Mülheim. . Sechs Jahre auf Tour, 29 Haltestellen, eine Gemeinschaft: Der Bürgerbus in Mülheim-Styrum ist mehr als nur Verbindung zwischen Nord und Süd.

Renate Schmitz hat schon mal Platz genommen. Ganz vorne, da, wo WDR 2 am lautesten aus den Lautsprechern dudelt. Und wo ausreichend Raum ist für ihren Rollator. Bitte anschnallen! Es geht los! Pünktlichkeit ist wichtig. Walter Kolodzie gibt behutsam Gas, an diesem Morgen mitten in Styrum. Und Renate Schmitz sagt ganz beiläufig, aber nicht ohne Stolz: „Ach, ich kenne sie hier alle!“

Auf Tour mit dem Styrumer Bürgerbus – das ist Kurzweil, das ist Austausch, das ist Gemeinschaft. Seit mittlerweile sechs Jahren macht der Mercedes Sprinter den Wunsch vieler Styrumer wahr, den Norden und Süden des Stadtteils besser miteinander zu verbinden. Wochentags fährt er von 9 bis 17, samstags von 9 bis 14 Uhr. An 29 Haltestellen kann man zu- oder aussteigen. Eine Runde ist 19 Kilometer lang, mit 1,50 Euro für den Einzelfahrschein ist man dabei.

43.000 Fahrgäste fuhren schon mit dem Bürgerbus

„Ach, die Frau Hirschler kommt“, ruft Renate Schmitz plötzlich. Die 79-Jährige hat alles im Blick – und sieht schon von Weitem neue Fahrgäste. Walter Kolodzie bremst und hält. Der 70-Jährige ist von Anfang an dabei. Gemeinsam mit seinen anderen Kollegen hat er seit der ersten Fahrt Ende Oktober 2012 rund 43.000 Fahrgäste zum Arzt, zum Supermarkt, zur Apotheke, zum Schloss, ins Grüne gebracht. Und das alles vollkommen ehrenamtlich. „Wissen Sie, in großen Bussen darf man nicht mit dem Fahrer sprechen“, beginnt er irgendwann zu erzählen. „Hier muss man das!“, fügt er hinzu und lacht.

So läuft das eben in Styrum und mit dem Bürgerbus. Man spricht miteinander und ist füreinander da. „Wir sind eine richtige Gemeinschaft geworden. Da merkt man sofort, wenn mal einer fehlt“, sagt Renate Schmitz. Man kümmert sich – und das sehr gerne.

Der Bürgerbus Styrum ist immer pünktlich

Nächster Halt! „Boah, was ist das denn? Ist ja richtig voll hier“, sagt Herbert Straeten, als er durch die Bustür steigt. Heute ist er ohne seine Frau unterwegs, will gleich die ganze Styrum-Runde drehen. Aber einkaufen muss er auch noch. „Wo ist denn deine Frau?“, fragt Knut Binnewerg. „Die ist heute in Mülheim.“ Ja, man unterscheidet da als alter Styrumer.

Knut Binnewerg, Vorsitzender des Vereins Bürgerbus Styrums, ist an diesem Morgen auch dabei. Er kann viel berichten. Unter anderem das: „Der Bürgerbus ist immer pünktlich und ohne Ausfälle über die ganze Zeit gefahren.“ Dass es einer ganzen Menge Organisation bedarf, um den Bus von Bürgern für Bürger fahren zu lassen – Knut Binnewerg erzählt auch das.

Abstimmung mit der Ruhrbahn

In sechs Jahren habe man den Fahrplan nur einmal umgestellt. Das erfordere viel Abstimmung – beispielsweise mit der Ruhrbahn, so Binnewerg. Der dürfen sie schließlich keine Konkurrenz machen. So deckt der Bürgerbus nun all die Wege und Strecken ab, die die Fahrzeuge der Ruhrbahn aus wirtschaftlichen Gründen nicht mehr bedienen können. Es geht nahezu von Haustür zu Haustür. Als Ergänzung zum normalen Linienverkehr.

Renate Schmitz ist angekommen. Haltestelle Sültenfuß, hier will sie raus: „Ich muss schnell zur Apotheke.“ Walter Kolodzie hilft beim Aussteigen. Auch das gehört zu seinem Job. Die Bürgerbuslinie ist besonders für all die Menschen gedacht, die nicht mehr so mobil sind. Herbert Straeten will noch einen Moment bleiben, die Fahrt mit dem Bürgerbus, den Austausch, die Gemeinschaft genießen. Während das Radio munter weiter dudelt.

>> BÜRGERBUS STYRUM BRAUCHT NOCH VERSTÄRKUNG

Das Fahrgeld kann nur zur Hälfte die Kosten für den Bürgerbus decken. Die andere Hälfte wird durch Sponsoren finanziert. Das sind nicht nur größere Firmen, sondern auch kleinere Betriebe aus Styrum. Als fahrende Werbetafel macht der Bus sich zudem auch ganz gut. Das Team vom Bürgerbus sucht noch weitere Fahrer. Wer Interesse an der ehrenamtlichen Tätigkeit hat, kann sich bei Knut Binnewerg unter 40 22 57 melden.