Mülheim-Speldorf. . Siedlungen an Karlsruher Straße/Haydnweg/Hundsbuschstraße sind beispielhaft für die damalige Architektur und zeigt ein Stück Ortshistorie auf.
Die Siedlung an der Karlsruher Straße (Nr. 18-26) mag dem heutigen Betrachter schlicht und altbacken erscheinen. Vor 90 Jahren jedoch war die viergeschossige Wohnanlage in Speldorf hochmodern. Eben deshalb wird sie das LVR-Amt für Denkmalpflege jetzt auch unter Denkmalschutz stellen.
Die hufeisenförmig angeordneten, langgestreckten Gebäude, die zum Teil auch an der Hundsbuschstraße (Nr. 72-78) und dem Haydn-weg (Nr. 1-13) liegen, wurden zwischen 1928 und 1930 für den Arbeiter Spar- und Bauverein Oberhausen errichtet. Geplant hatte sie der bekannte Architekt Emil Fahrenkamp. „Fahrenkamp war seinerzeit einer der wichtigsten deutschen Architekten, der in vielen Städten, vor allem im Rheinland, vertreten ist“, erklärt Felix Blasch, Leiter des Planungsamtes.
Fahrenbach baute für großbürgerliche Auftraggeber
In Mülheim habe er auch das sogenannte „The O.“ (das ehemalige Woolworth-Gebäude an der Schloßstraße) entworfen. Der Komplex an der Karlsruher Straße sei sein einziges im sozialen bzw. genossenschaftlichen Wohnungsbau errichtetes Projekt. Emil Fahrenbach (1885-1966) „baute überwiegend für großbürgerliche Auftraggeber, die Industrie oder die Wirtschaft“, heißt es in den Erläuterungen des Denkmalamtes.
Das Schönste an der Wohnanlage im Zentrum von Speldorf ist vielleicht der begrünte, ruhige Innenhof. Auf den zweiten Blick offenbart sich auch, warum die Gebäude als architektonisch interessant und anspruchsvoll gestaltet gelten. Heller Putz und dunkelrote Backsteinstreifen wurden kombiniert, die kubisch angelegten Baukörper versetzt angeordnet – die Fassade wirkt daher aufgelockert.
Vor allem am Haydnweg. Es gibt Balkone, Loggien zum Innenhof hinaus und Vorgärten. Ein niedriges Metallgitter, das auf einer kleinen Mauer aufsitzt, trennt diese von den Bürgersteigen. Es stammt wie die Eingangstüren noch aus den Anfangszeiten. Viele Eingänge sind überdacht. Manche Eckbauten bestehen aus aneinandergesetzten Bauten im Würfelformat, die an der Straßenecke einen kleinen Vorplatz freigeben.
Zeugnis für den Wohnungsbau der späten 1920er-Jahre
Die Wohnanlage weist 5- ,3-, 2- und 1-Zimmerwohnungen auf. „Die Grundrisslösungen, die Fahrenkamp damals gefunden hat, sind beispielhaft“, so Felix Blasch. So gehen alle Schlaf- und Wohnzimmer der Ruhe wegen zum Hof raus.
Es gebe künstlerische, wissenschaftliche, vor allem aber architekturhistorische und städtebauliche Gründe, um den Wohnkomplex zum Denkmal zu deklarieren, schreibt die Denkmalbehörde. Er sei Zeugnis für den Wohnungsbau der späten 1920er Jahre, der nicht mehr auf dekorative Stuckelemente, sondern auf die einfache und klare Form setze. Er spiegele Leben und Architektur im Zeitraum zwischen den beiden Weltkriegen.
„Außerdem veranschaulicht er ein Stück Ortshistorie, zeigt, dass sich Speldorf zu Beginn des 20. Jahrhunderts vom ländlich geprägten Dorf zum innerstädtischen Quartier entwickelte“, weiß der Planungsamtschef. Die Siedlung sei in besonderem Maße geeignet, geschichtliche Entwicklungen aufzuzeigen und die Baukunst zu erforschen und zu dokumentieren, so die Konservatoren.
„Mieter leben nicht im Museum“
Heute ist die Wohnanlage im Besitz der Mülheimer Wohnungsbau-Genossenschaft (MWB). Was es für sie bedeutet, wenn die Gebäude unter Denkmalschutz gestellt werden, erläutert Sprecher Andreas Winkler: „Das ist kein großes Problem für uns. Es ist ja erstmal auch schön, wenn so etwas erfolgt. Es zeigt ja, dass unser Bauwerk einen ästhetischen Wert besitzt“, sagt er.
Wohl sei ein solches Objekt etwas pflegeintensiver, Umbauten könnten aufwendiger und teurer werden. Es gelte ja, bestimmte Vorschriften einzuhalten, besonders bei der Sanierung im Außenbereich. „Eine Wärmedämmung an der Fassade anzubringen, ist dann eben nicht mehr möglich. Die Fassade muss laut Vorschrift erhalten bleiben. Da müssen wir andere Wege finden, um die energetischen Ziele zu erreichen“ gibt Winkler ein Beispiel.
Die MWB habe Erfahrung mit dem Denkmalschutz. „Diese Wohnanlage ist nicht die Einzige in unseren Beständen, die denkmalgeschützt ist. Alles, was wir tun, findet in Abstimmung in der Denkmalbehörde statt“, sagt Winkler und verweist auf Beispiele wie das Haus Senfkorn in Saarn oder auch die Saliersiedlung in Broich, bei denen solche Absprachen erfolgten. Modernisierungen seien auch bei denkmalsgeschützten Gebäuden immer möglich. „Die Mieter müssen sich keine Sorgen machen, sie leben nicht in einem Museum.“
>> Denkmalschutz -Bericht vor Politik
Ob ein Gebäude denkmalwürdig ist, entscheidet das LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland aufgrund seiner Recherchen. Die Stadtverwaltung muss es dann in die Denkmalliste eintragen.
Die Politik hat kein Mitspracherecht. Es ist in Mülheim aber eingeführt worden, dass die Verwaltung immer dann der Politik berichtet, wenn etwas unter Schutz gestellt wird. „Das kommt im Ausschuss gut an“, so Planungsamtsleiter Felix Blasch.