Mülheim. Der Bericht der Rechnungsprüfer lässt mindestens schlampigen Umgang mit Steuermitteln in Mülheims Sozialagentur vermuten. Aufklärung muss her!
Die städtischen Rechnungsprüfer haben ein großes Fass aufgemacht. Mit ihrem Bericht zur mutmaßlich in vielerlei Hinsicht mangelhaften, insbesondere überteuerten Vertragsabwicklung von Arbeitsmarkt-Projekten der Sozialagentur haben sie sich auf ein Terrain gewagt, das nicht nur bis tief in die Stadtgesellschaft hinein wirkt. Denn hinter dem Diakoniewerk und der Paritätischen Initiative für Arbeit mit dem evangelischen Kirchenkreis beziehungsweise dem Paritätischen stehen weit vernetzte, stadtgesellschaftliche Größen.
Nein: Dieser Mängelbericht hat natürlich vor allem auch höchste politische Brisanz. In vergangenen Haushaltsdebatten galt der Sozialetat stets als unantastbar. „Alles staatliche Pflichtaufgaben, nur minimal beeinflussbar“, hieß es da unisono. Wenn man nun den Bericht der Rechnungsprüfer vor Augen hat und sich davon nur ein Teil als Faktum bestätigen sollte, dann darf es nur eine Konsequenz geben: Der gesamte Sozialetat muss einmal durchs Sieb.
Die Politik steht in der Pflicht
Wenn es die Stadtverwaltung aus eigenem Antrieb nicht schafft, steht die Politik in der Pflicht, der Verwaltung Beine zu machen. Wie zuletzt und erfolgreich auf Druck von SPD und CDU, die unter dem Eindruck eines ungenügenden Vertragscontrollings eingeschritten waren. Die Politik muss sich angesichts der massiven Verschuldung dringendst emanzipieren von der Stadtverwaltung. Zu oft kommt sie als verlängerter Arm der Verwaltung daher.
Klar: Das Verwaltungsgeschehen ist äußerst komplex und reich an schwer zu durchschauender Materie; Stadtverordnete sind als Ehrenamtliche unterwegs und in gewisser Weise systembedingt mit einer engmaschigen Kontrolle überfordert.
Alarmsignale wurden offenbar ignoriert
Aber mindestens sollte die Kommunalpolitik hellhörig werden und ihre Kontrollfunktion entschieden wahrnehmen, wenn ihr Auffälligkeiten auf dem Silbertablett aufgetischt werden – wie jetzt durch die Rechnungsprüfer. In der Vergangenheit sind hier offenbar einige Alarmsignale der Rechnungsprüfer ignoriert worden. Schließlich gibt das Rechnungsprüfungsamt in seinem aktuellen Bericht an, bei der Prüfung der Sozialagentur schon vor Jahren Mängel festgestellt und ein besseres Vertragscontrolling angemahnt zu haben. Folgen hatte das offenbar nicht.
Ungeachtet dessen, dass in der aktuellen Prüfung noch nicht das letzte Wort gesprochen ist, scheint einiges im Argen zu liegen im Haus der Sozialagentur. Es wird noch zu beantworten sein, ob hier nur ungeheure Schlampigkeit im Umgang mit öffentlich finanzierten Projekten am Werke war – oder ob gar Vorsatz im Spiel war. Zum jetzigen Zeitpunkt ist das seriös nicht zu beantworten. Stadt und Politik täten gut daran, offene Fragen in aller Transparenz aufzuarbeiten.
Da haben die Bürger, die seit Januar 39 Prozent mehr Grundsteuer zahlen, einen Anspruch drauf.