Mülheim. . Staatsanwaltschaft fordert im Fall des getöteten Babys für den Vater neun Jahre und neun Monate Gefängnis. Anwalt für Strafe unter fünf Jahren.
Im Verfahren gegen einen 23-jährigern Mülheimer, der sich für die Tötung seines acht Monate alten Babys verantworten muss, schloss die 5. Große Strafkammer des Landgerichts Duisburg am Dienstag die Beweisaufnahme. Der Staatsanwalt forderte für den Angeklagten wegen Totschlags neun Jahre und neun Monate Gefängnis.
Nachdem der Angeklagte am voraus gegangenen Verhandlungstag gestanden hatte, dem kleinen Mädchen die tödlichen Kopfverletzungen durch mehrere Faustschläge beigebracht zu haben, näherte sich der Prozess am vierten Verhandlungstag recht schnell seinem Ende. Polizisten berichteten, dass der 23-Jährige, der ihnen noch die Version von einem Unfall aufgetischt hatte, verzweifelt reagierte, als ihm die Ärzte im Essener Klinikum den Tod der Tochter mitteilten. „Er schrie: Gott, warum hast Du mir mein Kind genommen?“, erinnerte sich ein Zeuge.
Übergriff als Unfall dargestellt
Eine psychiatrische Sachverständige hatte bei dem Angeklagten keine Hinweise auf schwerwiegende psychische Beeinträchtigungen gefunden. Auch der vom 23-Jährigen angegebene Drogenkonsum - am Tattag will er eine Tablette Ecstasy und Cannabis genommen haben - ändere nichts an seiner Schuldfähigkeit. So habe sein Verhalten nach der Tat – der Mülheimer hatte noch versucht, das Kind zu retten, und den Übergriff als Unfall dargestellt - logisches und zielgerichtetes Handeln bewiesen, so die Gutachterin.
Der Staatsanwalt hatte in seinem Schlussvortrag keinen Zweifel daran, dass der Angeklagte zumindest mit bedingtem Vorsatz handelte: „Wer mit der Faust derart massiv auf den sensibelsten Körperteil eines acht Monate alten Kindes einschlägt, nimmt dessen Tod zumindest billigend in Kauf.“ Und daran, dass der Angeklagte mit größter Gewalt zuschlug, ließen die Verletzungen keinen Zweifel. „Selbst erfahrene Gerichtsmediziner haben uns gestanden, dass sie so etwas bei so einem kleinen Kind noch nie gesehen hätten.“
Brutalität gegen ein so schutzbedürftiges Wesen
Allerdings gestand der Anklagevertreter dem 23-Jährigen zu, an diesem Abend überfordert gewesen zu sein. „Er döste auf der Couch, als das Kind zu schreien begann und er konnte es nicht beruhigen.“ Während die selbst unter Drogen stehende Mutter des Kindes auf die Bitte ihres Lebensgefährten, ihm zu helfen, nicht reagierte, habe der Angeklagte die Nerven verloren. „Es war ein einmaliges Versagen.“ Jedenfalls gebe es keine Beweise dafür, dass der 23-Jährige jemals zuvor seine beiden Kinder misshandelt habe. Der Staatsanwalt hielt dem Angeklagten auch zu Gute, dass er sich nach den Schlägen um die Rettung seines Kindes bemühte, es selbst ins Krankenhaus fuhr. „Hätte er damit Erfolg gehabt und das Kind hätte überlebt, würden wir über einen strafbefreienden Rücktritt vom versuchten Totschlag nachdenken“, gab der Anklagevertreter zu. Doch leider habe das Mädchen nicht überlebt. Und angesichts der Brutalität gegen ein so schutzbedürftiges Wesen komme nur eine deutliche Freiheitsstrafe in Betracht.
Verteidiger plädiert auf Körperverletzung mit Todesfolge
Der Verteidiger forderte, seinen Mandanten lediglich wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu einer Strafe unter fünf Jahren zu verurteilen. „Er wollte, dass das Kind aufhört zu schreien, aber er wollte es nicht töten.“ Gerade das Nachtatverhalten des 23-Jährigen mache das mehr als deutlich. „Und seine ehemalige Lebensgefährtin hat sich, in dem Versuch sich von jedem Verdacht reinzuwaschen, alle Mühe gegeben, den Angeklagten als ein wahres Monster darzustellen.“
„Ich wollte nicht, dass es dazu kommt“, betonte der Angeklagte in seinem letzten Wort. „Ich habe meine Kinder geliebt.“
Urteil am Mittwoch erwartet
>> Das Urteil soll am Mittwoch um 10.30 Uhr in Saal 201 des Landgerichts Duisburg verkündet werden.
Theoretisch hätte die Kammer noch am Dienstag eine Entscheidung verkünden können. Doch angesichts der Tatsache, dass ursprünglich noch vier weitere Verhandlungstage geplant waren, wollten sich die drei Berufsrichter und zwei Schöffen bei der Urteilsberatung nicht selbst unter Zeitdruck setzen.