Mülheim. . Großes Interesse an der Veranstaltung rund ums Zweirad. Trend auf zwei Rädern geht in Richtung ­E-Bike. Aber auch Spezialräder nehmen zu.

Das Rad erfindet auch der Mülheimer Fahrradfrühling am Wasserbahnhof nicht neu. Allerdings lässt seine Beliebtheit und Aktualität ebenfalls nicht nach. Erst recht in diesem Jahr, wo er zum ersten Mal den Bogen spannt zum nahen Umweltmarkt Fair Flair.

Dass Mülheim durchaus beide Veranstaltungen verträgt und diese sich sogar ergänzen können, zeigen die Besucherzahlen: Schätzungsweise 15 000 Menschen schauten am Donnerstag am Wasserbahnhof und an den Ruhranlagen vorbei. Cornelia Schwabe von der Mülheimer Initiative für Klimaschutz sieht ohnehin überschneidende Zielgruppen: Wer nachhaltig und umweltbewusst denkt, hat auch eine Nähe zum klimaschonenden Fahrrad. Das gilt häufig ebenso umgekehrt.

Akku verschwindet im Rahmen

Wobei die Trends auf zwei Rädern unaufhaltsam in Richtung ­E-Bike zeigen und sich dort natürlich die Frage nach einer klimafreundlichen Erzeugung von Batterie und Strom stellt. Zu letzterem gibt es eine interessante Neuerung auf der Fair Flair. Dazu später.

Zunächst einmal gibt es Weiterentwicklungen auf dem Fahrradmarkt, wenn sicher hauptsächlich ästhetische: Denn der Akku für ­E-Bikes verschwindet immer mehr im Rahmen und ist mit ihm per Schloss verbunden. Das hilft gegen den Diebstahl. Was die Reichweiten anbelangt, hat man mit 500 Watt und 120 Kilometern noch keine Sprünge gemacht. Für den Fahrradexperten Reiner Wessel eigentlich kein Problem. „Wir brauchen eben mehr Infrastruktur mit Ladestationen, um zwischendurch auftanken zu können.“

Viele interessieren sich fürs E-Bike

Vor allem ein gemeinsamer Steckerstandard wäre sinnvoll, denn bisher muss man für das Laden an einer Station stets sein Heimladegerät mitschleppen. Sperrige Sache, meint Wessel: „Beim Android-Handy geht’s doch auch, egal ob Samsung, Sony oder sonst eine Marke.“ Viele interessieren sich dennoch für das E-Bike, vor allem, wer etwas älter ist und dennoch längere Touren machen will, tummelt sich an den verschiedenen Ständen.

Und Touren gibt es einige: Die Ruhrtal-Strecke kennen viele, erfährt man am Stand des Mülheimer Tourismus. Weniger Radler allerdings wissen von der Römer-Lippe Route von Xanten bis nach Detmold. Stramme 295 Kilometer, die man natürlich in Etappen fahren kann. Ein Geheimtipp hat man hier außerdem: Dank Radschnellweg RS1 gibt es einen schönen Rundweg über die Gruga-Trasse bis nahezu zum Baldeneysee und wieder über den Ruhrtalradweg von Kettwig bis Mülheim.

Bessere Ausschilderung gewünscht

Viel Lob erntet der RS1 für sein Wachsen. Bei den Mülheimer Grünen wünschte man sich nur eine bessere Ausschilderung in der Stadt, sagt Sprecher Axel Hercher. Außerdem fehlt ein geregelter Winterdienst Richtung Essen. Laut Anfrage der Landespartei ist der RS1 „noch nicht formal als Radschnellweg des Landes gewidmet“ und daher eine „private Wegeverbindung, die nicht der Pflicht zur Winterwartung“ unterliege. Wann sich das ändert? NRW-Verkehrsminister Hendrik Wüst lässt es offen: Die Planung werde derzeit zwischen RVR und Straßen NRW – die die regionalen Radnetze einmal übernehmen sollen – „verhandelt“.

Hingegen kristallisiert sich am Stand der Mülheimer Pia immer mehr heraus, welche Spezialräder sie für die Spende der Stiftungen Mercator und Innogy von 20 000 Euro anschaffen wird: Lastenräder, Rikschas, Tandems oder Therapieräder stehen zur Wahl. „Augenblicklich sprechen sich viele Befragte für Dreiräder und Tandem-Dreiräder aus, weil auch ältere Menschen gerne noch selbst fahren“, verrät eine Mitarbeiterin. Auch Rikschas sind hoch im Kurs. Noch aber läuft die Befragung.

Bummeln zwischen 70 fairen Ständen 

Einen neuen Rekord hat der Umweltmarkt „Fair Flair“ am Donnerstag aufgestellt: Rund 70 Stände haben sich in den Ruhranlagen versammelt. Gegenüber der Vorgängerveranstaltung sind das fast 30 mehr. Vor allem die Bio-Kosmetik hat zugelegt, aber auch die Verbraucherinformation.

Motto beim Fair Flair-Umweltmarkt.
Motto beim Fair Flair-Umweltmarkt. © Tamara Ramos

Die Verbraucherzentrale etwa zeigt die Möglichkeiten auf, regionale Produkte zu bekommen. „Bio-Ware“ ist im Trend, aber die müssen eben nicht aus der Nähe stammen. „Vielen ist nicht bewusst oder sie achten nicht darauf, dass sie mit regionalen Produkten nachhaltig einkaufen können“, sagt eine Mitarbeiterin. Der Test „Welcher Verbrauchertyp sind sie?“ gibt für manchen überraschenden Aufschluss: „Ich hätte nie darüber nachgedacht, nach einem Hofladen zu suchen“, sagt eine Frau zu ihrem Ergebnis.

400 Einwegbecher einsparen

Ganz regional ist das Projekt „Bürgerenergie“ der Genossenschaft Ruhr-West, sogar höchst lokal, denn aktuell werben die Genossen für Mini-Solarmodule für die Steckdose. Scheint die Sonne, schließt man das Photovoltaik-Panel über die normale Steckdose an das Hausnetz an, und speist damit seine laufenden Geräte. 380 Euro kostet das Panel für den Garten oder Balkon. Ein Speichern des gewonnenen Solarstroms ist derzeit nicht integriert, räumt Volker Thiele ein: „Aber die Menschen stellen ihr Verbrauchsverhalten darauf ein.“ Die Genossenschaft tüftelt zudem an einem Mietsystem für die Panels.

Der Fair Flair-Umweltmarkt war gut besucht.
Der Fair Flair-Umweltmarkt war gut besucht. © Tamara Ramos

Auf eine Umstellung setzt das Prinzip „Cup for Cup“ mit einem Pfandsystem für Kaffeemehrwegbecher. Für einen Euro bestellt man den, gibt ihn nach dem Kaffee bei einem Partner der Initiative ab und bekommt entweder einen neuen oder einen Euro zurück. In Mülheim gibt es bislang einen Partner, doch in den Nachbarstädten Essen und Duisburg schon mehr. 400 Einwegbecher soll der „Good Cup“ einsparen.

Holzspäne soll Geruch binden

Einiges Einsparen kann auch die Eco Toilette, die auf der Fair Flair ihre Mülheim-Premiere feiert – nämlich Wasser und Chemie. Es funktioniert so: Nach dem Geschäft streut man eine Hand voll Holzspäne nach. „Die verhindern Geruch und binden Flüssigkeiten“, erläutert Stephan Korfe, Mitarbeiter bei Eco Toilette. Chemie wie bei Dixieklos sei so Vergangenheit. Für Mülheimer Festivitäten könnte das jedoch ein Zukunftsmodell werden, wünscht sich jedenfalls Klimafrau Cornelia Schwabe.