Mülheim. . Der Bürgerliche Aufbruch Mülheim (BAMH) scheitert mit dem Versuch, dem Theater an der Ruhr die Subventionen zu streichen – und erntet Kritik.
Das Theater an der Ruhr kann sich freuen: Eine große Mehrheit des Stadtrates hält auch in der aktuellen Finanznot schützend die Hand über die Kulturstätte am Raffelberg. Weitere Kürzungen soll es dort nicht geben. 3,2 Millionen erhält das Theater jährlich an Subventionen. Und es ist, so Bürgermeisterin Margarete Wietelmann (SPD), gut angelegtes Geld. Das Theater sei weit mehr als nur eine angesehene Kulturstätte. „Es ist auch eine wichtige Bildungseinrichtung für unsere Kinder.“
In dem eindeutigen Votum für die weitere Subventionierung des Hauses schwang auch eine gewisse Empörung über den Bürgerlichen Aufbruch Mülheim (BAMH) mit. Die Fraktion hatte erneut den Antrag gestellt, dem Theater keine Zahlungen mehr zum Ausgleich des erwirtschafteten Verlustes zu leisten. Fraktionschef Jochen Hartmann tat dies ausdrücklich mit Verweis auf die Finanzaufsicht in Düsseldorf.
„Nischentheater“ erzürnte etliche Ratsmitglieder
Deren Vertreter hatte in der Woche zuvor im Mülheimer Ratssaal erklärt, dass die Stadt Mülheim bei über zwei Milliarden Euro Schulden nur noch pflichtige Aufgaben und solche der Gefahrenabwehr erledigen dürfe. „Das Theater ist eine freiwillige Leistung“, sagt Hartmann. Es ist aus seiner Sicht kaum zu vermitteln, dass die Sportvereine angesichts der Krise ihre Gebühren erhöhen müssten, das Nischentheater aber verschont werde.
Der Begriff Nischentheater erzürnte etliche Ratsmitglieder: Den „Besuch der alten Dame“ von Dürrenmatt oder „Othello“ von Shakespeare als Nischentheater zu bezeichnen, sei schlicht eine Bildungslücke, betonte Wietelmann. Kürzungen beim Theateretat, so sieht es auch Markus Püll (CDU), würde viel zerstören, was nicht mehr wieder gut zu machen sei. Einig sind sich alle jenseits des BAMH, dass das Theater an der Ruhr auch in der dichten Kulturlandschaft des Ruhrgebietes eine bedeutende und unverzichtbare Rolle spielt. Wobei die Maßstäbe für Jochen Hartmann nicht mehr nachzuvollziehen sind: „4000 Euro für das Ledermuseum sind nicht aufzubringen, aber 3,2 Millionen für das Theater?“ Die BAMH bleibt dabei: Der desaströse Haushalt, der nur über Steuererhöhungen genehmigungsfähig ist, erfordere auch unpopuläre Entscheidungen bei freiwilligen Ausgaben.
Auch die Kultur bleibt beim Sparen nicht verschont
Kultur- und Sportdezernent Ulrich Ernst kritisierte den Bürgerlichen Aufbruch, der den Eindruck erwecke, dass die Kultur verschont bleibe, der Sport dagegen leiden müsse. Dem sei eben nicht so. So seien etwa dem Theater die Zuschüsse zu den Weißen Nächten um 10.000 Euro gekürzt worden, die Stadtteilbibliotheken mussten Personalkürzungen im Wert von 110.000 Euro verkraften, und bei den Kulturbetrieben habe man die doppelt besetzte Amtsleitung aufgegeben, was 100.500 Euro an Einsparung bedeutete, führte Ernst aus und verwies im Gegensatz auf den Sport. Dort müssen Vereine für die Nutzung von Sporthallen höhere Gebühren zahlen: 112.000 Euro macht das im Jahr aus. Ursprünglich waren noch höhere Gebühren vorgesehen. Doch davon rückte die Politik ab.
>>> JAHRESETAT DES THEATERS
Das Theater an der Ruhr wurde 1980 von Roberto Ciulli, Gralf-Edzard Habben und Helmut Schäfer als gGmbH gegründet. Die Stadt Mülheim ist Mitgesellschafter. Das Theater hat einen Jahresetat um die 5,3 Millionen Euro, abhängig auch von Förder- und Projektgeldern und den Mitteln, die erwirtschaftet werden.
Regelmäßig tritt das Ensemble des Theaters auch im Ausland auf. In 50 Ländern gab es bisher Gastspiele, unter anderem in der Türkei, im Iran, im Irak, in Südamerika und im damaligen Jugoslawien.