Mülheim/Bottrop. Prof. Dr. Susanne Staude hat die Amtsgeschäfte von Prof. Dr. Gudrun Stockmanns übernommen. Die Wahl des neuen Präsidiums dauert wohl bis 2020.
Auch wenn die Stelle der Präsidentin an der Hochschule Ruhr West nach dem Weggang von Prof. Dr. Gudrun Stockmanns offiziell nicht besetzt ist – ohne Führung ist die HRW nicht. Vizepräsidentin Prof. Dr. Susanne Staude (48) steht an der Spitze, leitet die Amtsgeschäfte bis das langwierige Verfahren zur Wiederwahl eines Chefs, einer Chefin beendet ist. Sie führt nicht allein, agiert gemeinsam mit Helmut Köstermenke und Prof. Dr. Oliver Koch.
Wie kommen Sie als Trio zurecht? Steht man sich in einer solchen Konstellation auch mal im Weg?
Staude: Nein, wir haben eine gute Ebene der Zusammenarbeit gefunden. Oliver Koch ist weiter zuständig für Forschung und Transfer, kümmert sich um Kontakte zu den Unternehmen und zum Förderverein. Kanzler Helmut Köstermenke ist Chef der Verwaltung und der Finanzen. Ich bin Repräsentantin der Hochschule und thematisch vor allem mit der Weiterführung unserer Strategie und den Belangen aus Studium und Lehre beschäftigt. Wir haben unterschiedliche Blickwinkel, ergänzen uns aber hervorragend.
Sieht Ihr Umfeld das ähnlich positiv?
Ich glaube schon. Wir haben großen Rückhalt aus der Hochschule. Die Leitungsebene möchte, dass wir weitermachen. Dezernenten, Dekane und Prodekane unterstützen den Kurs ideell und organisatorisch.
Warum ist Frau Prof. Stockmanns eigentlich gegangen? Gab es Unstimmigkeiten?
Großartige Differenzen gab es nicht. Auch keine sachlichen Gründe, die dazu geführt hätten, dass sie gehen wollte. Oder dass wir gewollt hätten, dass sie geht. Es waren persönliche Gründe: Sie wollte an ihre alte Hochschule zurück. Ich vertrete sie schon länger, da sie im Frühsommer ja krankheitsbedingt über längere Zeit abwesend war.
Die Wahl des Präsidenten ist aufwendig: Die eigens eingerichtete Hochschulwahlversammlung aus Mitgliedern des Senats und des Hochschulrates sieht sich alle Kandidaten an, entscheidet dann in mehreren Wahlgängen. Die Stelle soll Mitte 2019 ausgeschrieben werden, im November soll gewählt werden. Voraussichtlich im März 2020 startet der neue Chef, die neue Chefin. Geht es an der Hochschule bis dahin überhaupt voran?
Unbedingt! Wir werden bis zum Einsetzen des neuen Präsidiums ja nicht nur verwalten. Wir wollen die Hochschule weiterentwickeln.
Was konkret haben Sie vor?
Wir wollen zum Beispiel die digitale Verwaltung einführen. Und es geht darum, weitere Forschungsschwerpunkte auf- und auszubauen. Bis jetzt zählen Intelligente Mobilität, Wasserökonomik und Wasserwirtschaft dazu, ebenso Positive Computing und Berührungslose Messmethoden. Auch E-Commerce ist ja recht neu und der Frauen-Studiengang Maschinenbau. Es gilt jetzt, diese strategischen Entscheidungen voranzutreiben.
Wie machen Sie die Hochschule fit für die Zukunft?
Der nächste Hochschulentwicklungsplan steht im Jahr 2021 an. Wenn wir auf den Ausgang der Wahl warten, sind wir zu spät dran. Wir müssen uns jetzt Gedanken machen, wie es langfristig weitergeht. Wir müssen uns fragen, wie wir uns als Hochschule in zehn bis 20 Jahren sehen und rechtzeitig Entscheidungen fällen.
Was haben Sie dabei besonders im Blick? Was macht die HRW aus?
Wir sehen uns als Teil unserer Region; der Auftrag ist es, hier vor Ort Bildung zu vermitteln. Die primären Stakeholder, also unsere Zielgruppe, sind Schüler und Unternehmer. Die müssen wir in den Überlegungen besonders berücksichtigen. Und uns immer wieder fragen, was genau wir in der Region von einer Hochschule brauchen. Wie werden sich die Bedarfe in den kommenden Jahren verändern? Wir müssen eine Zielrichtung vorgeben. Aktuell stoßen wir erste Diskussionen an. Wir sind nicht länger in der Aufbau-, sondern der Konsolidierungsphase.
Wie zufrieden sind Sie mit dem, was bisher, also unter Ägide von Präsidentin Stockmanns, erreicht wurde?
Sehr zufrieden. Wir sind zahlenmäßig jetzt langsam da, wo wir hin wollten. Rund 6300 Studenten haben wir an den Standorten Mülheim und Bottrop. 4800 sind es allein in Mülheim. Das ist total toll und eine Bestätigung, dass es richtig war, die Hochschule hier zu gründen. Wir wollen keine Massen-Uni sein; die Nähe zu den Studierenden ist uns wichtig. Die hohe Qualität unserer Lehre können wir nur bieten, weil wir nicht so groß sind.
Was ist Ihr Wunsch für die HRW?
Dass noch mehr Studentinnen anfangen. Die sind deutlich unterrepräsentiert. Dabei studieren Frauen aus dem Ruhrgebiet eigentlich häufiger technische Studienfächer als Frauen anderswo.
Sie hören sich sehr dynamisch, sehr anpackend an, haben reichlich Ideen, wie es weitergeht. Werden Sie die nächste HRW-Präsidentin?
Vielleicht. Erst einmal muss ich entscheiden, ob ich mich wirklich bewerben möchte. Dann müsste das Gremium darüber entscheiden, ob es mich wirklich haben möchte. Beide Entscheidungen hängen mit Sicherheit wesentlich davon ab, was wir in den nächsten Jahren aus der Hochschule machen, wie sich die HRW entwickelt. Es ist wirklich noch offen, ob ich mich bewerbe oder nicht. Ich muss gucken, ob ich die Rolle, in die ich ja ziemlich unvorbereitet gerutscht bin, gut finde.
Haben Sie Sorge, etwas zu verlieren, etwas zu vermissen?
Etwas Neues anzufangen, bedeutet immer etwas Altes loszulassen. Immer nur mehr machen, funktioniert einfach nicht, wenn man es richtig machen will. Und ich bin jemand, der immer alles mit Herzblut macht.
>>Seit acht Jahren ist Susanne Staude an der HRW tätig. Zunächst als Lehrkraft für besondere Aufgaben, dann als Gleichstellungsbeauftragte und seit März 2011 als Professorin für Thermodynamik und Fluidenergiemaschinen. Vor exakt drei Jahren wurde sie Vizepräsidentin für Studium und Lehre an der HRW.
In den 90ern hatte sie Maschinenbau mit Komponenten der Umwelttechnik in Uxbridge/England studiert, später an der Uni Duisburg-Essen promoviert. An der FH Köln war sie als Dekan-Assistentin am Institut für Fahrzeugtechnik angestellt und an der Uni Duisburg-Essen am Lehrstuhl für Thermodynamik tätig.
Staude ist verheiratet, hat drei Kinder und lebt in Düsseldorf.