Mülheim. Wer mit Darmkrebs oder künstlichem Ausgang leben muss, findet Rat bei der Mülheimer Ilco-Selbsthilfegruppe. Gegründet wurde sie vor 20 Jahren.

Lebensmut wollen sie geben, die Hoffnung stärken, dass man auch mit künstlichem Darmausgang glücklich sein kann. Die Mitarbeiter der Mülheimer Ilco-Selbsthilfegruppe wissen, was im Ernstfall hilft, besuchen Betroffene im Krankenhaus und laden einmal monatlich zum Gespräch in vertrauter Runde ein. In diesem Jahr gibt es Grund zum Feiern: Seit 20 Jahren unterstützen sie Menschen, die mit einem Stoma zurechtkommen müssen, zudem Frauen und Männer, die an Darmkrebs erkrankt sind, aber ohne Stoma leben.

Von Anfang an dabei ist Brigitte Walder, seit 1982 selbst Stoma-Trägerin. Die Gruppensprecherin ist bestes Beispiel dafür, dass viele Ängste unnötig sind: „Man stinkt nicht, wenn man einen künstlichen Darmausgang hat. Und man sieht normal aus, kann normale Kleidung tragen.“ Es sei auch keinesfalls so, dass man sich von liebgewonnenen Gewohnheiten verabschieden müsse, betont Walder. Die 67-Jährige erlebt häufiger Momente wie jenen, als eine Betroffene sich im Gespräch mit ihr sichtbar entspannte und glücklich ausrief: „Dann kann ich ja doch noch Kreuzfahrten machen. . .“

Karl Schürmann gründete die Mülheimer Gruppe

Walder war einst selbst froh, dass es engagierte Menschen gibt, die Stoma-Trägern zur Seite stehen. Als sie sich vor rund 36 Jahren damit anfreunden musste, dass sie ab sofort einen Beutel als dauerhaften Begleiter am Körper trägt, gab es nur in Nachbarstädten Gruppen der Selbsthilfevereinigung Deutsche Ilco. Karl Schürmann, ein mittlerweile verstorbener Bekannter, schaffte im Januar 1998 Abhilfe, gründete den Mülheimer Ableger. „Das war wichtig, weil es oft um Menschen geht, die schon ein gewisses Alter haben und nicht mehr so mobil sind“, so Walder.

Mit acht Mitgliedern ging die Mülheimer Selbsthilfegruppe, die auch Ansprechpartner für Menschen mit Urostoma – also künstlichem Blasenausgang – ist, an den Start. Heute sind 53 Frauen und Männer registriert. Rund die Hälfte kommt zum Treffen an jedem ersten Mittwoch im Monat von 15.30 bis 17.30 Uhr in die Begegnungsstätte St. Mariae Geburt in der Pastor-Jakobs-Straße. Neben Walder arbeiten zwei Männer und fünf Frauen ehernamtlich mit, darunter Hildegard Hollmann (73), die 2006 an Darmkrebs erkrankt war. Ihre Motivation zur Kontaktaufnahme? „Ich habe Anschluss gesucht, hatte das Bedürfnis, viel darüber zu reden – und mein Umfeld war damit manchmal überfordert.“

Neben dem Besuchsdienst ist das Monatstreffen wichtig

Neben dem Besuchsdienst – bis zu 120 Patienten im Jahr sprechen Walder und ihre Kollegen am Krankenbett Mut zu – war von Beginn an das Monatstreffen wichtig, der Austausch mit Betroffenen und Angehörigen. Die Ernährung kann Thema sein, die Stomaversorgung, das Sozialrecht. . . Alle zwei Monate hält ein Experte einen Vortrag, Stomatherapeuten kommen zweimal im Jahr vorbei. Walder referiert von Zeit zu Zeit auch selbst, etwa vor Krankenpflegeschülern.

Und dann, ganz wichtig, geht es einmal im Jahr auf einen Ausflug. Wer neu ist in der Gruppe, soll erfahren, dass noch fast alles möglich ist, der Spaß nicht zu leiden braucht. „Man ist ja nicht im klassischen Sinne krank“, sagt Walder. „Man hat nur eine leichte Behinderung und muss sich etwas umstellen.“ Und kann dann wieder mit viel Lebensmut durchstarten. . .

>> SELBSTHILFE-WEGWEISER NEU AUFGELEGT

Das Selbsthilfe-Büro Mülheim im Verband Der Paritätische hat den Selbsthilfe-Wegweiser neu aufgelegt. In dem Heft sind die meisten der knapp 120 Selbsthilfegruppen aufgeführt, mit kurzer Beschreibung, Kontaktdaten und Angaben zu Gruppentreffen.

Die Auflage der kostenfreien Broschüre beträgt 2500 Stück. Der Wegweiser kann im Selbsthilfe-Büro, Tourainer Ring 4, abgeholt werden. Er liegt zudem in den beiden Krankenhäusern aus.

Anke van den Bosch vom Selbsthilfe-Büro hofft, dass sich bei ihr auch andere Institutionen melden, die bei der Verteilung helfen wollen. „Da wir aber keinen Etat für den Vertrieb haben, müsste der Wegweiser hier abgeholt werden.“ Info: Tel. 300 48 14.