Mülheim. . Schrottimmobilien sind in Mülheim eher selten. Die Stadtverwaltung kennt nur wenige Fälle. Zehn verwahrloste Gebäude beobachtet man.

Vergammelnde Gebäude, jahrelanger Leerstand sind mehr als nur ein optisches Ärgernis, sie können einen ganzen Stadtteil herunterziehen. In Mülheim sollen solche so genannten Schrottimmobilien jedoch kein Thema sein, behauptet die Verwaltung. Dabei schildern Leser solche „Trading Down“-Effekte immer wieder. Den jüngsten Hinweis gibt Leser Dirk Hammerschmidt auf eine Immobilie am Frohnhauser Weg – „da tut sich seit Jahrzehnten nichts mehr“, sagt er.

Seitens der Stadt ist man zurückhaltend – auch mit Blick auf den Etat: Man habe verschiedene potenzielle Kandidaten im Blick. Echte Schrottimmobilien, die man kaufen müsse, gäbe es aber nicht.

Einige potenzielle Kandidaten im Blick

Dabei gibt das Land NRW derzeit Unterstützung, um Kommunen die Stärkung von abgewirtschafteten Wohnvierteln zu erleichtern: 46 Millionen Euro stellte es 2018 zum Ankauf von Schrottimmobilien zur Verfügung. 20 heruntergekommene Wohnhäuser haben Städte im Ruhrgebiet und Rheinland mit Geld aus dem Modellprojekt erworben, darunter in Dortmund, Hagen, Hamm, Duisburg und Gelsenkirchen. Essen hat es just zum ersten Mal getan: Im Quartier an der Zinkstraße kaufte sie zu Jahresbeginn auf einer Zwangsversteigerung neun Objekte auf, um die umstrittene Häuserzeile abreißen zu können. Ähnlich geht Duisburg mit der „Taskforce Problemimmobilien“ in Marxloh und Hochfeld vor, 55 solcher Immobilien hat sie auf ihrer Liste.

Im Erdgeschoss Fenster zugenagelt

Mülheim machte davon bislang nicht Gebrauch. „Offenbar gehen die allermeisten Hausbesitzer in der Stadt sorgsam mit ihrem Eigentum um“, mutmaßt Planungsdezernent Peter Vermeulen, gut zehn Gebäude in der Stadt würden derzeit beobachtet. Mehr Handlungsmöglichkeiten gäbe es aktuell nicht, sagt Axel Booß, Abteilungsleiter der städtischen Bauaufsicht. Denn die Stadt könne nur dann einschreiten, wenn von einem Gebäude Gefahr ausgehe. Wenn etwa eine Fensterscheibe droht, auf den Gehweg zu fallen. In einem Fall hatte die Stadt veranlasst, die Fenster in einer Erdgeschosswohnung zuzunageln. Solche Maßnahmen haben jedoch Seltenheitswert.

„Eigentum verpflichtet!“, heißt es im Grundgesetz. „Jeder Eigentümer hat das Recht, seine Immobilie vergammeln zu lassen“, bedauert jedoch Booß. Das Städtebaurecht gäbe zwar der Kommune die Möglichkeit, „die Beseitigung der Missstände durch ein Modernisierungsgebot und die Behebung der Mängel durch ein Instandsetzungsgebot anzuordnen“, zitiert der Mann von der Bauaufsicht. Doch gleichzeitig sei die Regelung ein „zahnloser Tiger“, weil zum einen nur wenige Kommunen über die Mittel verfügen, in Vorkasse für die Maßnahmen gehen zu können.

Regelung ist ein „zahnloser Tiger“

Zum anderen sei es fraglich, ob die Stadt die Kosten anschließend beim Eigentümer zurückholen könne, denn die Kosten muss dieser dem Gesetz nach nur soweit tragen, wie er sie „durch eigene oder fremde Mittel decken und die sich daraus ergebenden Kapitalkosten sowie die zusätzlich entstehenden Bewirtschaftungskosten aus Erträgen der baulichen Anlage aufbringen kann“. Booß’ Fazit: „Der Paragraph wird selten angewendet.“

>>Planungsdezernent Peter Vermeulen wäre dafür, dass „die Stadt solche Gebäude saniert oder abreißt und neu baut, wo auch immer es möglich ist. Ich hoffe, dass wir das mit einer Stadtentwicklungsgesellschaft auch tun.“ Er glaubt außerdem, dass für solch ein Vorgehen politische Mehrheiten im Rat gefunden werden könnten.

Welche Gebäude die Stadt ins Auge gefasst hat, sagt sie nicht. Man will die Eigentümer nicht an den Pranger stellen, gesprächsoffen bleiben. Wesentlicher aber sind wohl die Folgen öffentlicher Debatten: Man möchte nicht, dass Eigentümer darauf spekulieren, ihre vergammelten Immobilien durch Steuergelder der Stadt teuer verkaufen zu können.