Mülheim-Raadt. . Constantin Budny und Benjamin Ortmann gehören zu den Nachwuchspiloten der Mülheimer Segelflieger. Überwiegend Jungs betreiben diesen Sport.
Den Traum vom Fliegen – Constantin Budny und Benjamin Ortmann haben ihn sich erfüllt. Nahezu jedes Wochenende steigen sie in die schmale Kabine eines Segelflugzeugs weit hinten auf dem Feld des Mülheimer Flugplatzes. Um abzuheben von allem Irdischen. „Man vergisst alles und ist gleichzeitig hoch konzentriert“, sagt der 22-jährige Budny. Beide Jungpiloten ringen um Sprachbilder, schwer in Worte zu fassen, wie es sich anfühlt. Überwältigend. Über den Wolken.
Romantik kann für Segelflieger allerdings fatal sein. Denn knapp unter den Wolken hört die Thermik auf, die dem bisschen Mensch und Kunststoff unter die Arme greift und ihn oben hält. Es gehört reichlich Kraft dazu, beides in die Luft zu katapultieren. Eine starke Seilwinde mit fingerdickem Stahlseil reißt an dem filigranen Flieger, der nach ein paar Metern Gezerre über das holprige Mülheimer Feld plötzlich steil nach oben schießt. „Das sieht heftiger aus als es ist“, kommentiert der Wirtschaftsingenieursstudent Budny sachlich und zeigt das dicke Seil mit den Haken und der Sollbruchstelle, falls es nicht ausklinkt.
Das Eintrittsalter liegt bei 16 Jahren
Zwei Wochen vor seinem 14. Geburtstag wurde Budny angefixt, nach einem Schnupperkurs. Das ist auch das früheste Eintrittsalter für die Fliegerei. Den Flugschein bekommt man mit 16 Jahren nach langem Training mit scheinbar endlosen Prüfungen. Bevor man überhaupt alleine fliegen darf, hat man eifrig Starts und Landungen mit dem Begleiter geprobt.
„Es ist komisch“, sagt Benjamin Ortmann, „wenn ich auf den Kölner Dom steigen soll, krieg ich Höhenangst.“ Aber in hunderten Meter Höhe hinter hauchdünnem Kunststoff und Plexiglas? Locker. Bei ihm war es nicht anders als bei vielen Jungpiloten, schon als Kind spielte er lieber mit Flugzeugen als mit Matchboxautos. Der heutige IT-Berater wollte abheben.
Nicht teurer als anderer Sport
Fliegen ist zeitintensiv, kostet aber kaum mehr als manch anderer Sport oder Kinogang. 100 Euro im Jahr für den Verein Aero-Club Mülheim, mit Fixkosten von 300 Euro rechnet Budny. Sprit wird nicht verbraucht, aber jeder Start kostet sechs Euro. Für den Flugschein zahlt man nicht mehr als für die Fleppe. Für Übungsflüge fährt der Verein jedes Jahr drei Wochen mit der Jugend nach Frankreich: Zelten, Teamwork und Fliegen.
Fliegen ist ein Ding für Jungs: Vielleicht zehn Prozent macht der Frauenanteil aus, das liegt nicht nur an der Techniklastigkeit oder an markigen Jungssprüchen. Es gibt eine ganz irdische Hürde für Pilotinnen, verrät Fluglehrerin Isabelle Röpke. Mal eben auf die Toilette geht nicht. „Viele Frauen haben daher mit langen Flügen Probleme“, deshalb hat Röpke ihre „Silver Badge“ – die Auszeichnung für fünf Stunden Streckenflug – bislang knapp verfehlt, zuletzt um sechs Minuten. Jungs behelfen sich mit Kondomen, für Frauen ist bislang nichts Vergleichbares erfunden worden. Die Lehrerin hat das nicht abgeschreckt, der Flugplatz ist ein „zweites Zuhause geworden“, sagt sie.