Mülheim. . Für 2018 sind die Azubi-Stellen überwiegend vergeben. In Einzelfällen ist ein kurzfristiger Einstieg noch möglich – nicht nur für junge Leute.

Ab August beginnt in vielen Betrieben das neue Ausbildungsjahr. Nach Daten der Arbeitsagentur gibt es in Mülheim derzeit etwa 410 junge Leute, die gerne eine Berufsausbildung beginnen möchten, aber noch unversorgt sind. Falls sich Interessenten für die Altenpflege darunter befinden, müssen sie sich wohl etwas gedulden. Die meisten Pflegeeinrichtungen und Ambulanten Dienste in der Stadt sind für die nächste Runde versorgt.

Obwohl die Branche dringend Verstärkung braucht, agieren die Unternehmen zur Zeit noch vorsichtig. Dies hängt auch mit der generalisierten Pflegeausbildung zusammen, die ab 2020 greifen soll: einheitlicher Einstieg für die Alten- und Krankenpflege.

„Wir nehmen nicht nur Einserkandidaten“

Mit Blick auf die nächste Ausbildungsrunde erklärt beispielsweise Justus Behmenburg, Pflegedienstleiter und Juniorchef im Familienunternehmen: „Für Oktober sind wir voll, ab April 2019 stellen wir wieder ein.“ Der Pflegedienst beschäftigt 18 Auszubildende, jeweils drei beginnen im Herbst und im April. „Manchmal erhöhen wir auf bis zu sechs Bewerber.“ Die Stellen mit geeigneten Leute zu besetzen, sei kein Problem, meint Behmenburg. „Wir nehmen ja nicht nur Einserkandidaten. Außerdem absolviert jeder bei uns zunächst ein einwöchiges Praktikum.“ In dieser Zeit könne man sich ein Bild von den Bewerbern machen. Dauerhaft strebt „Pflege zu Hause Behmenburg“ aber an, 20 Azubis im Betrieb zu haben. „Wir möchten dem Fachkräftemangel entgegenwirken“, sagt der Juniorchef, „und im Idealfall alle Azubis übernehmen.“

Im Seniorenstift Franziskushaus, das zur katholischen Contilia-Gruppe gehört, können vier angehende Pflegekräfte pro Jahr anfangen, einer pro Wohngruppe, so dass sie dort immer zwölf Azubis haben. Die Leiterin der Einrichtung, Jennifer Lützenburg, würde die Ausbildungskapazität gerne erweitern, sagt aber: „Vorher muss ich eine entsprechende Zahl an Praxisanleitern haben.“ Denn gemäß dem neuen Pflegeberufegesetz müssen Auszubildende in mindestens zehn Prozent ihrer praktischen Einsatzzeit angeleitet werden. „Unsere Mitarbeiter werden dafür gerade geschult“, erklärt die Leiterin des Franziskushauses. Ausreichend gute Bewerbungen für die Ausbildungsplätze habe sie bekommen.

Einstieg ist noch in diesem Jahr möglich

Kurzfristige Einstiegsmöglichkeiten gibt es aber noch, etwa im Wohnpark Dimbeck, wo derzeit zehn Nachwuchskräfte lernen. „Unser Ziel ist es, auf 14 Azubis aufzustocken“, erklärt Einrichtungsleiter Jens Schmidt. Interessierte Schulabgänger oder auch Quereinsteiger könnten sogar noch in diesem Jahr beginnen: „Teamplayer, die Freude am Umgang mit Menschen haben und an ihrer Zukunft arbeiten möchten, sind in der Pflegebranche genau richtig“, sagt der Leiter der Seniorenresidenz. Sein Betrieb, wie auch viele andere, akquiriere oft aus den eigenen Reihe: „Wir versuchen, fähige Pflegehilfskräfte zu ermutigen, in die Ausbildung zu gehen.“ Durch die Arbeitsagentur wird dies gefördert, so dass viele Azubis in Senioreneinrichtungen selbst schon alte Hasen sind.

>> BRIEF AN MINISTER UND ABGEORDNETE

Rund 350 angehende Altenpfleger(innen) trafen sich Ende Juni zu einem Ausbildungstag vom Deutschen Berufsverband für Altenpflege. Dabei entstand ein offener Brief an Minister und Bundestagsabgeordnete.

„Wir haben uns bewusst und gern für den Beruf entschieden“, schreiben die Azubis. Zugleich benennen sie Probleme und fordern: einen besseren Personalschlüssel, mehr Anerkennung durch die Politik, flexiblere Arbeitszeiten, betriebliche Kitas und Gesundheitsförderung durch die Arbeitgeber. „Wir erwarten ein faires und höheres Gehalt für alle und keine Gehaltsunterschiede.“