Mülheim. . 500 Angestellte im öffentlichen Dienst streikten auf dem Rathausmarkt gegen harte Haltung der Städte. Sie warnten vor überalterter Verwaltung

Mit Trillerpfeifen und wütendem Protest machten sich rund 500 Mitarbeiter im öffentlichen Dienst am Mittwochmorgen vor dem Mülheimer Rathaus warm für die dritte Tarifrunde am 15. und 16. April: „Wenn sich die Haltung der Arbeitgeber nicht ändert, müssen wir noch mehr Flagge zeigen“, drohte die Gewerkschaft Verdi auf dem Rathausmarkt weitere Streikaktionen an.

Dabei geht es nicht nur um sechs Prozent mehr Vergütung oder mindestens 200 Euro in der Lohntüte für insbesondere die unteren Gehaltsgruppen. Eindringlich machten Auszubildende der Stadtverwaltung auf ihre Situation aufmerksam: „Wir wollen alle etwas erreichen und leisten, aber alle Azubis stehen unter einem hohen Leistungsdruck: Nach der Arbeit müssen wir noch für unsere Prüfung pauken, man darf nur ein Mal durchfallen“, ist Alicia Schwörer, die ihren Bachelor of Laws macht, empört darüber, dass Azubis nur 29 statt 30 Urlaubstage haben.

„Die Verwaltung ist überaltert und benötigt Fachkräfte“

„Die Verwaltung ist überaltert und benötigt dringend Fachkräfte – die Ausbildung muss für junge Menschen attraktiver werden“, forder auch Corinna Helling, die als Fachangestellte bei der Stadt anfangen will. Die relative Sicherheit der Jobs, die seit Jahrzehnten als Pfund gegen einen geringeren Lohn im Vergleich zur freien Wirtschaft galten, scheint bei jungen Leuten immer weniger zu ziehen.

Warnstreik in Mülheim

weitere Videos

    Dabei spüren einige Angestellte auch den inneren Konflikt, sie kennen die knappen Kassen der Kommunen nur zu genau. „Wir sind die Prügelknaben der Nation: Besetzungsstopp, Arbeitsverdichtung, Bürgerschelte, verfehlte Steuerpolitik. Weil die Städte jahrzehntelang weit über ihre Verhältnisse gelebt haben, sollen wir verzichten“, äußert ein Stadtmitarbeiter seinen Unmut über finanzielle Fehlentscheidungen auch in Mülheim: Spekulationen, überteuerte Anschaffungen. Das Geld aber, so glauben manche, wäre schon da – im Bund. Es komme nur nicht bei den Kommunen an.

    Es geht Mitarbeitern auch um Anerkennung

    Und doch geht es vielen Angestellten nicht nur ums Geld: „Es geht uns auch um die Anerkennung, dass wir hochwertige Arbeit für die Bürger leisten“, kämpft Aaron Kleine gegen manches Vorurteil, das im öffentlichen Dienst hauptsächlich Kaffee getrunken wird. „Manche Kollegen wissen trotz guter Arbeit nicht, ob sie nach den Sommerferien wieder eingestellt werden“, kritisiert er befristete Arbeitsverträge.

    „Ohne uns geht’s nicht“, macht auch eine Mitarbeiterin der Stadtbibliothek deutlich. Seit Jahren kämpfen die Angestellten gegen die Schließung von Bibliotheken: „Dabei leisten wir wichtige Bildungsarbeit, arbeiten bürgerorientiert und machen zum Beispiel viele Veranstaltungen für die Mülheimer“, zählt sie auf.

    Anna Conrads von Verdi Mülheim ist mit dem Auftakt zur dritten Tarifrunde zufrieden: „500 Streikende sind ein starkes Signal an die Arbeitgeber – dabei waren die Mitarbeiter der Verkehrsbetriebe nicht dabei.“ Sie hatten schon am Dienstag die Arbeit niedergelegt.