Mülheim. . Fraktionen sind zur Besichtigung eingeladen, wissen aber noch nicht, wohin es geht. Womöglich zur Aktienstraße oder zur Broicher Mitte. . .
Mülheims Stadtratsfraktionen sind eingeladen zu einer geheimen Mission: Am Donnerstag kommender Woche sind sie im Rathaus erscheinen. Von dort sollen sie an zwei Orte gebracht werden, die sie heute noch nicht kennen, die aber schon ab Sommer – und dann für mindestens fünf Jahre – als neuer Standort der aktuell obdachlosen Volkshochschule infrage kommen.
Bildungsdezernent Ulrich Ernst und der auch für Immobilien zuständige Stadtkämmerer Frank Mendack haben eine entsprechend geheimnisumwobene Einladung dieser Tage per Mail an die Ratsmitglieder gesendet. „Die Verwaltung hat in den letzten Monaten mit Hochdruck daran gearbeitet, für die VHS für die Zeit, in der sie ihr angestammtes Gebäude nicht nutzen kann, einen geeigneten Standort zu finden. Inzwischen sind zwei geeignete Standorte gefunden und die Rahmenbedingungen für eine Anmietung geklärt, so dass nun eine Entscheidung getroffen werden kann“, heißt es in dem Schreiben, das dieser Zeitung vorliegt.
Raumbedarf von rund 3000 Quadratmetern ermittelt
Nun also sollen sich die Ratsmitglieder selbst ein Bild von den Gebäuden machen. Nur: Im Vorfeld wollen die Dezernenten nicht verraten, um welche Immobilien es sich handelt. Die Auswahl entsprechender Gebäude im Stadtgebiet ist naturgemäß begrenzt. Für den VHS-Betrieb ist ein Raumbedarf von rund 3000 Quadratmetern ermittelt. Immobiliendezernent Mendack verriet gegenüber dieser Zeitung immerhin, dass an eine Anmietung ab Sommer gedacht ist. Kernzusanierende 50er-Jahre-Bauten, die etwa am Hafen seit Jahren wie Sauerbier angeboten werden, fallen damit raus. Ohnehin soll die VHS ja möglichst zentral unterkommen.
Lokalpolitiker sprechen von „Geheimniskrämerei“ und einer „schrägen Nummer“, was die Aufforderung zur Tour an geheime Orte anbelangt. Ihnen ist nur mitgeteilt worden, dass sie sich im Rathaus einfinden mögen, der Transport zu den Standorten von der Verwaltung organisiert wird – und: „Festes Schuhwerk ist ratsam, da in einem Gebäude Bauarbeiten im Gange sind.“ Da juxt schon ein Kommunalpolitiker, man werde am Donnerstag wohl vom Rathaus direkt auf die andere Straßenseite zur Baustelle des neuen Stadtquartiers Schloßstraße getragen. Eine Anmietung dort schließt Mendack aber aus.
3300 Quadratmeter Bürofläche in Broicher Mitte frei
Eine Suche über Immobilienscout24 bringt einen aber vielleicht doch auf die heiße Spur zu einem infrage kommenden Komplex. Dort bietet die in Speldorf ansässige Cubion AG insgesamt gut 3300 Quadratmeter Bürofläche in der länger schon leergezogenen Gagfah-Zentrale in der Broicher Mitte an. Die Mietfläche verteilt sich über vier Etagen, eine davon ist laut Inserat allerdings reserviert; auch Aldi Süd ist dem Vernehmen nach interessiert. 200 Parkplätze, Klimaanlage und mehrere Dachterrassen gelten als Extras. 8,50 Euro ist als Quadratmeter-Miete aufgerufen.
Das Gebäude zeichne sich durch die Möglichkeit aus, „verschiedene Raumkonzepte flexibel darzustellen“, heißt es im Exposé – das würde dem VHS-Betrieb die wohl nötige Entfaltungsmöglichkeit geben. Zudem entspräche der Standort dem Wunsch, die VHS auch interimsweise möglichst an einem gut erreichbaren Ort unterzubringen. Die Haltestellen der öffentlichen Nahverkehrs (Buslinien 122 und 124 sowie Staßenbahnlinien 102 und 901) sind in nächster Nähe zu erreichen.
Inplan GmbH saniert an dwer Aktienstraße in großem Stil
Nach Recherchen dieser Zeitung könnte das feste Baustellen-Schuhwerk für die Politiker an der Aktienstraße nötig werden. Dort schreitet die Inplan GmbH aktuell mit ihrer groß angelegten Sanierung der Immobilien voran. Schon einige Zeit ist ein ehemaliger Verwaltungstrakt gegenüber der Einmündung zur Auerstraße eingerüstet, innen läuft offenbar der Rückbau. Denkbar ist, dass auch dort eine VHS Platz finden könnte, zumindest in überwiegenden Teilen.
Mendack mauert – und schmunzelt: „Es braucht keiner eine Reisetablette.“ Die Standorte, die man im Auge habe, seien „zentral gut erreichbar“.
>> WAS BISHER GESCHAH
Nach einer Begehung mit Feuerwehr und Bauaufsicht ließ die Stadtverwaltung das VHS-Gebäude in der Müga am 18. September
2017 umgehend sperren. Es waren während der Sanierung schwerwiegende Brandschutzmängel ausgemacht worden.
Im November sorgte die Stadtverwaltung erneut für Zündstoff in der aufgeheizten Debatte. Sie präsentierte Vermutungen eines Statikers zu statischen Mängeln im Gebäude. Ihm hatten nicht einmal Unterlagen zum Bau vorgelegen.
Im Dezember beschloss der Stadtrat, dass externe Gutachter beauftragt werden, um aufzuzeigen, was die wirtschaftlichste Lösung in der Standortfrage ist: Die Gutachter sollen ein Sanieren im Bestand, Neubauten auf städtischen oder privaten Grundstücken oder eine dauerhafte Unterbringung der VHS in angemieteten Immobilien prüfen.