Mülheim. . Ex-Kanzleramtschef Bodo Hombach stellt enge Vertraute an die Seite von OB Ulrich Scholten. Warum mischt er sich in Mülheims OB-Affäre ein?
Mit Unterstützung des Essener PR-Beraters Thomas Hüser ist es dem unter Druck stehenden Oberbürgermeister Ulrich Scholten (SPD) innerhalb weniger Tage offenkundig gelungen, seinen Rücken von der Wand zu bekommen. Vorwärtsverteidigung gegen seine innerparteilichen Widersacher und die Vorwürfe gegen ihn ist seit Freitag vor einer Woche die Marschrichtung, die Scholten mit Unterstützung von Hüser geht. Hinter der professionellen Hilfe für Scholten steht die Initiative eines SPD-Mannes, der im politischen Mülheim schon eine gefühlte Ewigkeit nicht mehr in Erscheinung getreten ist: Ex-Kanzleramtschef Bodo Hombach.
Was treibt Hombach an, Scholten zur Seite zu springen? Dem Oberbürgermeister, gegen den am Dienstagabend vergangener Woche der Verdacht öffentlich wurde, dass er Bewirtungen abgerechnet haben könnte, deren dienstlicher Zweck zumindest in Zweifel gestellt wird.
Auf Anfrage dieser Zeitung schilderte Hombach nun, wie es zu seinem Engagement in der Sache gekommen sein soll. Es sei der 29. Mai gewesen, bei der Trauerfeier für den Mülheimer Wirtschaftsgranden Heinz Lison. Hombach hielt an diesem Tag eine Trauerrede, Diakoniepfarrer Ulrich Schreyer leitete die Trauerstunde. „Herr Schreyer hat mich in die Sakristei gebeten. Er erzählte mir von der unwürdigen Treibjagd auf den Oberbürgermeister“, so Hombach, der Schreyers Einlassungen in der Sakristei weiter so beschreibt: „Es sei eine menschliche Tragödie. Herr Scholten würde zerstört und fühle sich auch so. Herr Schreyer bat mich, Herrn Scholten zu helfen.“
Schreyer bestätigte am Donnerstag, mit Hombach an jenem Tag vor Beginn der Trauerfeier über die Situation Scholtens gesprochen zu haben. Man sei dort zur Vorbereitung des Gottesdienstes verabredet gewesen. „Ich wusste von früher, dass Hombach und Scholten familiär verbunden, gemeinsam Paten sind. Ich habe ihm gesagt, dass Scholten sich in einer prekären Situation befindet und ich das Gefühl habe, dass er alleine ist und keinen Menschen hat, der ihn professionell begleitet.“
Er habe aber „sicher nicht“ von einer „unwürdigen Treibjagd“ gesprochen, „das kann ich nicht beurteilen“, so Schreyer mit Verweis darauf, dass ihm die politische Brisanz bis dato auch nicht bekannt gewesen sei. Aber er „laufe ja nicht mit geschlossenen Augen und Ohren durch die Stadt“. Schreyer war in diesem Zusammenhang eines wichtig zu betonen: „Ich mache keine Politik, ich mache Seelsorge.“
Doch, ja: Hombach hatte von Scholtens Situation also erfahren, bevor die drei Rathaus-Dezernenten Mendack, Ernst und Steinfort am Dienstag ausströmten und die Ratspolitik zu den „Auffälligkeiten“ bei den Spesenabrechnungen Scholtens informierten. . .
„Die Kritiker von Herrn Scholten suchten die Öffentlichkeit. Ich vermisste seine Stellungnahme“, heißt es in einer schriftlichen Stellungnahme Hombachs. Er habe daraufhin PR-Experte Hüser angerufen, er möge Scholten eine öffentliche Erwiderung nahelegen. „Ich bin dem Wunsch des integren und urteilssicheren Ulrich Schreyer gefolgt“, so Hombach. „Öffentliche Attacken – auf einen Menschen, der einen schrecklichen Schicksalsschlag zu ertragen hat – fand ich unanständig“, so Hombach offensichtlich mit Blick auf den Tod von Scholtens Frau wenige Wochen zuvor. Einzelheiten zu dem Geschehen rund um den OB habe er nicht gekannt und kenne er auch aktuell nicht.
Zuletzt wurde bekannt, dass aus Hombachs vertrautem Kreis auch die Essener Kanzlei Holthoff-Pförtner Scholten zur Seite steht; Dr. Thomas Hermes vertritt den OB gegenüber der Staatsanwaltschaft Duisburg, die prüft, ob ein Anfangsverdacht der Untreue vorliegt.
Ausgerechnet Hombach, ist aus der SPD zu vernehmen. Der habe „alte Rachegelüste“, heißt es da. Von der politischen Bildfläche in Mülheim ist Hombach längst verschwunden. „Der hat wohl Zeit und will wieder mitmischen“, sagen Leute, die ihn aus vergangenen Tagen kennen, die miterlebt haben, wie Hombach sich daran abgearbeitet haben soll, Hannelore Kraft nicht noch Ministerpräsidentin werden zu lassen, nachdem sie ihn vor der Landtagswahl 2000 derart düpiert habe. Hombach, damals stellvertretender SPD-Chef in Mülheim, hatte Uli Dörr von der IG Metall als Landtagskandidaten im Rennen. Kurz vor dem Tag, als ihn die SPD dann zum Kandidaten machen sollte, tauchte Hannelore Kraft plötzlich als Gegenkandidatin auf. Mit bekanntem Erfolg.
So manche Geschichte erlebt dieser Tage eine Renaissance, seit bekannt wurde, dass Hombach dem angezählten OB professionelle Hilfe aus dem engsten Kreis seiner Vertrauten organisiert hat. Hombach sagt dazu nichts. Er beschreibt eine Intention rein aus menschlichen Motiven. Glaubhaft? Bei SPD-Mitgliedern und -Anhängern bestehen große Zweifel. „Viele in der SPD sind elektrisiert, wenn sie nur den Namen Hombach hören“, sagt einer. „Der ist seit Jahren auf einem persönlichen Rachefeldzug“, ein anderer.
Die Sache bleibt undurchsichtig. Der Einsatz seines PR-Beraters Hüser sei „erst einmal eine Pro-bono-Aktion“, sagte OB Scholten vor Tage auf Anfrage. Man habe sich „ein paar Mal ausgetauscht“. Hüser habe ihm „zugerufen, dass die Kanzlei Holthoff-Pförtner bereit ist, mich zu vertreten“. Hombach kenne er seit den Tagen, als er 1987 bei Mannesmann angefangen habe, so der OB. „Dieser Kontakt ist locker immer geblieben.“