Mülheim. . Erste Spinnen- und Insektenausstellung zieht viele Besucher in die Stadthalle. Vor allem Kinder trauen sich, die haarigen Achtbeiner anzufassen.

Grammostola Rosea – ihr klangvoller Name mag noch darüber hinwegtäuschen, dass diese „Dame“ mehr lange und haarige Beine besitzt, als einem lieb sein kann. Schon ihr Anblick löst Schrecken aus. Mit gebührendem Respekt hält der sechsjährige Raphael van Luit daher die sechs Zentimeter große chilenische Vogelspinne in beiden Händen: „Cooool.“

Die elfjährige Lena (r.) lässt die Vogelspinne sogar auf ihrer Schulter sitzen. Schwester Sina (13) steht ihr dabei zur Seite.
Die elfjährige Lena (r.) lässt die Vogelspinne sogar auf ihrer Schulter sitzen. Schwester Sina (13) steht ihr dabei zur Seite.

Aus seinem gedehnten „U“ spricht die Mischung aus Ehrfurcht und Faszination, die etliche Hundert Kinder und Erwachsene am Sonntagmittag in die Stadthalle gezogen hat. Zur Mutprobe – Posieren mit Herr oder Frau „Rosea“ für einen Schnappschuss – windet sich eine riesige Menschenschlange durch das Foyer. Dabei kostet das Foto extra zum Eintrittspreis von sechs bis acht Euro. Selbst für Raphael, der immerhin schon einen Seeadler auf dem Arm hatte, ist die Begegnung aber eine bleibende Erinnerung: „Sie war leicht und weich, beim Abnehmen haben die Beine etwas gepiekst.“

Wie eine krabbelnde Ameise, beschreibt Louis das Gefühl auf der Hand, „meine Schwester schreit, wenn sie eine Spinne sieht. Aber warum sollte man davor Angst haben, die ist doch harmlos“, meint der Neunjährige unerschrocken. Besagte Schwestern allerdings lassen sich das nicht zwei Mal sagen: Lena (11) nimmt sie prompt auf die Schulter – ganz nah am ungeschützten Hals... Schwester Sina (13) steht mit geballter Frauenpower bei. „Das war lustig, die Beine haben gekitzelt. Zuhause sind die kleiner, da hätte ich mehr Angst, dass die mir ins Hemd krabbelt“, meint Lena danach.

130 weitere Exponate

Grammostola Rosea ist natürlich nicht die einzige Exotin in der Halle, gut 120 lebende Kriechtiere vom Tausendfüßer bis zur afrikanischen Riesenschnecke hat Veranstalter Renaldo Neigert im Foyer versammelt. Dazu gesellen sich weitere 130 Exponate, etwa Nachtfalter und in Acryl eingegossenes Krabbelgetier. Seine Ausstellung tourt bereits im neunten Jahr durch Deutschland, jedes Wochenende ist Neigert mit den Tieren und vier Mitarbeitern woanders. Zum Beruf kam er übers Hobby, und das auch eher zufällig: „Als ich 16 war, zog ein Nachbar aus, der seine Vogelspinne nicht mitnehmen konnte. Ich habe sie übernommen“, erzählt der 37-Jährige. Die Faszination ist bis heute geblieben: „Es gibt eine unheimliche Vielfalt, sie haben etwas Mystisches an sich.“

Zahlreiche Familien kamen, um sich die Gliederfüßer in den Terrarien anzuschauen.
Zahlreiche Familien kamen, um sich die Gliederfüßer in den Terrarien anzuschauen.

Mancher scheint jedoch hauptsächlich aus therapeutischen Gründen hier zu sein: „Ich finde Spinnen ekelig“, bekennt sich Jennifer Merdanovic zu ihrem Grusel. Ob sie den Achtbeiner auf die Hand nimmt? Zum Glück steht Tochter Malea (8) bei – für sie ist das Anfassen kein Thema. „Vielleicht denken Erwachsene zu viel darüber nach“, überlegt ihre Mutter, die sich am Ende doch getraut hat: „So schlimm war es gar nicht.“ Gefährlich sind diese Spinnen nicht, versichert Veranstalter Neigert, die offen gezeigten Exemplare seien höchstens mindergiftig – „das ist wie ein Insektenstich“.

Sorge um artgerechte Haltung

Mancher Besucher sorgt sich aber auch um das Leben der ausgestellten Tiere im Kubus zwischen Tontopf als Bau und Plastikpflanzen-Deko. „Sie tun mir ein bisschen leid“, fragt sich Doris Häsel, ob das so artgerecht ist? In einem Terrarium teilt sich eine Spinne die Zelle mit ihrem Opfer – einer Grille. „Die ist satt“, kommentiert ein Besucher. Häsel ist jedoch hin- und hergerissen: „Es ist zwar toll, die Vielfalt und Formen der Spinnen direkt sehen zu können, aber eigentlich gehören die Tiere in die Wildnis.“

>> TIERE WERDEN AUF MESSE VERKAUFT

Auf der Messe werden auch Tiere verkauft: Für 100 Euro gehen Spinne und ein einfaches Terrarium über die Theke.

Im Gegensatz zu Reptilien brauchen sie keine aufwendige Ausstattung wie Wärmelampen, meint Renaldo Neigert. Die Exoten kaufe er bei einem Großhändler in Hannover ein.