Mülheim. . Dietmar Leibecke lädt seit Jahren Musiker zu Konzerten in sein Wohnzimmer auf der Saarner Kuppe ein. Im Juli veranstaltet er das Roots-Festival.
Er war gerade auf dem Weg zum Bäcker, als sich Dietmar Leibecke in einen Song verliebte. „Die Geschichte hat mich so berührt, dass ich mehr von diesem Künstler hören wollte.“ Das war im Juli 2007, und der Song stammte von Leeroy Stagger, einem kanadischen Folkrock-Musiker. Später besuchte er seine Konzerte und quatschte ihn einfach an. „Ich überredete ihn solange, bis er zum Konzert nach Mülheim kam“, erinnert er sich. Das war der Beginn für die Hauskonzerte, die Dietmar Leibecke seitdem regelmäßig unter dem Titel „Raumfahrtzentrum Saarner Kuppe“ gibt. Mittlerweile sind sie eine feste Größe in der Mülheimer Kulturszene und regelmäßig ausverkauft.
Kaum zu glauben, dass sich in dieser Einfamilienhaussiedlung mitten in Saarn ein Konzertort verbirgt, der Besucher aus ganz Europa, Kanada und den USA anzieht. Hier im Wohnzimmer von Dietmar Leibecke, dem Raumfahrtzentrum Saarner Kuppe. „Ein Nachbar erzählte einmal, dass man von der Saarner Kuppe aus am besten die Sterne beobachten könne – so sind wir auf den Namen gekommen.“ In der „Raumstation“ spielen regelmäßig Roots-Künstler und übernachten danach sogar bei ihm im eigens dafür ausgebauten Keller. Bis zu 60 Zuschauer haben Platz zwischen Couch und CD-Regalen.
Im Wohnzimmer vor 30 Leuten
Und wie kam es zu den Konzerten? „Zu meinem 40. Geburtstag im Jahr 2006 hatte ich meinen Lieblingskünstler Steve Wynn in die Palette eingeladen, dort gab er mir und meinen Gästen ein kleines Privatkonzert.“ Lange hatte er den Rock-Künstler bearbeitet, damit er gegen Gage nach Mülheim kam. „Immerhin war er in den Achtzigern mein Held.“ Nun hatten sie sich über das kleine Konzert und die familiäre Stimmung dort angefreundet. „Er erklärte mir das Konzept der Hauskonzerte und ermutigte mich, selbst Künstler einzuladen.“ Mit Leeroy Stagger spielte dann ein Jahr später der erste Künstler in seinem Wohnzimmer vor 30 Leuten – auch das Lied, in das sich Dietmar Leibecke zuvor so verliebt hatte.
„Die Atmosphäre des ersten Konzerts war so toll, dass ich weitere Künstler einlud“, sagt der Software-Ingenieur, der selbst Gitarre spielt. Seine Frau liebt ebenfalls Country, Blues und Folkrock – und unterstützt ihn bei den Veranstaltungen. Ohnehin: Musik begeistert den 52-Jährigen schon seit seinen Jugendtagen. „Die Stimmung und die Geschichten, die Songs erzählen, berühren mich.“ Dietmar Leibecke ist viel unterwegs auf Konzerten und Festivals in Holland, England, Irland oder Schottland.
Die Nachbarn feiern mit
Gefällt ihm die Musik einer Band, spricht er das Management an und lädt die Musiker nach Mülheim ein. Mittlerweile sind die Konzerte jedoch so beliebt, dass die Künstler selbst anfragen, ob sie auf der Saarner Kuppe spielen dürfen – in der Szene hat sich die Reihe längst etabliert. Auch beim Publikum: „Oft sind die Konzerte innerhalb von einer Stunde ausverkauft.“
Bis 22.30 Uhr wird gerockt, danach ist Schluss. Und die Nachbarn? „Da hat sich noch nie jemand beschwert“, lacht Leibecke. Im Gegenteil: „Die meisten feiern mit.“ Das Publikum ist 50 aufwärts, was natürlich an der Musikrichtung liegt, Zuletzt spielte die Band Ove aus Hamburg, „da waren auch deutlich jüngere Leute dabei“. Sie alle aber schätzen die intime Atmosphäre im Wohnzimmer der Leibeckes. Zahlreiche Freundschaften haben sich mittlerweile entwickelt, nicht nur zwischen Zuschauern und dem Ehepaar, sondern auch mit den Künstlern, die am nächsten Tag meist noch mit am Frühstückstisch sitzen.
Eintritt frei, der Hut geht rum
Bezahlt werden die Musiker mit Geld aus dem Hut. „Der Eintritt ist frei, und jeder gibt, was er möchte“, erklärt Leibecke. „Meistens kommen mehr als 1000 Euro zusammen.“ Garantiert bekommen die Künstler aber ihre vorher ausgehandelte Gage. Kommt der Betrag durch den Hut nicht zustande, zahlt Leibecke drauf. Manchmal sei das ein Minusgeschäft, gibt er zu. „Die vielen Freundschaften, die dabei entstehen, sind es mir aber wert.“