Mülheim. . Mehr als 3000 Mülheimer leidet an Demenz. Die Dunkelziffer ist größer, schätzen Fachkundige. Bestimmte Schritte erleichtern die Prävention.

Mehr als 3000 über 65-jährige Menschen leiden an einer Demenzerkrankung in Mülheim, schätzt die örtliche Alzheimer-Gesellschaft. „Die Dunkelziffer ist noch höher“, sagt Peter Behmenburg vom Vereinsvorstand. Die Gesellschaft veranstaltete kürzlich die Alzheimer-Aktionswoche in der Stadt, um Betroffene und Angehörige zusammenzubringen.

„Die Erkrankungen haben nach meiner Erfahrung nicht zugenommen, sondern die Sensibilität in der Gesamtbevölkerung und die Diagnosemöglichkeiten sich verbessert“, sagt Christian Triebel, Chefarzt an der Klinik für Geriatrie und Neurogeriatrie am Evangelischen Krankenhaus.

Sport beugt vor, ebenso rege soziale Kontakte

Die Geriatrie behandelt die speziellen Erkrankungen alter Patienten, die häufig älter als 65 Jahre alt sind. Früher hätten Familienangehörige und auch Ärzte einfach gesagt: „Die Oma ist tüdelig.“ Fachleuten sind verschiedene Formen der krankhaften Vergesslichkeit bekannt. „Die häufigste Erkrankungsart ist Alzheimer, darauf folgen durch Gefäßverengungen verursachte Erkrankungen, dann gibt es noch viele Mischformen“, erklärt Elke Riedemann vom Demenz-Servicezentrum Region Westliches Ruhrgebiet. Die Heilungschancen und Präventionswege sind je nach konkreter Erkrankung unterschiedlich. „Alzheimer beispielsweise lässt sich nicht heilen, aber vorbeugen“, sagt Triebel.

Für den Arzt heißt das: „Wer bestimmte Maßnahmen ergreift, der verringert die Wahrscheinlichkeit der Erkrankung.“ Zu solchen Maßnahmen gehören: das Gehirn aktiv zu halten, beispielsweise mittels Lesen; neugierig zu sein und soziale, am besten langfristige Beziehungen zu pflegen. Zudem haben Sport, gesunde Ernährung, gemäßigter Alkoholgenuss und viel Bewegung einen positiven Effekt auf mögliche Symptome einer bereits bestehenden Alzheimererkrankung und wirken auch vorbeugend. „Eine halbe Stunde Sport, beispielsweise ein Spaziergang, hilft“, weiß Arzt Triebel.

Experten-Netz kümmert sich um Demenzerkrankte

„Bei chronischen Gefäßverengungen und Schlaganfällen helfen Maßnahmen, die bereits unterstützend bei Alzheimer wirken. Es gibt aber noch medikamentöse Möglichkeiten“, erläutert der Arzt. In der Stadt kümmert sich ein Netz aus Experten um Menschen mit Demenzerkrankungen. Die ersten Anlaufpunkte sind die Hausärzte. Dann folge der Gang zum Neurologen oder Geriater, also einem Spezialarzt für ältere Menschen, sagt Behmenburg. Als weiterer Schritt: eine Überweisung ans Krankenhaus. „Manch ein Hausarzt tut die Beschwerden der Betroffenen als Gebrechen eines alten Menschen ab“, weiß Elke Riedemann.

Peter Behmenburg wünscht sich, dass mehr Ärzte, insbesondere in Krankenhäusern, auf den Betroffenen individuell eingehen. „Wenn im Krankenhaus die Bezugspersonen wegfallen, ist das extremer Stress für den dementen Menschen“, erläutert Behmenburg.

Angehörigen-Gruppen haben sich etabliert

Der auf ältere Menschen spezialisierte Arzt Triebel sagt: „Betroffene können gerade neue Situationen oft nicht einschätzen. Sie brauchen einen bekannten Menschen, der Sicherheit gibt.“ Entscheidend sei, dass nicht jeder Erkrankte starke Symptome habe, diese könnten auch dezent sein. Leicht Betroffene könnten noch vieles selbst entscheiden.

Die Hemmschwelle ist auch für die Angehörigen hoch, hat Peter Behmenburg die Erfahrung gemacht. Dabei haben sich in der Stadt Angehörigengruppen Demenzkranker gebildet. Das Alzheimertelefon können Betroffene und ihre Angehörigen rund um die Uhr anrufen.

>> ANGEBOTE FÜR BETROFFENE/ANGEHÖRIGE

Zahlreiche Vereine und Gruppen in der Stadt unterstützen Betroffene, Angehörige und auch Menschen mit Verdacht auf Demenz.

Der Demenz Wegweiser informiert zu Diagnostik, Therapie, Pflegekursen, ambulanten Angeboten und vielem mehr. Kontakt: Gabriel Melloch, Tel. 455 53 06.

Angehörige und Betroffene können auch auf einen Tagesentlastungsdienst zurückgreifen. Auch das vermittelt der Wegweiser. Spezielle Bewegungsangebote organisiert das DRK, Kontakt über Tel. 42 65 63. Die Alzheimergesellschaft bietet ein Angehörigencafé, Kontakt Tel. 349 27.