Mülheim. . Handlauf und Fahrradrampe am Ende des Radschnellweges in Mülheim sind eigenwillig gestaltet: Ist das Kunst oder schlechtes Handwerk? Eine Satire.

Was ist das? Das mögen sich Radler und Fußgänger bei der Betrachtung der nagelneuen Rampe zum Radschnellweg 1 an der Bergstraße erstaunt fragen. Dem hiesigen Kunstmuseum ist dieses jüngst wiederentdeckte Kleinod der Bildhauerei im öffentlichen Raum noch gänzlich unbekannt. „Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit handelt es sich aber weder um ein abstraktes Werk noch um die Nachbildung neugotischer Spitzbögen“, wird es inzwischen aus kunsthistorischen Expertenkreisen kund.

Der WAZ-Leser und pensionierte Bauingenieur Bernhard Schoppmeier entdeckte das Verwunderwerk deutscher Baukunst entlang des Aufgangs. Gänzlich ohne jede Müh’ und Anmut jedenfalls, strebt ein „Handlauf“ auf beiden Seiten des Aufgangs in faszinierend ungleichen Knicken und Wölbungen seinem wohlverdienten Ende auf der ehemaligen Bahntrasse entgegen. Der Verwaltung ist dies noch gar nicht aufgefallen. „Die Abnahme der Teilstrecke des RS1 ist noch nicht erfolgt“, teilt ein Stadtsprecher in gewohnter Sachlichkeit mit.

„Symmetrie ist die Ästhetik der Einfältigen“

Mögen die Unwissenden unken und das Gebilde als simplen, und doch völlig missratenen Handlauf entwürdigen, als mediokres Handwerk eines einäugigen Gimpels oder gar einer Fachkraft, der für eine gerade Linie einfach die Schnur oder der rechte Promillespiegel fehlte.

„Symmetrie ist die Ästhetik der Einfältigen“, hält Mülheim solch elitärem Bildungsadel die zittrige Faust des unterzuckerten Arbeiters entgegen. Sollen wohlfeile Bauten doch in Oberhausen hausen.

Das hier ist nicht Slinkys kunterbunte Spirale zum Ruhm, sondern Mülheims anthrazitfarbene Achterbahnfahrt in die Glückseh-ligkeit. Und so ganz nah bei der einäugigen Camera Obscura.

Achterbahn ins Dunkle

Vielleicht sollte der Aufgang in Anlehnung so benannt werden: Rollercoaster to Obscurity – also Achterbahn ins Dunkle. „Wenn man einen Fehler macht – okay“, drückt auch Bernhard Schoppmeier ein Auge zu, vermutet aber: „Mülheim bleibt wieder darauf hängen.“ Er findet, die Stadt sollte diese handwerkliche Arbeit nicht abnehmen.

Wäre ja auch noch schöner, denn abgenommen werden hier vielleicht noch Arme und die Grundsteuer. Aber doch nicht Geländer auf diesem Gnadenhof für Metallschrott und ramponierte Paternoster, der sich zu Recht einmal mehr „Rad schnell weg“ nennt.