Mülheim. . Noch hatte der Rat nicht über die Ausschreibung der Ernst-Nachfolge entschieden, da kursiert das Gerücht, es gebe bereits einen Kandidaten.

Darf ein anonymes Schreiben im Stadtrat öffentlich gemacht werden? Jochen Hartmann, der Chef der Fraktion Bürgerlicher Aufbruch Mülheim (BAMH), hat es am Donnerstag getan. Nicht nur er hatte einen Brief in diesen Tagen erhalten, in dem behauptet wird, dass SPD und CDU sich bereits darauf geeinigt hätten, Georg Jöres von der Caritas zum neuen Sozial- und Bildungsdezernenten zu wählen. Stimmt das, wollte Hartmann wissen und erntete bissige Kritik.

Dieter Spliethoff, SPD-Fraktionschef und ein guter Freund von Jöres, nannte das Schreiben den größten Unfug, Inhaltlich sei das Schwachsinn, und dass Hartmann dies auch noch öffentlich mache, beschädige eine Person. Hartmann konterte: Wenn die Personalie zwischen den beiden großen Fraktionen bereits abgesprochen sei, mache es wenig Sinn, jetzt noch über die Ausschreibung für die Dezernenten-Stelle zu diskutieren. Und Hartmann sagte auch, dass es keine Kritik daran gegeben habe, als vor einigen Wochen Kopien aus dem persönlichen Kalender des Oberbürgermeisters öffentlich gemacht worden seien. Die Spitzenfunktion in der Stadtverwaltung muss im Frühjahr neu besetzt werden, da Amtsinhaber Ulrich Ernst in den Ruhestand geht.

„Das sind Fake News, da will jemand Unruhe stiften“

Jöres, der Fachdienstleister für Jugendarbeit und Schule bei der Caritas ist, trifft das anonyme Schreiben und die öffentliche Anfrage dazu im Rat hart. „Das sind Fake News, da will jemand Unruhe stiften. Es gibt überhaupt keine Absprache der Fraktionen zu meiner Person. Mit mir hat niemand gesprochen“, sagte er am Freitag im Gespräch mit dieser Zeitung. Ob er Interesse an der Ernst-Nachfolge hat, ließ er offen.

Nach Auskunft von SPD und CDU soll es eine solche Absprache nicht geben. Hier werde anonym versucht, einem Menschen einen möglichen beruflichen Weg zu verbauen und ihn auch gegenüber seinem jetzigen Arbeitgeber unter Druck zu setzen.

CDU-Fraktionschefin Christina Küsters verwies vor diesem Hintergrund auch auf die Abstimmung im Rat zur sofortigen Ausschreibung der Dezernentenstelle. Wenn es eine Absprache gegeben hätte, so Küsters, „hätten wir wohl zugestimmt“. Die CDU aber zählte wie der BAMH, FDP, MBI und Ratsherr Lutz Zimmermann zu jenen, die eine Ausschreibung zum jetzigen Zeitpunkt ablehnten, aber erfolglos.

FDP will sparen: Stelle ist entbehrlich

Jetzt auszuschreiben, mache im laufenden Diskussionsprozess um eine Arbeitsverteilung im Verwaltungsvorstand keinen Sinn, hieß es bei den Kritikern. Am 10. Januar soll es ein Gespräch zwischen den Fraktionen und dem Unternehmerverband geben, der bekanntlich ein „Zukunftsdezernat Wirtschaft“ einfordert. Küsters ist der Meinung, dass die Stadt mit der Ausschreibung durchaus noch zwei Monate hätte warten können, bis die Diskussion zu Ende geführt sei.

FDP-Fraktionschef Peter Beitz machte deutlich, dass seine Fraktion eine Dezernentenstelle für entbehrlich hält. Zukunftsthemen könne man im OB-Referat bündeln. Vom OB könne man verlangen,. dass dieser auch „fachlich arbeitet“. Beitz kritisiert, dass die Diskussion darüber nun abgeblockt worden sei. SPD-Fraktionschef Dieter Spliethoff entgegnete, man könne das Bildungs- und Sozialdezernat mit seiner Aufgabenfülle nicht Monate lang unbesetzt lassen. OB Ulrich Scholten sagte, trotz Ausschreibung bleibe er „gesprächsbereit“.

Mit Stimmen von SPD, Grünen, Linken, Cevat Bicici und Hasan Tuncer ist nun die Ausschreibung der Beigeordneten-Stelle beschlossen. Zum 1. März – ohne Zeitverzug – soll die Stelle besetzt werden.