Essen. Nahrungsergänzungsmittel sollen dem Körper Vitamine und Mineralstoffe geben, aber sind meist unnötig. Die Wirksamkeit bleibt ungeprüft.

Das Frühstücksbrot ist gegessen, fehlt nur noch die Vitamintablette, und dann ist der Körper gut versorgt. So denkt eine Vielzahl der Deutschen und greift daher vermehrt zu Nahrungsergänzungsmitteln, um zusätzlich Vitamine und Mineralstoffe aufzunehmen. Eine Forsa-Umfrage ergab, dass fast jeder dritte Deutsche zu einem oder mehreren Mitteln greift. 2016 kauften die Deutschen Nahrungsergänzungsmittel im Wert von 1,12 Milliarden Euro, wie das Martforschungsinstitut IMS Health berichtet. Dann muss an den Mitteln was dran sein oder?

Das sagen die Ernährungsexperten

Klaus Gerling, Ernährungsberater in Menden, hat eine ganz klare Meinung: „Das ist meist Unsinn. Die Mittel wecken viele Hoffnungen, aber diese werden nicht eingehalten.“ Die Gesetzgebung macht es den Herstellern leicht, weil kein Wirkungsnachweis erforderlich ist. Die Nahrungsergänzungsmittel dürfen lediglich nicht schädlich sein. Bei Medikamenten sieht die Gesetzgebung hingegen mehrere Zulassungsverfahren vor.

Im Rahmen des Zulassungsverfahrens werden vom Arzneimittelhersteller eingereichte Unterlagen zur pharmazeutischen Qualität, therapeutische Wirksamkeit und Unbedenklichkeit des Arzneimittels durch Arzneimitelbehörden überprüft. Die Angaben der Unterlagen werden durch Inspektionen vor Ort kontrolliert.

Verbraucherschutz schaltet sich ein

Im Rahmen des gesundheitlichen Verbraucherschutzes werden Nahrungsergänzungsmittel stichprobenartig überprüft. Das heißt, es werden Proben entnommen. Wenn dabei Produkte auffällig sind, werden sie aus dem Verkehr gezogen.

So kann zum Beispiel bereits ein Verstoß gegen bestimmte Kennzeichnungsvorschriften, wie eine fehlende Angabe von allergieauslösenden Stoffen, zu einem Rückruf des Produktes führen.

"Im Wesentlichen werden Lebensmittel immer dann - begleitet von öffentlichen Warnungen - aus dem Verkehr genommen, wenn sie die Gesundheit der Verbraucher beeinträchtigen können. Im Fall von Nahrungsergänzungsmitteln ist das zum Beispiel dann der Fall, wenn sie Substanzen enthalten, die die Gesundheit nachteilig beeinflussen", erklärt Tanja Albrecht, Pressesprecherin für das Verbraucherministerium NRW.

Internethandel im Visier

Eine kontinuierliche Überwachung des Internethandels mit Nahrungsergänzungsmitteln findet laut Verbraucherschutz ebenfalls statt.

Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit überwacht über die Zentralstelle "G@zielt" Onlinehändler, die Lebensmittel anbieten. Die Händler müssen sich in ihrem Kreis oder ihrer Stadt registrieren. Ab diesem Moment findet die Überwachung statt und über ausgestellte Qualitätssiegel kann der Käufer sicher sein, dass der Händler kein Risiko für den Kunden darstellt.

Leere Versprechungen der Hersteller

Die Überprüfung klärt aber nicht, ob die Präparate auch halten, was sie versprechen. „Das geht dann so weit, dass manche Mittel behaupten, verschiedenste Symptome oder Krankheiten heilen zu können, wie Müdigkeitserscheinungen oder Übergewicht, was natürlich nicht der Fall ist“, weiß Gerling. Ein großes Problem geht seiner Meinung nach auf die Konsumenten zurück, die davon ausgehen, dass bei ihnen ein Vitamin- oder Mineralienmangel vorliegt. Das sei aber fast nie der Fall.

"Das Marketing der Mittel erklärt den Leuten, sie seien erschöpft und bräuchten daher diese und jene Ergänzung. Dann suchen die Konsumenten einen Mehrwert und kaufen die Nahrungsergänzungsmittel", sagt Gerlin.

Die Mittel haben daher vor allem eine psychologische Wirkung. „Man kauft ein Lebensgefühl und versucht die Essgewohnheiten auszugleichen“, so der Ernährungsberater. Außerdem ist der Körper nicht in der Lage überschüssige Vitamine und Mineralstoffe zu speichern. Stattdessen scheidet der Körper die Stoffe aus.

Das müssen Sie bei Nahrungsergänzungsmitteln beachten

Den Arzt mit einbeziehen

Sprechen Sie mit Ihrem Arzt. Er kann prüfen, ob Ihnen Nährstoffe fehlen. Er kennt Ihre Vorerkrankungen, weiß welche Medikamente Sie einnehmen und kann mögliche Wechselwirkungen von Nahrungsergänzungsmitteln mit diesen Medikamenten berücksichtigen.

Weitere Optionen in Betracht ziehen

Denken Sie über Alternativen nach. Bei einer Nährstoffunterversorgung reicht es oft, die eigenen Gewohnheiten umzustellen. Statt Kapseln hilft mitunter eine veränderte Ernährung.

Dosierungen beachten

Achten Sie auf die empfohlene maximale Tagesdosis. Hersteller sind verpflichtet, die empfohlene Portion pro Tag anzugeben. Eine zu hohe Menge kann Beschwerden, wie Übelkeit, Kopfschmerzen und Durchfall verursachen.

Von Hause aus überdosiert

Vorsicht vor überdosierten Inhaltsstoffen. Die Verbraucherzentrale gibt an, dass 64 Prozent der Produkte überdosiert sind. Viele Produkte enthalten außerdem Vitamine und Mineralstoffe in ungünstigen Kombinationen, die sich gegenseitig behindern.

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Trotz Kenntnis eingenommen

Diese Wirkung kennt auch Susanne Rolker, Ernährungsberaterin an den Kliniken Essen-Mitte. Auch sie weiß, dass Nahrungsergänzungsmittel meist nicht helfen, dennoch greift sie zu Magnesium, um Muskelkrämpfen nach dem Sport vorbeugen zu können. „Ich weiß aber auch, dass es präventiv nichts bringt. Es beruhigt aber irgendwie“, sagt sie.

Dabei gibt es aber auch Mittel, die eine Wirkung erzielen. „80 bis 90 Prozent der Deutschen leidet an einem Vitamin D Mangel. Hier könnten Ergänzungen oder aber bestimmte Lebensmittel helfen, aber eine Blutuntersuchung sollte das Ausmaß klären, und ein Arzt würde dann Medikamente verschreiben und keine Nahrungsergänzungsmittel“, erklärt Rolker.

Gleiches gilt auch für Frauen, die durch ihre Menstruation viel Eisen verlieren und das ausgleichen möchten. Auch die Einnahme von Folsäure während der frühen Schwangerschaft macht laut Verbraucherschutz durchaus Sinn.

Möglichkeiten den Vitamin D Mangel mit Lebensmitteln auszugleichen, gibt es zum Beispiel durch Fettfische, wie Lachs und Hering. Pilze und Avocados sind pflanzliche Lebensmittel, die reich an Vitamin D sind.

Die Einnahme wird gecheckt

Bei der Einnahme der Präparate müssen mehrere Dinge beachtet werden. Auf den Packungen stehen empfohlene Höchstmengen, um eine Überdosierung zu vermeiden. Sie gelten aber nur für Erwachsene. Wer den eigenen Kindern eine Ration geben möchte, sollte vorher abklären, welche Menge gesundheitlich unbedenklich ist. Die Folgen lassen sich meist erst nach vielen Jahren feststellen. Dazu gehören beispielsweise starke Nierenschädigungen.

Auch die Wechselwirkung mit Medikamenten muss dringend beachtet werden. Da die Hersteller keine Prüfungen übernehmen, empfiehlt es sich, den Arzt um Rat zu fragen, bevor die Wirkung der Medikamente im schlimmsten Fall aussetzt.