Mülheim. . Viele im Rat vermissen in der größten Haushaltskrise der Stadt den Einsatz von Ulrich Scholten. Der widerspricht: Böse Unterstellungen.
Wieder steht der Oberbürgermeister in der Kritik: Jetzt geht es um den Vorwurf, dass er sich bei der Bewältigung der größten Finanzkrise der Stadt seit dem Zweiten Weltkrieg vom Acker gemacht hat. Die CDU-Fraktionschefin wirft ihm Untätigkeit bei der Bewältigung der Haushaltskrise vor. „Herr Oberbürgermeister, wo waren Sie eigentlich in dem gesamten Verfahren.“ Wenigstens den Kopf hätte er mal durch die Tür stecken können, so Christina Küsters.
Hinter der Tür saßen oft bis spät in den Abend Mitglieder aller Ratsfraktionen und Bündnisse und haben sich darüber den Kopf zerbrochen, wie die Stadt bei über zwei Milliarden Schulden handlungsfähig bleiben kann. Als „vollständig unsichtbar“ bezeichnet Tim Giesbert, Fraktionssprecher der Grünen, den OB in der Phase. Dabei schreie die Lage geradezu danach, den Haushalt zur Chefsache zu machen. Am Freitag bezieht auch der Fraktionschef der SPD, Dieter Spliethoff, Stellung: „Quasi als Vater der Stadt hätte er in so einer Situation mal zu seinen Kindern gehen müssen. Der Haushalt ist nicht nur Sache des Kämmerers.“
OB: Haushalt ist vor allem Sache des Kämmerers
Der OB sieht das anders, er widerspricht den Behauptungen. Böse Unterstellungen seien das, die leider in die Zeit passten. Alles, was er mache, werde ihm derzeit als falsch ausgelegt, klagt Ulrich Scholten, der sich über Wochen gegen den Vorwurf der Untreue wehren musste. Derzeit ermittelt noch die Staatsanwaltschaft. Der Haushalt, so Scholten, sei vor allem die Sache des Kämmerers, der sich um das operative Verfahren zu kümmern und dies auch gut gemacht habe. „Ich mische mich auch nicht in Bauplanungen ein, weil es dafür einen guten Dezernenten und ein gutes Team gibt.“
Zum Haushalt habe er sich stets auf dem Laufenden halten lassen und selbst haushaltsrelevante Gespräche unter anderem in Düsseldorf geführt“, erklärt Scholten. Die aktuelle Kritik an ihm hält er für „ziemlich ungewöhnlich“, den Stil für belastend. Er sei jederzeit bereit gewesen, zu den Sitzungen dazuzustoßen, wenn man ihn aufgefordert und gebraucht hätte.
Erstmals wieder ein kleines Plus im Etat 2019
Manche im Rat sind der Meinung, dass sich der angeschlagene OB gerade jetzt durch eine intensivere Teilnahme an den Haushaltsgesprächen hätte wieder etwas profilieren können. Sie verweisen darauf, dass er derzeit sein Amt als Unterbezirksvorsitzender der SPD auch mit der Begründung ruhen lässt, um sich mehr um die Sorgen und Nöte der Stadt zu kümmern.
Zehn Sitzungen eines Arbeitskreises zum Haushalt hat es gegeben. Der Rat hatte am Donnerstagabend den Haushalt 2019 beschlossen. Dieser sieht jetzt – auch wegen deutlicher Steuererhöhungen – 839 Millionen Euro an Erträge und 833 Millionen an Aufwendungen vor. Zum ersten Mal ein kleines Plus. SPD, CDU (ohne Ratsherrn Eckart Capitain) und Grüne haben den Haushalt beschlossen.
Empörung in den sozialen Netzen
In den sozialen Netzwerken ernten sie bereits heftige Kritik.Vor allem wegen der Steuererhöhungen werden sie zum Teil heftig beschimpft. Das sei zu erwarten gewesen, sagt Dr. Franziska Krumwiede-Steiner, Fraktionssprecherin der Grünen, und kann den Unmut auch nachvollziehen. Aber es habe nun mal zu den unpopulären Entscheidungen keine Alternative gegeben. Mit den Menschen reden, Entscheidungen erklären – das wollen alle drei Fraktionsvorsitzenden. Vor ihnen liegt, das betonen sie, ein weiteres Stück harte Arbeit. Im nächsten Jahr muss der Umbau des hochdefizitären ÖPNV angegangen werden. Auch das, das wissen sie, werde mit unpopulären Entscheidungen einhergehen wie die Aufgabe von Fahrrouten.
Der OB wollte den ÖPNV zu einem seiner Schwerpunkte machen. Wird er erwartet? „Wir brauchen ihn nicht mehr“, sagt Franziska Krumwiede-Steiner und lobt die gute Zusammenarbeit zwischen CDU, SPD und Grünen. Auch das gab es schon lange nicht mehr.
>> DIE GROSSE AUFGABE FÜR 2019: DER ÖPNV
Die Mülheimer Politik steht 2019 vor der großen Herausforderung, den ÖPNV umzubauen. Ab 2021 und in den folgenden Jahren sollen deutlich Abstriche gemacht werden. Diese sollen der Stadt zunächst zwei, dann vier und letztlich sieben Millionen Euro im Jahr 2023 einbringen.
Zusätzlich wollen die Fraktionen alle Standards, auch bei den sozialen Leistungen, überprüfen.