Mülheim. . HRW und THW kooperieren: Die einen hoffen auf anwendungsnahe Ausbildung in einem gesellschaftlich wichtigen Bereich, die anderen auf Nachwuchs.
Die Hochschule Ruhr West (HRW) ist um eine Attraktion reicher: Das Technische Hilfswerk (THW) ist fortan ein enger Partner. Profiteure des am Freitag unterzeichneten Kooperationsvertrages sind vor allem Frauen und Männer, die sich für den Studiengang Bauingenieurwesen interessieren. Sie können einen Teil ihres Vorpraktikums beim THW ableisten und so die dortige Grundausbildung mitsamt Prüfung absolvieren, um bei Einsätzen dabei zu sein. Später können sie dann – ebenfalls im Rahmen ihres Studiums – eine Fachausbildung beim Hilfswerk draufsatteln. Praxissemester und Bachelorarbeiten sind angedacht.
Es ist eine Verbindung, an der beide Seiten Freude haben: Seit Abschaffung der Wehrpflicht habe man massiv Nachwuchsprobleme, berichtet THW-Landesbeauftragter Dr. Hans-Ingo Schliwienski. „Früher kamen automatisch junge Männer zu uns, weil sie eine Alternative zur Bundeswehr suchten.“ Heute müsse man auf jeden einzelnen zugehen, extra Anreize bieten. Nur dann habe man überhaupt mal Erfolg. Die Zusammenarbeit mit angehenden Ingenieuren soll Abhilfe schaffen, im Idealfall dauerhaft zu mehr THW-Personal führen. Sie mache einfach Sinn, betont Schliwienski: „Wir sind eine stark technisch ausgerichtete Organisation“, und die HRW habe viele passende Studiengänge im Programm.
Junge Ingenieure sind eine gute Besetzung
Ein Beispiel? Beim THW gibt es Baufachberater, die von der Feuerwehr angefordert werden, wenn es Fragen zu klären gibt: Kann das Gebäude nach dem Brand noch betreten werden? Hält das Hallendach die Schneelast aus? Junge Ingenieure, die sich mit Statik auskennen, sind da eine gute Besetzung.
Prof. Dr. Daniel Jun, der besagte Baustatik und Baumechanik an der HRW lehrt, hält die Zusatz-Ausbildung ebenfalls für einen Vorteil. „Das THW hat viele Bereiche, die für angehende Bauingenieure interessant sind – so die Gebäudesicherung oder die Wasserversorgung der Zivilbevölkerung.“ Die Bandbreite der möglichen Einsatzszenarien sei zudem gut für die Flexibilität, den Überblick und die Vernetzung fachlicher Kenntnisse. Im Übrigen sei man ja nicht nur daran interessiert, Absolventen in die große weite Welt hinauszuschicken, sondern Persönlichkeiten ins Leben zu entlassen. Mancher verlasse die Hochschule schon wieder, wenn er gerade 20 oder 21 Jahre alt ist – da könne das Ehrenamt zur Reifung beitragen.
Die HRW als gesellschaftlicher Player
Ähnlich positiv bewertet Vizepräsidentin Prof. Dr. Susanne Staude die neugewonnene Freundschaft: „Als Hochschule bilden wir nicht nur aus, wir sind auch ein wichtiger gesellschaftlicher Player.“ Die jungen Menschen müssten an der HRW lernen, gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen. Beim Hilfswerk gehe es um eben solche, sehr verantwortungsvollen Aufgaben, „bei Einsätzen muss sich einer auf den anderen verlassen können“. Wenn man konkret erfahre, warum man gewissen Stoff lernen muss, sei das hilfreich. Der Sinn einer Statikvorlesung leuchte vielleicht nicht jedem direkt ein. Wenn das dort Gelernte dann allerdings dazu beitrage, Menschenleben zu retten, falle die Bewertung wohl anders aus.
Zwei HRW-Studenten haben das Hilfswerk übrigens bereits für sich entdeckt und die 120 Stunden währende Grundausbildung, die aus diversen theoretischen, aber auch sehr praktischen Einheiten besteht, schon hinter sich. Viele weitere werden wohl folgen – jetzt, wo die gute Tat sogar als Studienleistung anerkannt werden kann.