durchkreuzte eine Online-Petition mit 4000 Stimmen. Bach ist darüber im Nachgang froh: „Den Erhalt habe ich positiv wahrgenommen.“
>>> BÜRGERBETEILIGUNG ALS HERAUSFORDERUNG
Auch in Aachen setzt man auf unterschiedliche Beteiligungsformen. Bürgerbeteiligung sieht man nicht nur positiv: „Frühzeitige Beteiligung erzeugt Erwartungen, die wir nicht erfüllen können“, sagt eine Planerin. „Je komplexer die Bauaufgaben, desto fragwürdiger sei eine frühe Beteiligung.“
Über Formen und Wege der Bürgerbeteiligung informiert die Stadt Mülheim im Internet: www.muelheim-ruhr.de