Mülheim. . Nicht rauchen oder viel essen, aber viel bewegen. Beim WAZ-Medizinforum im Ev. Krankenhaus in Mülheim ging es um die Frage: Wie lebe ich gesund?

Gut, es gibt die Gene, es gibt die Ärzte, aber was können wir selbst im Alltag noch tun, um möglichst lange gesund zu leben? An Informationen mangelt es nicht. Allein zum Thema gesunde Ernährung findet man im Internet gut 40 Millionen Einträge. Nahezu täglich kommen sogenannte Studien auf den Markt, die uns sagen wollen, was wir tun oder besser lassen sollten. Doch was ist davon zu halten, auf was kommt es an? Prof. Dr. Feraydoon Niroomand, Chefarzt der Kardiologie im Evangelischen Krankenhaus, zeigte beim WAZ-Medizinforum am Mittwochabend auf, dass es nur einige wenige Dinge sind, die viel zur Gesundheit beitragen und das Leben verlängern können.

„Beachten Sie drei Dinge, dann können Sie schon an die 80 Prozent möglicher Schäden ausschalten“, sagt Niroomand: Rauchen Sie nicht! Essen Sie wenig! Bewegen Sie sich möglichst viel! Beim Essen kann man aus seiner Sicht nur zwei Dinge falsch machen: „Sie essen zu viel und zu einseitig.“ Der Chefarzt plädiert für Vielseitigkeit – und für Genuss. Dieser setzt allerdings auch Knappheit voraus. Nicht umsonst seien schließlich die Teller bei Sterne-Köchen eher spärlich gefüllt. Konsequentes Maß halten, das gelte auch beim Alkohol. Generell sei Alkohol Gift, auch in kleinen Mengen.

Nahrungsergänzungsmittel unnötig

Was wir alle nicht benötigen, sind Nahrungsergänzungsmittel. Niroomand verweist auf klinische Studien, wonach die vielen zusätzlichen Vitaminpräparate oder Präparate wie Selen keinen Effekt haben, Antioxydanzien könnten sogar tödlich wirken. Unterm Strich – rausgeworfenes Geld. Hier wirke ein Placeboeffekt. Heißt: Der Mensch glaubt, es gehe ihm besser, wenn er etwas zu sich nimmt. „Wir haben bei unserem heutigen Ernährungsangebot keinen Mangel an irgendwelchen Stoffen.“

Grundsätzlich sind wir, was gesundes Leben angeht, gar nicht so schlecht unterwegs. „Wir machen schon vieles richtig“, sagt Niroomand. Der Alterungsprozess an sich lasse sich nicht ausschalten: Die Haut werde nun mal faltiger, die Hormone werden weniger, die Prostata vergrößert sich, die Haare verschwinden, die Gelenke werden steifer, die Augen und Ohren lassen nach. Dennoch: Die Lebenserwartung hat sich in unseren Regionen in den vergangenen 100 Jahren fast verdoppelt. Frauen haben heute eine durchschnittliche Lebensdauer von 82,7 Jahren, Männer liegen fünf Jahre darunter. Künftige Generationen werden noch mehr Jahre erleben können.

Enorme Fortschritte

Natürlich spielt dabei auch der medizinische Fortschritt eine Rolle: Gerade bei der Behandlung von Herz- und Gefäßerkrankungen seien enorme Fortschritte erzielt worden, betont Niroomand. Die Sterblichkeit konnte hier um drei Viertel gesenkt werden. Trotzdem stehen weiterhin Herz- und Kreislauferkrankungen an erster Stelle bei den Todesursachen, gefolgt von Lungenleiden und Krebs.

Als „Krankmacher Nummer 1“, bezeichnet der Chefarzt den Bluthochdruck. Weltweit sei das der größte Risikofaktor. Die Anfälligkeit, einen Schlaganfall zu bekommen, steige mit zunehmenden Blutdruck deutlich an. „Haben Sie ein Auge auf Ihren Blutdruck“, lautet denn auch seine Bitte und Warnung zugleich.

Heute gilt: Der obere Wert sollte möglichst nicht die 120 übersteigen. 130 werden noch toleriert. Danach sollte gehandelt werden. Bei einzelnen Patienten, so Niroomand, müsse jedoch auch ein höherer Wert in Kauf genommen werden, weil diese beim starken Absenkendes Blutdrucks andere Probleme bekämen. In gewissem Maße ließe sich der Blutdruck auch durch Lebenstilveränderungen senken. Bewegung gehört dazu.

Bewegung in den Alltag einbauen

Mehr bewegen bedeutet nicht unbedingt gleich Sport. „Fahren Sie mit dem Rad, laufen Sie die Treppen, arbeiten Sie im Garten.“ Es gehe darum, Bewegung im Alltag einzubauen.

Niroomand ermuntert die Besucher des Medizinforums auch, gegenüber der Flut an Studien und Empfehlungen eine gewisse Skepsis zu haben. Um wirklich sichere Erkenntnisse in der Medizin zu gewinnen, gebe es klare Spielregeln für klinische Studien, die eingehalten werden müssen. Ziel ist es dabei, ursächliche Zusammenhänge zu ermitteln. Viele gesundheitliche Empfehlungen basierten jedoch auf Assoziationen und hätten damit keine fundierte Aussagekraft.

>>> WAZ-Medizinforen gibt es seit zwölf Jahren

Seit 2006 führt die WAZ-Lokalredaktion regelmäßig Medizinforen durch, jeweils vier im Jahr. Zu Gast sind wir dabei abwechselnd im Evangelischen Krankenhaus und im Marien-Hospital. Die Foren sollen aufklären, aber auch unseren Leserinnen und Lesern die Chance geben, Experten zu befragen. Zugleich dient die Reihe dazu, das vielfältige medizinische Angebot der Kliniken vorzustellen.