Mülheim. Das Mülheimer Karl-Ziegler-Gymnasium ließ Frauenrechtlerinnen mit Jugendlichen der Mittelstufe in Gespräch kommen.

Als Judith Platte neun Wochen nach der Geburt ihres Kindes wieder vor ihre Klasse trat, konnten es die Schüler nicht fassen. „Sie fragten mich, was ich hier mache, wo ich doch ein Baby zu Hause habe“, berichtet die Lehrerin, die beobachtet, wie sich Geschlechterklischees in den Köpfen vieler Schüler halten. Warum da nicht entgegenwirken, haben sich Platte und drei Kollegen gedacht – und zu den laufenden Projekttagen der Karl-Ziegler-Schule den Schwerpunkt Frauenrechte angeboten.

Unterstützung bekamen sie dabei von drei „Berufsfeministinnen“: Grünen-Politikerin Franziska Krumwiede-Steiner, Journalistin Maren Wenzel und die städtische Gleichstellungsbeauftragte Antje Buck diskutierten mit den Jugendlichen über das Frauenwahlrecht, die #metoo-Bewegung und natürlich Feminismus – ein Begriff, der für manch einen Schüler bisher nichts weiter bedeutet hatte als „anti-männlich“ zu sein.

Zu oft heißt es: Kind oder Karriere

„Ihr seid dann feministisch, wenn ihr seid, was ihr sein wollt“, klärte Krumwiede-Steiner in ihrem Sinne auf. Nur sei die Voraussetzung dafür: Ermöglichen, dass Frauen auch alles werden können. „Hier ist immer noch nicht genug erreicht.“ Es heiße immer noch viel zu oft: Kind oder Karriere.

Oder: Frauenberuf statt Männerdomäne. Das kennt die Projektgruppe auch von ihrer eigenen Schule, wo sich 22 Jungen und ein Mädchen für den Physik-LK entschieden haben. Aber: Ist die Trennung von Frauen- und Männerberufen in manchen Bereichen nicht doch gerechtfertigt? Das fragte sich zumindest Victor, einer der zwei anwesenden Jungen. „Es ist doch wissenschaftlich bewiesen, dass Frauen besser im Multitasking sind, während Männer mehr Muskelmasse haben, oder?“

Die Gleichstellungsbeauftragte verpackte ihren Gegenwind in jugendlichen Tenor: „Bei der Feuerwehr etwa, da braucht man nicht nur Body, sondern auch Brain. Die physische Befähigung gibt es vielleicht noch beim Wrestling, ansonsten finde ich die Trennung konstruiert und nicht haltbar.“

Alltägliche sexuelle Belästigung

Frauenrechtsaktivistin und Journalistin Maren Wenzel lenkte ihre Redebeiträge dagegen auf die alltägliche sexuelle Belästigung. „Ich habe auch in eurem Alter unschöne Sachen erlebt“, gab Wenzel zu. Doch Frauen, die von ihren Erfahrungen berichten, hinterfrage man in Deutschland viel zu häufig. „Trotzdem solltet ihr eure Erfahrungen nie in euch hineinfressen.“

Bei den Schülerinnen scheinen derartige Appelle hängen geblieben zu sein. „Ich würde mich zwar nicht als Feministin bezeichnen, aber die Diskussion hat meine Denkweise auf jeden Fall gefördert“, sagte die 14-jährige Ella.

Alle Ergebnisse der Projekttage zum Thema „Respekt“ werden heute ab 19 Uhr auf dem Schulfest der Karl-Ziegler-Schule vorgestellt.