Mülheim. . Imkerin der Klosterbienen wirbt dafür, den wilden Verwandten der Honigbiene Unterstützung im eigenen Garten oder auf dem Balkon zu leisten.

„Der eigentliche Patient ist nicht die Honigbiene, sondern die Wildbiene“, sagt Imkerin Nicola Fiß, die seit 2013 die Bienenstöcke im Garten des Klosters Saarn betreut. Der Hintergrund: Das Nahrungsangebot wird knapp für die fleißigen Helfer, die entscheidend dazu beitragen, dass Obst- und Gemüsegärten bestäubt werden.

Ein Dorn im Auge sind der Imkerin deswegen etwa Schottergärten, in denen nichts mehr wächst. „Den Begriff Unkraut sollten wir sowieso überdenken“, sagt Nicola Fiß. Wo nichts mehr wachse, fänden auch Insekten keine Nahrung mehr. Die Imkerin stellt klar: „Die Wildbiene ist der bessere Bestäuber. Selbst Bauern gehen dazu über, gezielt Wildbienen zur Bestäubung einzusetzen.“ Manche Pflanzenarten bräuchten gar beide Bienenarten: „Der Apfel wird erst rund, wenn der Baum sowohl von der Wild- als auch von der Honigbiene bestäubt wurde.“

Imkerin Nicola Fiß, die die Klosterbienen betreut.
Imkerin Nicola Fiß, die die Klosterbienen betreut. © Bauer

Wildbiene findet Nahrung im Umkreis von 300 Metern

Im direkten Vergleich gehe es der Honigbiene gut, sie würde von ihrem Imker versorgt. Der Bienenstock stehe in aller Regel so, dass das Nahrungsangebot ringsherum gut sei. Die Wildbiene, die überwiegend als Einsiedler lebt, aber müsse in ihrem Flugradius von bis zu 300 Metern alles finden, was sie zum Leben und zur Fortpflanzung braucht. „Sie muss einen Nistplatz und entsprechendes Material finden und vor allem auch Pollen und Nektar“, erklärt Nicola Fiß.

Außerdem: Einige Wildbienenarten sind auf bestimmte Pflanzenarten spezialisiert und bilden mit diesen eine Symbiose. Die Pflanze liefert der Wildbiene Nahrung, die Pflanze wiederum ist von der Bestäubung durch genau diese Bienenart abhängig: „Verschwindet die Bienenart, so kann sich auch die Pflanze nicht weiter vermehren.“

Imkerin fordert, schnell aktiv zu werden

Daher fordert die Imkerin, schnell aktiv zu werden. Erste Tipps, wie man seinen Balkon oder seinen Garten insektenfreundlicher gestalten kann, gibt sie bei der nächsten Veranstaltung an den Bienenstöcken der Klosterbienen am kommenden Sonntag (siehe unten). Auch Obstbaumschnitt ist dabei Thema, der maßgeblich ist für Blüten- und Fruchtfülle. Besucher können zudem Pflanzensamen mitbringen und diese tauschen.

Imkerin Nicola Fiß zeigt die Naturwaben, die die Bienen zurzeit bauen.
Imkerin Nicola Fiß zeigt die Naturwaben, die die Bienen zurzeit bauen. © Bauer

„Bis die Politik so weit ist und Schritte eingeleitet hat, können wir Otto-Normal-Verbraucher schon eine Menge tun.“ Wichtig sei dabei vor allem, ein dauerhaftes Nahrungsangebot für die Bienen zu schaffen, also Pflanzen im heimischen Garten unterzubringen, die nacheinander von Februar bis Oktober blühen. „Auch ein bunt bepflanzter Balkonkasten bringt schon was“, so Fiß.

Heimische Pflanzen und wilde Ecken im Garten helfen

Sie empfehle, vor allem heimische Stauden aus biologischem Anbau zu pflanzen, etwa Malven, Sonnenhut und Lavendel. Aber auch Kräuter wie Thymian, Rosmarin, Majoran, Borretsch und Salbei böten den fliegenden Bestäubern Nahrung. Auch wilde Ecken im Garten zu belassen und Löwenzahn sowie Gänseblümchen auf den Rasen nicht abzumähen, helfe den Wildbienen, Nistplätze und Nahrung zu finden. „Ein naturbelassener Garten bedeutet nicht, dass er unansehnlich ist“, betont Nicola Fiß und sagt: „Indem ich der Wildbiene etwas Gutes tue, unterstütze ich gleichzeitig auch die Honigbiene.“

Von handelsüblichen Insektenhotels aber rät Nicola Fiß dringend ab: „Was man kaufen kann, ist zu 100 Prozent unbrauchbar.“ Denn das Holz beispielsweise, das dort in der Regel eingearbeitet ist, ist in Scheiben geschnitten, in die dann Löcher gebohrt sind. „Das ist komplett unnatürlich. Das Holz ist Witterungseinflüssen ausgesetzt. Wenn es reißt und Insekten dort in die Löcher ihre Brut gelegt haben, ist die verloren.“ Wie es besser geht, zeigt ein Insektenhotel, das das Berufsbildungswerk gerade für den Klostergarten gebaut hat.

>> DIE NÄCHSTE VERANSTALTUNG

„Bienen in Gärten – Bienengärten“ heißt die nächste Veranstaltung bei den Saarner Klosterbienen. Am kommenden Sonntag, 22. April, informieren Imkerin Nicola Fiß und die „Initiative Mülheimer Obstgärten“ über bienenfreundliche Gärten und richtigen Obstbaumschnitt.

Beginn: 15 Uhr, Teilnahmebeitrag: 3 Euro, mit denen die Arbeit des Vereins der Freunde und Förderer des Klosters Saarn unterstützt wird. Treffpunkt sind die Bienenstöcke im Klostergarten, die hinter dem Kräutergarten und links des Klostercafés, Klosterstraße 53, liegen.

Landwirte setzen Zeichen für Blütenvielfalt 

Wer am Samstagvormittag am Oppspring einkaufen ging, der bekam die Chance, mit einigen ortsansässigen Landwirten Bekanntschaft zu machen. Unter dem Motto „Mülheim blüht auf“ verteilten sie unter den Kunden insgesamt 200 Tütchen mit Pflanzensamen. Ziel der Aktion war es, neuen Lebensraum für Insekten zu schaffen. „Die Bienen sind für uns ganz entscheidend für die Befruchtung“, erklärt Ortslandwirt Martin Siekerkotte.

Er und viele seiner Mitstreiter haben auf ihren Feldern bereits Flächen für Wiesenblumen angelegt und setzen damit ein Zeichen für eine reichhaltige Blütenvielfalt. „Eine Nachbarin hat mir begeistert erzählt, dass ihr das auch schon aufgefallen sei“, berichtet Siekerkotte. Ohnehin war es eines der Ziele der bundesweiten Aktion, mit Menschen ins Gespräch zu kommen und sie bestenfalls dafür zu begeistern, im heimischen Garten selbst einen Blühstreifen anzulegen.

Landwirt: Wir stehen zu Unrecht in der Kritik

Die Mülheimer Landwirte und ihre Familien begrüßten am Samstag die Kunden in Holthausen.
Die Mülheimer Landwirte und ihre Familien begrüßten am Samstag die Kunden in Holthausen. © Michael Dahlke

Wegen der einseitigen Nutzung des Ackerlandes sowie der fortschreitenden Technisierung stehen viele Landwirte des Öfteren in der Kritik. Zu Unrecht, findet Siekerkotte. „Viele Leute sind über die Medien leider eher negativ informiert, wir können aber mit Argumenten dagegenhalten und haben schon das ein oder andere Vorurteil ausgeräumt“, erzählt der Ortslandwirt von den Gesprächen mit interessierten Kunden. Er habe im Vorfeld mit deutlich mehr Diskussionen gerechnet.

Schon allein deswegen ordnen die hiesigen Landwirte die Aktion als einen Erfolg ein. „Wir wollten einfach mal runter vom Hof und mit den Leuten über Dinge sprechen, über die man normalerweise nicht spricht“, so Siekerkotte. Vor einer Woche fand dieselbe Aktion bereits in Kettwig statt. Eine Wiederholung ist nicht ausgeschlossen. Denn Mülheim soll schließlich weiter aufblühen.