Mülheim. . CDU, Grüne und der Bürgerliche Aufbruch Mülheim werfen dem OB Untätigkeit vor. Rat beschließt Haushalt 2019 mit kräftigen Steuererhöhungen.
Mit den Stimmen von SPD, CDU und Grünen hat der Stadtrat am Donnerstagabend den Haushalt für das kommende Jahr beschlossen. Dieser sieht unter anderem eine deutliche Erhöhung der Grundsteuer B vor, die im Städtevergleich einen Spitzenplatz einnimmt. Auch sollen weitere Stellen in der Stadtverwaltung abgebaut werden. In der gut zweistündigen Etatdebatte wurde mehrfach die miserable Finanzlage mit über zwei Milliarden Euro Schulden beklagt. Im Jahr 2020 sollen jetzt aber die Ausgaben die Einnahmen nicht mehr übersteigen.
Vertreter aller politischen Fraktionen und Bündnisse forderten unter anderem, dass Bund und Land den hoch verschuldeten Kommunen wie Mülheim mehr helfen müssen. Nach wie vor würden Aufgaben auf die Städte abgewälzt, aber ihnen nicht die nötigen Finanzmittel dafür zur Verfügung gestellt.
SPD-Fraktionschef: Gestaltungsspielraum bleibt kaum
„Aus eigener Kraft kommen wir aus dieser Situation nicht mehr heraus“, sagte Dieter Spliethoff (SPD) und sieht die kommunale Selbstverwaltung am Ende. Gestaltungsspielraum bleibe den Politikern kaum noch. Der Mangel müsse nur noch verwaltet, Steuern müssten erhöht werden, um Schulen zu sanieren, und jedes Jahr täten sich neue Löcher auf. Spliethoff fürchtet, dass es künftig immer schwieriger für Parteien werden dürfte, unter diesen Bedingungen noch ehrenamtliche Politiker zu finden.
Ungewöhnlich scharf griffen CDU, Grüne und der Bürgerliche Aufbruch Mülheim (BAMH) in der Etatdebatte Oberbürgermeister Ulrich Scholten (SPD) an. Die CDU warf ihm gar Arbeitsverweigerung vor. Die Haushaltsanierung einer Stadt mit der höchsten Pro-Kopf-Verschuldung im Land sei Chefsache, betonte Christina Küsters (CDU). Doch nicht ein einziges Mal habe Scholten sich in den vergangenen Monaten in den Arbeitskreisen dazu blicken lassen, während die Fraktionen bis in die Nacht nach Lösungen suchten. „Sie haben nicht einmal den Kopf durch die Tür gesteckt, um sich nach dem Stand der Dinge zu erkundigen.“
OB Scholten ging auf schwere Vorwürfe nicht ein
Auch die nötigen Finanzgespräche in Düsseldorf mit der Bezirksregierung, so Küsters, hätten andere für den OB führen müssen. Selbst als der Präsident der Gemeindeprüfungsanstalt in Sachen Haushalt im Rathaus weilte, habe der OB nicht einmal das Gespräch mit ihm gesucht, warf die CDU-Fraktionschefin Scholten vor. Der hörte sich die Klagen schweigend an, nahm dazu später keine Stellung. „Ihrer Verantwortung für die Stadt Mülheim und ihrer Bürger sind Sie in dieser Beziehung in keiner Weise nachgekommen“, so Christina Küsters.
Die Grünen sehen es ähnlich: Statt die katastrophale Finanzlage der Stadt zur Chefsache zu machen, habe man den OB vermisst. „Sie sind in dieser Angelegenheit leider vollständig unsichtbar, wenn nicht sogar untätig geblieben“, beklagte Tim Giesbert (Grüne). Eben diese Untätigkeit warf auch Jochen Hartmann (BAMH) dem OB vor. Er hält Scholten in Sachen Wirtschaftsförderung gar ein Desinteresse vor. „Mülheim verkommt zu einer Stadt des Stillstandes.“
Einig ist der Stadtrat sich darin, dass der ÖPNV eine durchgreifende Sanierung benötigt. Jährliche Verluste von 30 Millionen Euro und das bei einem Angebot, das zunehmend bei den Bürgern auf Kritik stößt, will keiner länger hinnehmen.
>> DER HAUSHALT 2019
Der Haushalt für das kommende Jahr sieht Erträge in Höhe von 339 Millionen und Aufwendungen von 833 Millionen Euro vor. Der Gesamtbetrag der Kredite für Investitionen wird auf 40,4 Millionen Euro festgesetzt.
Der Rat beschloss eine Erhöhung der Grundsteuer B um 250 auf 890 Prozentpunkte. Dies bedeutet eine jährliche Einnahmenverbesserung von 12,35 Millionen Euro, im Jahr 2019 sogar von 16,2 Millionen.