mülheim. . Hans-Jürgen Bolz erinnert sich gut an die Gründung der Mülheimer Band Woodhouse. Die Gruppe feiert ihr 65-jähriges Bestehen.

Die Erinnerung an die frühen 50er Jahre ist bei Hans-Jürgen Bolz sofort wieder präsent. Mit seinen Freunden ging er damals zu Agnoli in der Schloßstraße. Sie bestellten ein Eis und einmal die Platte Nummer 56. Das war der „Trumpet Blues“ von Harry James, der durch den Film „Die Badende Venus“ mit Esther Williams bekannt wurde. Der Film wurde schon 1944 gedreht, kam aber erst sechs Jahre später in die deutschen Kinos und elektrisierte wohl zwei weitere Jahre später die Jugend in Mülheim. Es war der Impuls zur Gründung einer Jazz Interessengemeinschaft und von Woodhouse, die am Samstag, 7. Oktober, um 18 Uhr in der Stadthalle ihr 65. Bestehen feiern.

Von den Gründungsmitgliedern ist heute keiner mehr aktiv. Helmut Schlitt, Motor der Anfangsjahre, nach dem die Fußgängerbrücke zum Hingberg benannt wurde, starb vor gut zehn Jahren. Am längsten ist Horst Janßen dabei. Der 75-Jährige spielt seit 1962 die Posaune. Der erste Schlagzeuger Henky Piek, dessen Vater, der Band die namensgebende Holzhütte zum Üben gab, wollte kommen, musste aber doch absagen.

Woodhouse spielte auf dem 1. Deutschen Jazz-Salon

Nicht alle waren gleich talentiert, erinnert sich Bolz. Günter Nölchen hat zwar das Geld für eine Posaune, war aber „souverän unmusikalisch“, man merkte es, wie er mit den Füßen den Takt zu halten versuchte. Es war ihm selbst bald klar und er stieg aus, kommt aber zum Konzert. Außerdem gab es am städtischen Gymnasium, dem heutigen OP, ein gutes Dutzend Jazz-Enthusiasten, die zwar kein Instrument, aber Musik im Blut hatten und singen konnten.

Der Musiklehrer Heuken, ohnehin ein Chormensch, hatte das Interesse der Schüler erkannt, wollte es fördern, stieß einen Gospelchor an und organisierte einen Jazz-Abend. Als es bei einem anderen Konzert zwei Wochen hoch herging, blies der Schulleiter das Konzert kurzerhand ab. Damit wollte sich die Schule nicht identifizieren. Da war schon längst jemand anderes auf den Chor und die Band aufmerksam geworden: Glen Buschmann, Musiker, Pädagoge und vielfacher Förderer des Jazz, lud sie, nachdem er Chor und Band in der Jugendherberge gesehen hatte, zum
1. Deutschen Jazz-Salon ein. In der Dortmunder Westfalenhalle sangen und jazzten sie schließlich am 5. November 1955 vor 2500 Zuschauern.

Wir hatten vier Lieder in unserer Kehle“, erinnert sich Bolz und kommt auch noch spontan auf drei Titel, zu denen natürlich „Swing low, sweet Chariot“ gehört. Ende der 70er Jahre hat Bolz, der sich rasch für modernen Jazz interessierte, dann selbst als junger Rechtsanwalt die Auflösung der Interessengemeinschaft beurkundet. Bolz wird zum Kurzinterview mit Tim und Andreas Janßen, den Söhnen des Posaunisten, die den Abend moderieren, an die alten Zeiten anknüpfen. Auch der Pianist Günter Müllerhöltgen, Woodhouse-Mitglied Ende der 50er Jahre, wird kommen.

Rasantes Doppel-Schlagzeugsolo

Beim Jubiläumskonzert stehen außerdem fünf Musiker auf der Bühne, die auf die eine oder andere Weise mit Woodhouse verbunden sind. Da ist der langjährige Trompeter der WDR-Big-Band Klaus Osterloh. Als 12-Jähriger stand er im Düsseldorfer Dr. Jazz vor Woodhouse auf der Bühne. Ein paar Jahre später kam er mit seinem Instrumentenkoffer und „fragte, ob er einsteigen dürfe und er spielte so was von gut“, schwärmt Janßen noch heute.

André Tolba, der lange mit Sascha und Peter Kraus spielt, wird ein Solo Spielen und sich wie Chuck Berry im Duck-Walk über die Bühne bewegen. Neben Gaby Goldberg, die inzwischen die wichtigste Sängerin von Woodhouse ist, wird Christine Schröder singen, deren Schwiegervater, wie Janßen zufällig herausfand, auch ein paar Jahre lang Woodhouse-Mitglied war. Das Personalkarussell drehte sich schnell. Als Sensation kündigt Janßen ein rasantes Doppel-Schlagzeugsolo von Rolf Drese und Tom Lorenz, der auch Vibraphone an dem Abend spielt.

>>> INFO: Woodhouse Jazzband – Musik aus Mülheim

Die Woodhouse Band gründete sich 1953 in einem Holzhaus. Die Gruppe spielte 1965 auf dem internationalen Jazzfestival Comblain la Tour in Belgien. Das Festival wird weltweit im Fernsehen übertragen. Konzertreisen führten die Musiker nach Spanien, Zypern, in die Niederlanden und den Senegal. Immer wieder gibt es Konzerte und Produktionen von Longplayern.