Mülheim. Ob auf Autobahnen oder in Zügen der Deutschen Bahn, „Mühlheim“ ist eine häufige Schreibweise. Auch vor Ort sind zahlreiche Schilder fehlerhaft.

Eigentlich wäre das ebenso falsche wie überflüssige „h“ in Mü-h-lheim kein großes Problem – in der gleichklingenden Kleinstadt am Main sogar vollkommen richtig. Und mancher Mülheimer Kommentator nutzt das „h“ an falscher Stelle sogar für einen satirischen Seitenhieb gegen eine zähflüssige Politik und Verwaltung: Müh-leim.

Das „h“ ist einer der zehn häufigsten Buchstaben in deutschen Texten. Doch den Mülheimer an der Ruhr schüttelt der missplatzierte Konsonant in Mark und Habitus wie die berühmte, aber unter Kennern ebenso verachtete Scheibe Zitrone in James Bonds Martini. „Ich habe dafür schon eine Antenne entwickelt“, sagt Stadtsprecher Volker Wiebels über den achten Buchstaben im Alphabet.

"Herzlich Willkommen im Rhein-Ruhr-Zentrum Mühlheim"

Denn das Malheur mit dem doch unhörbarem „h“ taucht immer wieder auf. Selbst an Stellen, wo man es besser wissen müsste. Das Rhein-Ruhr-Zentrum begrüßte seine Gäste mit „Herzlich Willkommen im Rhein-Ruhr-Zentrum Mühlheim“, auf dem HRW-Hochschulcampus verwies ein Hinweisschild der Stadt „Mühlheim“ auf die Feuerwehrzufahrt. Auch die Deutsche Bahn fügte ihrem ICE „Mühlheim“ den entscheidenden Buchstaben zuviel zu. Und ein Autobahnschild an der B 223 zeigte 2010 von Dortmund aus nach „Mühlheim a.d. Ruhr“.

Eine Detailaufnahme: „Mühlheim“ steht auf dem Kunstwerk. Ein Fehler, der der Öffentlichkeit sechs Jahre lang verborgen blieb.
Eine Detailaufnahme: „Mühlheim“ steht auf dem Kunstwerk. Ein Fehler, der der Öffentlichkeit sechs Jahre lang verborgen blieb. © Udo Gottschalk

Es gibt also viele Möglichkeiten ein „h“ in der Buchstabensuppe zu finden. Der neueste Streich in dem langen Martyrium des „dissonanten“ Konsonanten ist eigentlich schon vor sechs Jahren angelegt worden. Nur fiel es Leser Dietmar Mollik erst neulich auf, als er über den Synagogenplatz spazierte. Die 2012 erstellte Bodeneinlassung „Engel der Kulturen“ zeigt den Engel als religiöses Symbol, der das Kreuz, die Sichel und den Davidstern miteinander verbindet. Die Künstler Gregor Merten & Carmen Dietrich hatten diesen Engel erst als rollende Skulptur entwickelt. Schöne Sache, wäre darunter nicht die verhängnisvolle Gravur gemeißelt worden: „Mühlheim Ruhr“. Schirmherrin der kulturverbindenden Intarsie ist die damalige Oberbürgermeisterin Dagmar Mühlenfeld gewesen – fiel es ihr nicht auf? Stadtsprecher Volker Wiebels verweist auf den evangelischen Kirchenkreis.

Mindestens sechs Augen haben den Fehler übersehen

Den überflüssigen Buchstaben der Alt-OB allein in die Schuhe zu schieben, wäre auch ungerecht. Denn der Lapsus ist an sechs Augen vorbeigegangen, wie ein Kirchenbericht verrät: „Superintendent Helmut Hitzbleck und Stadtdechant Michael Janßen sprachen ein gemeinsames Friedensgebet. Gemeinschaftlich hatten die Geistlichen die Skulptur auf dem Boden abgelegt, das Innere des Rades mit Quarzsand gefüllt und so dem Engel eine Form gegeben.“

Warum ist das „h“ so ein Stolperstein?

Stadtarchivdirektor Dr. Kai Rawe sagt, der Stadtname Mülheims verweise von seiner Historie und Wortherkunft auf das „Heim der Mühlen“. Städte wie Köln (früher Cölln) oder Moers (früher Mörs) haben eine Entwicklung in der Schreibweise durchgemacht wie die Ruhrstadt, die mal Mulinhem oder Mölm geschrieben wurde.

Eine einheitliche Schreibweise ist eine „Erfindung“ der Neuzeit, auch darauf weist Rawe hin.